Clever, aber nicht genial: OZ-Podiumsdiskussion vor der Landtagswahl *Update*

Die Ostsee-Zeitung lädt ihre Leserinnen und Leser zu einer Podiumsveranstaltung in das St. Spiritus ein, um gemeinsam mit den fünf Landtagskandidaten zu diskutieren. Moderiert werden soll der Abend von den beiden Redakteuren Dr. Eckhard Oberdörfer und Benjamin Fischer.

WEISS DIE REDAKTION ÜBERHAUPT VON ALLEN KANDIDATEN? 

screenshot oz

Grundsätzlich ist die Idee, als Lokalzeitung solch eine Podiumsveranstaltung zu organisieren, wirklich clever. Genialistisch wäre dieser Einfall allerdings umgesetzt worden, wenn die Veranstalter unter Beweis gestellt hätten, tatsächlich von allen zugelassenen Kandidaten zu wissen.

Für diese genialistische Umsetzung hat es leider nicht gereicht — ein Blick in dieses Dokument der Wahlleiterin zeigt, dass im Landtagswahlkreis 1 Greifswald nicht nur fünf, sondern ganze sieben Personen antreten werden.

Es bleibt zu vermuten, dass die Ostsee-Zeitung dem NPD-Kandidaten Marko Müller schlicht und ergreifend kein Podium bieten wollte und deswegen darauf verzichtete, ihn einzuladen. Vermutlich hätte der in Ueckermünde gemeldete Neonazi das soziokulturelle Zentrum ohnehin nicht gefunden.

Eine kurze Erklärung der Veranstalter dazu wäre allerdings konsequenter gewesen, als den Kandidaten einfach wegzuschweigen.

IGNORIERT UND NICHT EINGELADEN: EINZELKANDIDAT FOTHKE

Der andere bis dato nicht eingeladene Kandidat ist der parteilose Einzelbewerber Steven Fothke. Der angehende Lehrer hat sich das bedingungslose Grundeinkommen auf die Fahnen geschrieben. Seine Beiträge wären morgen sicher nicht nur für die Debatte spannend gewesen, sondern auch für das anwesende Publikum. Fothke wurde von der Ostsee-Zeitung, deren Ankündigung den Eindruck erweckt, dass in Greifswald nur fünf Direktkandidaten zur Wahl stünden, leider bislang ignoriert.

Auftreten werden neben dem Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD), der noch immer nicht zurückgetretende Bürgerschaftspräsident und Landtagsabgeordnete Egbert Liskow (CDU), Mignon Schwenke (Die Linke), Ulrike Berger (Grüne) und David Wulff (FDP). Die Ostsee-Zeitung fordert Interessierte Bürgerinnen dazu auf, sich an der Debatte zu beteiligen und vorab Fragen an die Redaktion zu schicken, die morgen Abend an das Podium gerichtet werden sollen (via E-Mail bitte an lokalredaktion.greifswald[at]ostsee-zeitung.de) .

Fakten: 16.08. | 18 Uhr | St. Spiritus

*Update* 15.08.2011 | 20.45 Uhr

Das Kommen eines weiteren Spezialgasts wurde bislang noch nirgendwo erwähnt: neben den erwähnten fünf Kandidatinnen soll auch Douglas Fernando bei der morgigen Veranstaltung zu Gast sein. Der Investor kaufte sich in den letzten Jahren großzügig in die Stadt ein und baute eine einträgliche Beziehung zum damaligen Baudezernenten Arenskrieger auf. Zu den Objekten in seiner Verantwortung gehört unter anderem die ehemalige Straze (Stralunder Straße 10).

Diese Übersicht der von Douglas Fernando/dem Petruswerk in Greifswald getätigten Immobiliengeschäfte sei an dieser Stelle empfohlen.

5 Gedanken zu „Clever, aber nicht genial: OZ-Podiumsdiskussion vor der Landtagswahl *Update*

  1. Was ist an der angekündigten Diskussion clever?

    Ich vermute:
    1. Die Lokalredaktion will sich in ein demokratisch schillerndes Licht setzen, einige Kandidaten bildlich auf Herz und Nieren prüfen. (Wie hat sie die Gewählten während der vergehenden Legislaturperiode geprüft?)
    2. Die Redaktion kann mit dem Politikergeschwafel etliche Spalten füllen, mit Geschwafel, das ohne Bedeutung aber schnell erledigt ist.

    Ich vermute auch:
    Der Redaktionsleiter und der Redakteur sind zu feige, es mit dem NPD-Kandidaten aufzunehmen. Ihm in einer Podiumsdiskussion kein Podium bieten zu wollen, kann also auch eine Ausrede sein.

    Ich erkenne darin, den Einzelkandidaten nicht einzuladen, eine redaktionstypische Missachtung all dessen, das nicht in die vorherrschende Richtung (Mainstream) passt. (Mit sowas vertrödeln wir nicht unsere kostbare Zeit.)

    Im Übrigen halte ich jede Minute, der bevorstehenden Diskussion zuzuhören und/oder die per OZ gegen Geld nachgereichte Spaltenfüllung zu lesen, für vertrödelte Lebenszeit, siehe 2.

  2. @lupe:
    Du hast deine Frage ja mit den Punkten 1 und 2 selbst beantwortet. Obendrein empfinde ich die aktive Förderung der politischen Willensbildung durch diese Veranstaltung prinzipiell sehr gut und richtig für eine Tageszeitung. Auch die Entscheidung für eine Doppelmoderation war richtig. Deine Vermutungen habe ich ja auch angedeutet:

    – verpasste Chance, die NPD spürbar auszuladen und sich damit gleichzeitig zu positionieren
    – Nichtbeachtung des Einzelkandidaten

    Die Diskussion war spannend, zumindest für das Stündchen, das ich dafür opfern durfte. Auf die Spaltenfüllung dürfen wir uns alle freuen.

    Douglas Fernando konnte ich leider nicht entdecken.

  3. Die Diskussion war tatsächlich recht kurzweilig und hat einen gewissen Einblick in die Strukturen und Persönlichkeiten des politischen „Mainstreams“ (sofern man den by the way gar nicht gänzlich unsympathisch FDP-Kandidaten noch hinzuzählen möchte) geboten. Steven Fothke kam übrigens doch noch kurz zu Wort, allerdings präsentierte er sich unglücklich, so dass man schwerlich einen wesentlichen Beitrag auf der Bühne hätte erwarten können. Vielleicht erhält er ja in anderem Zusammenhang noch mal die Möglichkeit diesen Eindruck zu revidieren. Die Idee des Grundeinkommens scheint aber auch von anderen Seiten aufgenommen zu sein.

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