Kurze Wege, lange Nächte – das Greifswalder Wochenende im Überblick #22

Lieber gar nicht aufstehen, als in den Ausguss sehen / Lieber weiter dämmern, langsam sollte was gehen / Weiß noch nicht wie ich geht, wie es so um mich steht / wie man sich aus dem Schlaf stiehlt und will es auch nicht. / Das kleine Einmaleins, das große Einmaleins / ich kenne leider keins, das jetzt schon zu mir passt / Ich bin noch nicht bereit für die innere Uhr / ich spüre nur dass irgendwas mit Zeigern nach mir schmeißt / Wenn ich nur vorbei flieg / muss ich da nicht landen / bleib ich in der Luft und lass mich nicht darauf ein.

kurze wege lange nächteGreifswald befindet sich in der Schläfrigkeit der vorlesungsfreien Zeit. Wer nicht gut genug vernetzt ist, um private Sausen zu feiern, muss mit dem überschaubaren öffentlichen Kulturangebot vorliebnehmen. Das kann dann zum Beispiel die 80er/90er-Disko im IKUWO sein, das flotte Punkbesteck im Klex, die Premiere des Dogma-Klassikers Das Fest oder die szenische Annäherung an die Jugend von Patti Smith.

INFOTAINMENT: NATIONALISMUS IN EX-JUGOSLAWIEN

Im IKUWO macht am Freitagabend die Solidarnost-Kampagne Halt, die bundesweit über die Situation in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens informiert und die als Reaktion auf den dort wiedererstarkenden Nationalismus ins Leben gerufen wurde.

solidarnost

Der spätnachmittaglichen Vokü schließt sich ein Vortrag mit dem Titel Jugoslawien 20 Jahren nach dem Krieg: zwischen Nationalismus und Neoliberalismus an, in dem rechte und rechtsradikalen Strukturen — von Neonazis bis zur katholischen Kirche — thematisiert werden.

Anschließend feiert die Greifswalder Hardcoreband Heartbreak Hotel ihr Bühnendebüt, ehe ab 22 Uhr DJ Super und Frau_Bruch die Aftershowdisko mit dem Besten der 80er und 90er versorgen werden.

Fakten: 02.03. | 18 Uhr | IKUWO | 3 EUR

PREMIERE: DAS FEST

Im Theater findet indes eine Premiere statt — vermutlich die letzte Gelegenheit, das alten Ensemble in dieser Form zu erleben. Mit Das Fest kommt ein dänischer Dogma-Klassiker von Thomas Vinterberg und Mogens Rukov auf die Bühne.

In dem Stück eskaliert eine Familienfeier, nachdem dort das Schweigen über innerfamilären sexuellen Missbrauch gebrochen wird:

das festHelge, erfolgreicher Geschäftsmann und Oberhaupt einer Großfamilie, feiert seinen 60. Geburtstag. Neben zahlreichen anderen Gästen reisen auch seine Kinder Christian, Michael und Helene an, um das Geburtstagskind zu feiern.

Trotz des Selbstmords der Tochter Linda, der nur kurze Zeit zurückliegt, beginnt der Abend wie wahrscheinlich die meisten Familienfeste: mit Begrüßungen, Smalltalk und Scherzen. Doch dann hält Christian, der älteste Sohn, an der feierlichen Tafel die traditionelle Eröffnungsrede und deckt völlig unerwartet ein düsteres Kapitel in der Familiengeschichte auf.

Die Inszenierung ist eine Kooperation mit dem Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald

Fakten: 03.03. | 19.30 | Theater Vorpommern

GASTSPIEL: JUST KIDS

just kids

Das Studententheater Stuthe kündigt für den gleichen Abend ein Gastspiel an, in dessen Verlauf  Rike Schubert und Noel Rademacher die gemeinsame Geschichte von Patti Smith und Robert Mapplethorpe als szenische Lesung mit Puppen und Livemusik umsetzen werden.

Im Sommer of Love von 1967 kommt das Hippie-Pärchen in New York zusammen und durchlebt einen rasanten Veränderungsprozess hin zum „coolen Künstler-Duo, das mit seinem androgynen Look und aggressiven Auftreten die Szene aufmischt und künstlerisch das kommende Jahrzehnt einläutet“. Vorlage dieses Stücks ist das autobiographische Buch Just Kids (2010) von Patti Smith.

Im Anschluss wird ein Publikumsgespräch stattfinden.

Fakten: 03.03. | 20 Uhr | Stuthe (Mehringstr.48), 3 EUR

PUNKPOWER: MÖPED & BARETTA LOVE

Wiederkehrender Besuch aus Leipzig — Möped sind wieder da. Nachdem die Powerpop-Punkband bereits im vergangenen Jahr im IKUWO spielte, sind die Sachsen nun wieder in der Stadt. Man darf sich auf schnellen, energetischen und gut arrangierten Punk einstellen, der zu keinem Zeitpunkt vor sich hin stumpft und nicht nervt!

Die zweite Band des Abends ist Baretta Love aus Berlin beziehungsweise Magdeburg, die schon als Support mit den Szeneglanzlichtern Rejected Youth und Riot Brigade getourt sind. Baretta Love spielen Punkrock amerikanischer Schule — der ist druckvoll, schnell und sehr melodisch

Fakten: o3.o3. | 21 Uhr | Klex | 4 EUR

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*Das voranstehende Zitat entstammt dem Song “Nur Flug” vom Album “Irres Licht” (2002) der Hamburger Band Die Sterne. Der Foto-Ausschnitt darunter zeigt den Sänger der polnischen Punkband Dead Yuppies, die im November 2010 im Rahmen des Polenmarkts im IKUWO auftraten. Das dazugehörige Foto wurde von Jan Metschorin aufgenommen.

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