Widerstand kostet Geld – braucht es eine alternative Castorsteuer?

In nicht einmal mehr drei Wochen soll der geplante Castor-Transport aus dem südfranzösischen Cadarache nach Lubmin rollen. Mittlerweile unterstützt auch die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg die Proteste dagegen und teilt in einer Pressemitteilung mit, dass Mitte Dezember bundesweit dezentrale Aktionen entlang der Castorstrecke geplant seien.

Sie sieht in Städten wie Erfurt, Halle, Magdeburg, Ludwigslust, Rostock, Potsdam/Berlin und Neubrandenburg sowie an der deutsch-französischen Grenze bei Karlsruhe sich herauskristallisierende Aktionspunkte. Auf der eingleisigen Bahnstrecke von Greifswald zum Zwischenlager sei mit Sitzblockaden und kreativen Aktionen zu rechnen. Womöglich werden also im Dezember sehr, sehr viele Atomkraftgegnerinnen nach Nordosten strömen.

Notwendige Ressourcen für die Protestbetreuung

Dass die Organisation und Durchführung von Massenprotesten eine Menge Geld kostet, liegt auf der Hand. Die kurzfristige Schaffung einer dafür geeigneten Infrastruktur frisst Ressourcen, und die sind nicht nur personeller Natur. Deswegen sei hiermit auf das von der BI Lüchow-Dannenberg beheimatete Spendenkonto der hiesigen Aktivistinnen hingewiesen, um eine zusätzliche Unterstützungsmöglichkeit im Bemühen wider die Atompolitik anzubieten:

  • BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
    Konto: 2300 45569
    BLZ: 258 501 10

    Stichwort: castorniX lubmin
ea

Inzwischen hat sich in Greifswald auch ein Ermittlungsauschuss gegründet, der angetreten ist, die geplanten Castor-Transporte zu begleiten. Die Gruppe sieht ihre Aufgabe darin, „Betroffene von Repression zu unterstützen und ihnen beispielsweise bei Ingewahrsamnahmen, Festnahmen oder auch Übergriffen seitens der Polizei rechtzeitig einen kompetenten Rechtsbeistand zur Seite zu stellen„.

Auch dieser Teil des Widerstands ist auf Unterstützung angewiesen, zum Beispiel um Druckkosten, Telefone, Computer und ähnliches zu beschaffen. Wer die Arbeit des Ermittlungsauschusses mitfinanzieren möchte, kann eine Spende an folgende Bankverbindung adressieren:

  • Rote Hilfe Greifswald
    Konto 400 723 83 07
    BLZ 430 609 67
    GLS-Bank
    Stichwort: EA-Greifswald

Für Rückfragen ist der Ermittlungsausschuss unter folgender E-Mail-Adresse erreichbar: ea-greifswald[at]systemausfall.org.

„Solidarität ist eine Waffe!“

Dem Spendenaufruf ist die Anmerkung angefügt, dass die Rote Hilfe Greifswald nicht mit dem Ermittlungsauschuss identisch ist, ihm aber ihr Konto zur Verfügung stellt, denn: Solidarität ist eine Waffe!

Weil der Erwähnung der Roten Hilfe häufig ein Aufschrei folgt, dem das Schmähwort ‚Verfassungsschutz‚ nacheilt, soll eine Passage des ungefähr zwei Seiten langen Berichtes über die „parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation„, die sich „ausschließlich mit ‚Antirepressionsarbeit‘“ befasst, zitiert werden, die zeigt, wie gefährlich diese Organisation für die staatliche Ordnung ist:

Im Jahr 2009 engagierte sich die RH maßgeblich in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Protestaktionen gegen den NATO-Gipfel vom April 2009. Gemeinsam mit den „Legal Teams“ in Straßburg und Freiburg veröffentlichte die RH im Vorfeld des NATO-Gipfels „Rechtshilfetipps für Frankreich“. Zur finanziellen Unterstützung der „Legal Teams“ hatte die RH 10.000 Euro bewilligt.“ (Verfassungsschutzbericht 2009)

Der zweiseitige Abschnitt zur Roten Hilfe beginnt übrigens auf Seite 189 des verlinkten Berichts.

