Hedonistische Internationale: „Den Mythos Arndt platzen lassen!“

Aufruf der Sektion H.i.G.H. (Hedonisten inna Greifswalder Hochschule)

Die Initiative „Ernst Moritz Arndt bleibt“, die sich für den Fortbestand des würdelosen Namenspatronats an der Greifswalder Universität einsetzt, plant für den kommenden Samstag ein weiteres ihrer wutbürgerlichen Protestevents: Auf dem Greifswalder Marktplatz möchte man laut Ankündigung u.a. 2000 Luftballons zu Ehren des Rassisten und Antisemiten Arndt in den Himmel steigen lassen. Wir, die Sektion H.i.G.H., rufen dazu auf, diese Aktion zu sabotieren!

Wir fordern ein Ende der Kundgebungen, die zum Ziel haben, einen Wegbereiter der biologistisch begründeten Judenfeindschaft zurück auf den Ehrensockel einer Universität zu hieven. Wir verurteilen die jüngsten Huldigungen Arndts, die in ihren Formen Anleihen nehmen bei humanistischen und pazifistischen Protestbewegungen. Rosen niederlegen, Menschenkette, Luftballons steigen lassen. Was kommt als nächstes? Ein Sternmarsch? Weiße Tauben? David Hasselhoff auf ’ner Hebebühne?

Mythos Arndt platzen lassen

Unter Zuhilfenahme der gängigen und größtenteils längst entkräfteten Argumente pro Arndt („Der hat doch die Leibeigenschaft quasi im Alleingang abgeschafft.“ „Hurra, Patriotismus, hurra.“ „Luther und Goethe waren auch ganz schlimme Finger.“) versuchen revisionistische Kräfte die mutige und richtige Entscheidung des akademischen Senats zur Ablegung des Namens anzugreifen. Flankiert von Wahlkampfhoffnungen der CDUAfD, einer berufssenilen Lokalpresse und dem Wutrausch eines kleingeistigen Emeritus, möchte man Arndt wieder zu der Ehre verhelfen, die ihm 1933 durch die Nationalsozialisten zuteil wurde.

Den Mythos Arndt platzen lassen!

Das Infragestellen der Hochschulautonomie, die Angriffe auf studentische Senator:innen, das Schüren von hassgeladener Stimmung in sozialen Netzwerken und die vorangetriebene Spaltung der Stadtbevölkerung lassen zudem erahnen, dass vielen Fanboys und -girls von Arndt nahezu jedes Mittel Recht ist, um ihren reaktionären Willen durchzusetzen. Darüber können auch weichgespülte Veranstaltungen wie die der Initiative „Ernst Moritz Arndt bleibt“ nicht hinwegtäuschen.

Unser Gegenaufruf zum Samstag lautet: Den Mythos Arndt platzen lassen! Zusammen werden wir verhindern, dass in kindergeburtstaglichem Gewand einem NS-Idol gehuldigt wird und bunte Luftballons für ein kackbraunes Ziel gen Himmel steigen! Stecknadeln, Dartpfeile, Kakteen und Erbsengewehre sind die Mittel der Wahl. Gemeinsam lassen wir dem grassierenden Revisionismus die lauwarme Luft ab. Für die Universität Greifswald!

Die Nachbarn haben nichts gerafft und fühlten sich gleich angemacht. Dabei schoss man am Horizont auf 99 Luftballons.

Fakten: 04.03. | 15 Uhr | Markt

15 Gedanken zu „Hedonistische Internationale: „Den Mythos Arndt platzen lassen!“

  1. Ähmm Erbsengewehre zur Veranstaltung zu bringen dartpfeile oä wäre ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz.

    Bitte streiche diese Passage.

    Ich wünsche euch allen nämlich viel Erfolg und Spaß mit legalen und kreativen wegen eure Position zu kommunizieren.

    Am besten erreicht ihr aber die Leute durch die Teilnahme an einer Kundgebung und nicht durch einen kurztrip in die Polizeistation

    Auch wirkt das seriöser 😉

  2. Ein wirklich widerwärtiger Aufruf gegen diese liebevoll geplante Aktion, das hat im Entferntesten was mit Demokratie zu tun. Die Greifswalder stehen zu großen Teilen geschlossen hinter dem Namen Ernst Moritz Arndt, die lassen sich von den teils zugereisten Studenten mit teils fragwürdiger Weltanschauung nicht im Geringsten einschüchtern.

    1. Ein wirklich widerwärtiger Kommentar, der einmal mehr zeigt, wie Teile der Arndt-Bewahrer fühlen und denken. Auf der einen Seite die Demokratie hochhalten wollen, auf der anderen Seiten den „Feind“ längst ausgemacht haben und billigste Agitation betreiben.
      „Liebevolle Aktion“ zur Ehrung eines Rassisten – ich denke, genau auf diesen ekelhaften Widerspruch bezieht sich der Aufruf.

