Greifswald im Radio: Rechtsextremisten an deutschen Hochschulen und das Outing des Neonazis Marcus G.

Wismar, 20.10.2012: Marcus G. in gewohnter Pose mit Kamera, Pressebinde von Mupinfo...

Der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) sendete kürzlich einen Beitrag über Neonazis an deutschen Universitäten, in dem auch das Outing des in Greifswald studierenden Rechtsextremisten Marcus G. thematisiert wird. Im  November 2011 machte eine Gruppe Verkleideter während einer Vorlesung auf dessen neonazistische Aktivitäten öffentlich aufmerksam.

marcus g. nsg(Foto: Indymedia)

Braune Kommilitonen — Rechtsextremismus an Hochschulen thematisiert zuerst den Potsdamer Praktikumsstreit zwischen der dortigen Hochschule und einem immatrikulierten NPD-Anhänger, der im Interview auch über Schulungsbemühungen in der rechten Szene spricht. Bernhard Wagner vom Aussteiger-Programm Exit ergänzt dessen Ausführungen aus anderer Perspektive und berichtet von curricularischen Aufzeichnungen ehemaliger Neonazis.

An der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg tritt eine rechte Hochschulgruppe, die ein NPD-Stadtratsmitglied gründete, bei den Gremienwahlen an. Das Thema Burschenschaften wird am Beispiel der Hochschule in Gießen behandelt, dann geht es schließlich um Greifswald.

EINSCHÜCHTERUNGSVERSUCHE GEGEN DEN WEBMORITZ: „DIE FRIST WAR IRGENDWIE ACHT MINUTEN“

Mit Gabriel Kords, Simon Voigt und Felix Kremser wird ein Teil der ehemaligen und der gegenwärtigen Chefredaktion des webMoritz interviewt. Die Studenten sprechen über ihre Berichterstattung zur Causa Marcus G. und die juristischen Drohungen, mit denen der Neonazi auf das mediale Interesse an seinen Aktivitäten reagierte.

Jan Meßerschmidt, Sprecher der Greifswalder Universität, wollte sich zu dem Vorfall nicht äußern. Er nahm aber Stellung zur Debatte über die Hausordnung der Hochschule und den Thor-Steinar-Streit um Jura-Professor Ralph Weber.

Der Radio-Beitrag ist immerhin 27 Minuten lang geworden, die inhaltliche Revolution bleibt darin aber aus. Wer sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat, erfährt wenig Neues. Ohne dieses Vorwissen lohnt es sich aber, die Sendung zu hören.

DER STAATSSCHUTZ ERMITTELT AUCH IN GREIFSWALDER MEDIENSZENE

Neonazi Marcus G. hat Anzeige gegen die unbekannten Antifaschistinnen gestellt. Seitdem ermittelt die Abteilung Staatsschutz der Polizei. Sie meldete sich unter anderem bei webMoritz-Redakteur Gabriel Kords, um ihn ausführlicher zu befragen. Der habe „nahezu nichts gesagt“, weil er der Meinung sei, dass er das nicht dürfe. Kords hat sich richtig verhalten und vermieden, sich und anderen Medienleuten einen Bärendienst zu erweisen.

Genauso verhält es sich auch mit dem Fleischervorstadt-Blog, dem ebenfalls eine Einladung als Zeuge von der Polizei zugestellt wurde. Auf die telefonische Rückfrage, wie man auf die Idee komme, hier relevante Ermittlungserfolge erzielen zu können, wurde auf die unmittelbare Berichterstattung über das Outing verwiesen — der Artikel hier auf dem Blog erschien schließlich neun Tage nach dem Vorfall!

Über solcherlei zweifelshafte Kontaktaufnahmen und die erfolgten Versuche von Neonazis, Vertreter der lokalen Medienszene einzuschüchtern, bleibt auf jeden Fall zu diskutieren, und zwar möglichst schnell und so öffentlich wie möglich, denn es geht dabei auch nicht zuletzt um die eigene Glaubwürdigkeit.

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7 Gedanken zu „Greifswald im Radio: Rechtsextremisten an deutschen Hochschulen und das Outing des Neonazis Marcus G.

  1. Kords sagt sinngemäß in dem Beitrag, dass die Personen, die er zu dem Vorfall befragen wollte, alle eher entsetzt waren über das Geschehen und die Outing-Aktion nicht überall gut angekommen wäre, eher im Gegenteil.
    Das mag so sein, aber man sollte nicht den Blick dafür verlieren, was Ziel des Ganzen war. Ich persönlich nehme stark an, dass es weniger eine Image-Veranstaltung der antifaschistischen/antirassistischen Gruppen in Greifswald war, die mal präsentieren wollten, wie geil sie sind. Es ging doch vielmehr darum, einen Neonazi mit entsprechender Karriere im braunen Sumpf zu outen, Uni-Angehörige zu warnen und sich auch den Typen selbst zu verunsichern. Soll bei einem solchen Vorgehen auch noch aufs Understatement geachtet werden? Sicherlich ist das nicht die feine englische Art und nach rechtstaatlichen Prinzipien streitbar – doch wäre es nicht irgendwie angebrachter, wenn die Menschen entsetzt gewesen wäre darüber, dass unter ihnen ein Nazikader unbehelligt verweilt.

    1. Unter dem verlinkten Artikel wurde der Aspekt der Angemessenheit ja schon ausführlich diskutiert. Ich selbst sehe das — bei aller respektvollen Würdigung für seine Arbeit — etwas anders als Herr Kords. Diese Aussage von ihm mag zwar ausblenden (was dann ja auch beim webMoritz passierte), dass es auch sehr wohlwollende Reaktionen darauf gab. Wenn man aber facebook und twitter quergelesen hat, ließ sich eben auch dieses Entsetzen konstatieren.

      Um ihr Image machen sich antifaschistische / antirassistische Gruppen in Greifswald offenbar weniger Gedanken, als es mir persönlich lieb wäre. Aber wie gesagt, positive wie negative Kritik zur Aktion wurde schon aufgeführt und könnte dann dort ergänzt werden, wo es so richtig passt. Damit wir nicht alles wiederholen müssen diese Meinungen dann bitte hierher:

      http://blog.17vier.de/2011/11/10/von-gerissenen-wolfen-und-furchtsamen-schafskopfen-eine-retourgutsche/

      1. Ich griff ja die Aussage von Kords und dem vermeintlichen „Entsetzen“ quer durch die Greifswalder Hochschule auf – somit wollte ich hier kommentieren. Mein kurzes Abschweifen bitte ich zu entschuldigen.
        Entsetzen – ja, bitte! Aber in den richtigen Zusammenhängen!
        thx

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