Legal Teams — Mission: Rechtsschutz

Legal Teams – das waren beim G8-Gipfel in Heiligendamm diese Menschen mit den grünen Westen, die immer sofort zur Stelle waren, wenn Polizisten gewaltsam gegen Demonstrierende vorgingen oder mit dem Versammlungsrecht sehr willkürlich umgegangen wurde, die mit den Beamten verhandelten und eine stark deeskalierende Aura ausstrahlten. Hoffentlich gibt es auch im heißen Dezember diese Art der Unterstützung und vielleicht ist das ja auch ein Thema für den noch jungen Arbeitskreis Kritischer JuristInnen Greifswald (AKJ)?

Die Rote Hilfe — Gefährliche Dämonen

Wer die Rote Hilfe dämonisieren möchte, findet in ihrer Unterstützung der drei angeklagten mutmaßlichen Mitglieder der mg (militante gruppe) Nahrung. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die Prozesse gegen diese Organisation im Allgemeinen und die Rolle des BKA im Besonderen äußerst kritisch diskutiert werden.

Der Fall des Berliner Stadtsoziologen Dr. Andrej Holm, der wegen seiner akademischen Beschäftigung mit dem Thema Gentrifizierung – ein weiteres von ihm verwandtes Wort, dass ihn zum mutmaßlichen Terroristen avancieren ließ, lautete ‚Prekarisierung‘ – ins Visier der Ermittlungen geriet und aufgrund von Internetrecherchen des BKA nicht nur einer einjährigen Observation seines Privatlebens ausgesetzt war, sondern sogar in Untersuchungshaft saß, ist der prominenteste Grund dafür, Verfassungsschutzberichten über die mg mit Skepsis zu begegnen. Andrej Holm wurde am 05.07.2010 freigesprochen.

Die Causa Holm spielt im folgenden Videobeitrag ab Minute 02:12 eine Rolle.

Atomarer Abstellplatz Lubmin juckt kaum jemanden

Einer der größten Unterschiede zwischen dem Wendland und Ostvorpommern lässt sich im Fehlen einer gemeinsam geteilten Protestkultur und -tradition verorten. Hierbei geht es um Rückhalt, um Akzeptanz und Unterstützung. Wo sich anderswo eine ganze Bevölkerung mobil macht, fehlt vor Ort die kollektive Erfahrung als atomarer Abstellplatz. Lubmin ist weit weg und Energiewerke Nord klingt eher nach städtischer Stromwirtschaft als nach Atommüllstandort.

Das Thema Atomenergie ist derzeit populär genug, um zumindest einen minimalen sozialen Druck auszustrahlen, sich dagegen zu engagieren – auch wenn monetären Spenden dabei häufig der fade Beigeschmack eines modernen Ablasshandels anhaftet. Geld wird aber dringend gebraucht! Andererseits ist diese Art der Unterstützung nur für jene Leute ein Aktionsfeld, die kraft ihres Einkommens überhaupt erst in ernstzunehmendem Maße spendenfähig sind.

Braucht Greifswald eine Castorsteuer?

Eine romantisierend-verklärende, utopistische Vorstellung Greifswalds und seiner Umgebung im Heißen Dezember 2010 könnte sich aber auch zum Beispiel dergestalt von der eher entmutigenden Realität unterscheiden, dass sich eine ganze Region gegen die geplanten Transporte erhebt, um nicht wieder in nuklearer Nachbarschaft wie in den Siebzigern und Achtzigern zu leben – auch wenn es jetzt  ’nur‘ um ein Zwischenlager von unbestimmter Dauer und nicht um ein AKW geht.

Diese Region in Aufruhr würde kurzerhand eine Art Castorsteuer einführen – gastronomische Betriebe führten für die angebotenen Speisen und Getränke einen Anti-Atom-Aufschlag ein, genauso wie sich die Hoteliers wieder an die früheren Zusatzabgaben erinnern. In den lokalen Bäckereien wird das 10 Cent teurere Atombrot angeboten und im IKUWO kostet der Schnaps mal einen Euro mehr. Sag Prost zum Protest!

Die über den Flattr-Button und die Ökostromwerbung dieses Beitrags generierten Einnahmen werden an den frisch gegründeten Ermittlungsausschuss gespendet.