    2. Ich bin kein zugereister Student, zähle mich zu den tiefverwurzelten Greifswaldern und wünsche mir eine Universität, auf die man zufrieden blicken kann. Weg mit Arndt, weg mit Rassismus und seinen übeltätern. Für eine weltoffene Universität im 21. Jahrhundert!
      Arthur Könich

    3. Wenn ich jetzt ein zugereister Student mit fragwürdiger Weltanschauung bin, bist du eine unbeweglicher Provinzler mir fragwürdiger Weltanschauung. So!

    4. „Die Greifswalder stehen zu großen Teilen geschlossen hinter dem Namen Ernst Moritz Arndt“

      woher haben sie diese sicherheit?

      und ist demokratie nur von lokalen bürgern und bürgerinnen erlaubt, die hier schon immer ansässig waren und nie weggehen? bedarf es quasi eines ‚lokal-ahnenpasses‘ um sich demokratisch zu engagieren? wahlverbot für zugezogene? aberkennung der stimme, wenn der wähler wieder wegzieht?

  3. Erstmal finde ich es klasse, dass ihr euch in dieser Sache engagiert. Allerdings: Wie auch schon von Wayne vorgeschlagen, wäre es besser, wenn ihr eure kreative Energie in Pro-Universität Greifswald- anstatt Anti-Pro-Arndt-Aktionen fließen lasst.

    Man muss sehen, dass die Greifswalder, die „zu großen Teilen geschlossen hinter dem Namen Ernst Moritz Arndt“ stehen, aus einigen Rentnern, Nazis/Burschenschaflern, abgehalfterten Provinzpolitikern und offensichtlich einem erfolglosen Kreidekünstler bestehen – schätzungsweise vll. 1000 Leute (von ca. 55.000 Greifswaldern)

    Durch die vorgeschlagene Aktion würde man diese relativ kleine Pro-Arndt-Gruppe nur medial aufwerten und das von diesen Leuten aufgebaute Freund/Feind-Bild „bestätigen“. Die Arndt-Freunde wollen ja gerade von den wesentlichen Punkten ablenken, dass die Namensentscheidung zum einen eine ausschließliche Sache der Uni ist und der Name der Uni zum anderen jahrhundertelang Universität Greifswald war.

  4. Es gab mal eine Wunderkerzenversammelungsaktion auf dem Markt. Demnach nehm ich an, dass Wunderkerzen bei einer Versammlung erlaubt sind.

    Und Wunderkerzen sind toll. Wenn die Pro-Arndtler anfangen, die Leute anzugehen, die sich mit Wunderkerzen versammeln, ja, was soll man dann noch von ihnen halten? Wie muss ein Mensch geraten sein, um gegen Wunderkerzen zu sein!
    Kann ich etwas dafür, dass dein Ballon meine Wunderkerzen-Funken nicht verträgt? So ein Indoor-Luftballon kann das nicht ab, das glaube ich gern. Aber wer steht denn draußen mit einem Indoor-Luftballon herum!

    Wunderkerzen, man!
    (aber die schwarzen Stängel bitte nicht wieder liegen lassen)

    …aber dann die Dinger nicht mit Helium füllen. 🙂

    1. wie wäre esmit einer anti nazi luftballonaktion zu gleicher zeit an gleichem ort und danach gibt es noch eine Wasserschlacht mit wasser“bomben“ äh natürlich wassergefüllten ballons haha. Schließlich fliegen ja nicht alle nur nach oben. Ne fette Party ist, was unsere Stadt braucht… mucke mondschein und nerven wie drahtseile

  5. Die örtliche CDU hat auch schon Angst, wie eine Mail über deren Verteiler bezeugt…nicht das hier jemand Gebrauch von seiner Meinungsfreiheit machen sollte…wie könnte er/sie nur….

    „Liebe Unionsfreunde,

    bei der Ostsee-Zeitung gibt es eine Umfrage, ob die Universität weiter Ernst-Moritz-Arndt-Universität heißen soll.

    Bis gestern Abend und in den Tagen davor stimmten weit über 80% für Arndt, heute (über Nacht) sind es plötzlich unter 60%.

    Bitte stimmen Sie auch ab: https://leser-umfrage.de/oz/greifswald/?ma=12040.

    Mit besten Grüßen,“

  6. \“Die Nachbarn haben nichts gerafft und fühlten sich gleich angemacht. Dabei schoss man am Horizont auf 99 Luftballons.\“
    Wer Nenas Lied nur einmal gehört hat, müsste sich jetzt Fragen, was der Autor uns damit sagen will? Er stellt sich damit dann wohl in die Reihe der \“nichtsraffenden Nachbern\“, denn genau diese glauben immernoch, sie müssten auf Luftballons schießen, als wenn diese die größte Gefahr in der heutigen Welt darstellten.
    Ich hoffe, der Autor glänzt nicht mit einer ähnlichen Wissenslücke bezüglich Arndt.
    Ansonsten gute Nacht, wenn das die Initiative der Studierenden sein soll, Gräben zuzuschütten!