10 Gedanken zu „Widerstand kostet Geld – braucht es eine alternative Castorsteuer?

  1. Gut, ich spende was, weil die Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist, dass Lubmin schleichend ein Endlager werden könnte, weil hier im dünn besiedelten MV kein Widerstand stattfindet – optimal wäre das. Aber ich spende altmodisch per Überweisung – weil ich ohne Kreditkarte nicht flattern kann und den Werbebanner nicht klicken möchte.
    Warum? Darum: Zweifelsohne zählt der dort beworbene Laden zu den echten Ökostrom-Anbietern und macht zudem noch so richtig fetzige Werbung, aber nach meinem Kenntnisstand hat e.on immer noch 40% Anteile. Und was das heißt muss man nicht weiter erklären. Diese Anteilsstruktur soll sich wohl zwar ändern, diese Absicht möchte ich auch nicht bezweifeln, aber noch ist es eben Zukunftsmusik. Und gegenwärtig gibt es eine Handvoll (mir bekannte) unabhängig Ökostrom-Anbieter – die machen dann zwar weniger coole Werbung, aber führen von ihren Gewinn auch nichts an Atomkonzerne ab. Der Werbe-Banner ist nicht 100% für die Sache – sondern bestenfalls 60%.

    Allein die offizielle Bezeichnung „E***** Vertrieb GmbH & Co. KG“ macht ja irgendwie stutzig. Und konkret hinterfragt bedeutet dies: E***** ist Vertriebstochter der Südhessische Energie AG (HSE), an der wiederum die E.on Ruhrgas mit 40% beteiligt ist – und der Laden ist’ne 100% Tochter von e.on. Bums! Solche Konstrukte zu entflechten dauert in diesem Staat nicht nur 3 Wochen. Das Nachverfolgen solcher Strukturen eine Minute.

    Egal, ein Klick bleibt ja zumindest 100% im Sinn der (Spenden-)Sache.
    Trotzdem fader Beigeschmack, find ich.

    Skepsis zum nachlesen vom Mai 2011 – Wer seit dato Aktuelleres weiß, möge es posten. (würde mich jedoch stark wundern, weil dich glaub, dass die Entfernung dieses genannten schwarzen Fleckes bei einem Unternehmen mit so fettem Werbebudget längst kommuniziert wäre): http://www.klimaretter.info/hintergruende/52-energie/5918-entega-oekokonzern-mit-schoenheitsfehler

    PS:
    Ne echt gewiefte Mutter hat diese Ökotochter:
    „HSE ließ sich für 200.000 € von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt ein Logo kreieren, das dem Logo der ostdeutschen Hennigsdorfer Stahl Engineering GmbH zum Verwechseln ähnlich sieht.[1] Das Logo sollte ursprünglich 400.000 € kosten, der Preis wurde als Kompromissvorschlag für den genannten Makel halbiert.“ (wiki)

  2. Aber ich spende altmodisch per Überweisung – weil ich ohne Kreditkarte nicht flattern kann und den Werbebanner nicht klicken möchte.

    Doch, du kannst selbstverständlich ohne Kreditkarte flattrn, z.B. lässt sich dein Konto via paypal aufladen.

  3. paypal schenke ich mir auch, weil ich denke, dass ebay den service bei ihrem umsatz gefälligst kostenfrei anzubieten haben (auf ihrer plattform).
    jaja, zu meckern gibbs imma watt^^1

  4. Wie „kapitulist“ bereits am 27. November treffend formuliert hat: Entega ist kein unabhängiger echter Ökostromanbieter und definitiv NICHT zu empfehlen! Ich hätte von den MacherInnen dieser Homepage eine kritische Recherche erwartet, bevor irgendwelche Werbebanner eingebaut werden. Und wenn es schon Werbebanner von Entega sein müssen, dann bezeichnet diese bitte nicht als „Ökostromwerbung“!

    Meine Leseempfehlung an alle, denen noch nicht ganz bewusst ist, was genau einen UNABHÄNGIGEN Ökostromanbieter ausmacht und welche Stromabieter tatsächlich den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern: Der Recherchebericht „Ökostromanbieter im Vergleich“ von Robin Wood http://www.robinwood.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Energie/Oekostrom/Oekostromanbieter_im_Vergleich.pdf

    Wie unkompliziert der Wechsel zu einem unabhängigen Ökostromanbieter funktioniert und (wichtig!) welche Anbieter zu empfehlen sind, erfährt man hier: http://www.atomausstieg-selber-machen.de/

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