    Freundliche Grüße

    1. So, und wenn Sie jetzt noch genau eine Ecke weiterdenken, klappts auch mit der vom Autor offensichtlich intendierten Interpretation und einer schlüssigen Kontextualisierung 😉

    2. …genau um diese heiße Luft, die in die Ballons gepustet wird, geht es doch!
      Weder haben die Pro-Arndtler etwas davon, dass die Uni seit einigen Jahrzehnten eben den Namen dieses Historikers (übrigens nicht einmal ein Greifswalder Kind) inne hat, noch verlieren sie jetzt etwas dadurch.
      Die Herren von weit Rechts zu der Zeit, in der das ganze Land in eben diese Richtung verrückte, vergaben diesen Namen ja nicht ob etwaiger Errungenschaften auf dem Gebiet des Historikers, die Arndt in dieser Diskussion ja auch nicht konsequent abgesprochen werden sollen, sondern weil sie in Arndt einen Menschen „ihresgleichen“ sahen, weil Arndt eben nun mal die antisemitischen Tendenzen aufwies, wie gewiss doch viele zu seiner Zeit, ohne Frage. Und eben drum hat man das ja einst auch mit vielen anderen Dingen noch getan, die die Namen von Personen mit einem inneren Schlag, den sie als ihresgleichen auffassten, erhielten.
      Die Herren Nazis von einst hätten der Uni ja auch den Namen von Caspar David Friedrich verleihen können, ein echter Greifswalder Bursch‘ sogar, doch bedauerlicherweise weist er nicht diesen Schwenker nach rechts auf und ließ sich daher nicht so nützlich für ihre Propaganda gebrauchen. Von diesen Greifswalder Kindern, die leider nicht für die Namensgebung der Universität Greifswald bedacht worden sind, gibt es noch so manch ein anderes.

      Und ist das nicht ein wenig unfair? So gesehen wurde Arndt also nicht dafür unter vielen ausgezeichnet, was er hervorgebracht hatte. Nein, er wurde von den Nazis benutzt, seune Errungenschaften wurden regelrecht missbraucht für ihren propagandistischen Zwecke.
      selbst als Arndt-Befürworter, als ehrlicher Verehrer von Arndt’s Arbeiten, sollte also durchaus der Gedanke einen mal traktieren, ob es nicht ganz gut ist, diesen namen der Uni zu entziehen, der ihr nur zu diesem Zwecke verliehen wurde. Der Wettbewerb um den namen war doch demnach verfälscht, hier hing doch eine fette Lobby hinter Arndt. Wenn ich seine Arbeiten doch aber für so herausragend halten würde, müsste ich dann nicht eben einen offenen neuen Wettbewerb fordern, in Folge dessen Arndt dann schließlich als echter Gewinner gegenüber seinen Konkurrenten hervorginge? Denn es macht ihn doch klein, wenn er mit solch einer Lobby Namenspatron geworden ist; sollten die Arndt-Befürworter da nicht mehr Vertrauen in seine eigentlichen Errungenschaften haben?

  7. oh, es sei noch schnell hinzugefügt, dass ich den Namenspatron (oder die -patronin, denn wenn der Wettbewerb neu eröffnet würde, sollten auch die Frauenschaften ihr Glück versuchen dürfen) nicht auf seine Herkunft, spezifischer seine Geburtsstadt, hin reduzieren will. mir ist es herzlich egal, wo Arndt geboren oder nicht geboren ist. Ja, von mir aus könnte es auch der Mond gewesen sein, auch wenn ich dann zugeben müsste, einen gewissen unsinnigen Neid für diesen irgendwie recht folgenlosen Umstand für seinen persönlichen Werdegang in seinem Wissenschaftsgebiet zu empfinden. Das wäre schon durchaus ein hübsches Detail, das man da über sich erzählen könnte.
    Wie dem aber auch sei, ich hörte nur zu oft, wie die Pro-Arndtler auf die Verbindung von Arndt mit der Stadt Greifswald verwiesen, ja, ihn gelegentlich als eben einen Sohn der Stadt darzustellen versuchten. Das ist aber nicht ganz der Fall, fürchte ich. Oder gehörte Rügen einst, im 18. Jahrhundert, zu Greifswald? Dann will ich natürlich nichts gesagt haben. In meiner über 25-jährigen Greifswalder- und Vorpommernerschaft wäre mir das nur noch nicht untergekommen, aber ich lerne gerne noch hinzu.

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