AfD-Landtagsmitglied Ralph Weber sorgt für Eklat und wird abgemahnt

Der Greifswalder Landtagsabgeordnete Prof. Dr. Ralph Weber (AfD) hat mit einer Stellungnahme für einen Eklat gesorgt und einen Shitstorm geerntet, an dessen Ende er sogar von seiner eigenen Partei abgemahnt wurde. 

Das dürfte ein langer Abend für Prof. Dr. Ralph Weber gewesen sein. Nachdem sich das AfD-Landtagsmitglied auf Facebook mit einer umfänglichen Erklärung an seine Anhänger gewandt hat, trudelten im Minutentakt Kommentare und Nachfragen ein. Diese stammten jedoch fast ausschließlich von politischen Gegnern, die die nationalistischen Obertöne des Juristen mit einem veritablen Shitstorm beantworteten und dafür Sorge trugen, dass bis in die späte Nacht kritische Kommentare gelöscht und unliebsame Nutzer von Webers Facebookseite entfernt wurden. 

Ralph Weber AfD MV

Weber ist inzwischen zurückgerudert und hat im vielfach erprobten Kommunikationsstil der AfD, bei dem zunächst ein Tabu gebrochen wird, um dies anschließend scheibchenweise zu relativieren, den Text des Anstoßes verändert. Doch das Landtagsmitglied hat sich diesmal verschätzt und wurde nun vom AfD-Landesvorstand abgemahnt. Zu rechts für die AfD MV? Das muss man erstmal schaffen!

Der Landesvorstand der rechtspopulistischen Partei erklärte, dass Weber der Partei schweren Schaden im öffentlichen Ansehen zufüge. Insbesondere sei die Äußerung „Deutschland den Deutschen“ als gebräuchliche Kampfparole der NPD bekannt gewesen. Zudem ließe die Bezugnahme auf „Biodeutsche“ mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern Raum für Spekulationen auf einen rassistischen Hintergrund. Auch die Universität Greifswald veröffentlichte umgehend eine Pressemitteilung, in der sich die Leitung „ganz entschieden von den unsäglichen Äußerungen“ Ralph Webers distanziert.

„Biodeutsche mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern“

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Populärmusik aus Federau

übernommen mit freundlicher Genehmigung von Brycke

Es geschah wenige Stunden nach dem deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC) 2017, den die weithin unbekannte Sängerin Levina gewann. Die Schwerinerin Petra Federau schickte am Sonntag im Rahmen einer Greifswalder Großdemo unter dem Motto „Das ist unser Ernst!“ einen weiteren Beitrag ins Rennen. Dieser, so die ESC-Jury, kann aufgrund des verpassten Einsendeschlusses jedoch nicht mehr für den Wettbewerb berücksichtigt werden.

Auf der unpolitischen Veranstaltung intonierte die nach eigenen Angaben untalentierte Bardin kurz nach den Redebeiträgen der Parteikameraden Kramer, Weber und Arppe das ihr bis unlängst nicht bekannte Stück „Sag mir, wo die Blumen sind“. Ein laut Experten dickes Brett, an dem schon in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts Millionen gitarrenbegleitete Freizeitmusikanten an den Lagerfeuern der Republik gnadenlos gescheitert sind.

Petra Federau (AfD) singt in Greifswald

Petra Federau (AfD), daneben Moderator Norbert Kühl (FFDG) (Foto: Endstation Rechts)

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Wie alte und neue Rechte auf den Arndt-Zug aufspringen

Seitdem der Akademische Senat der Universität Greifswald mit deutlicher Mehrheit für die Abschaffung des umstrittenen Namenspatronats stimmte, buhlen mehrere Bürgerinitiativen um die Unterstützung der Arndtbefürworter. Die sollten bei aller Enttäuschung jedoch aufpassen, nicht unfreiwillig auf einer rechtsextremen Veranstaltung zu landen.

Die Arndt-Debatte zieht sich wie ein Graben durch die Stadt. Nach der Senatsentscheidung gegen den Namenspatron am 18. Januar 2017 wurde die Tiefe dieses Grabens sichtbar. Seitdem kommen die Gemüter nicht zur Ruhe: Die CDU ist bereits von Anfang an auf Wahlkampf programmiert und versucht, sich als Kümmerer um die vorpommersche Identität nicht nur gegenüber der AfD zu exponieren. Ehemalige Professoren schreiben sich die Finger wund und drohen, mit juristischen Schritten gegen die Mehrheitsentscheidung des Senats vorzugehen. Aktivisten der rechtsextremen Identitären Bewegung platzieren einen Gedenkfindling mit ihrem Logo auf einem Gullideckel vor dem Hauptgebäude.

Gruppenbild nach Aktion der Identitären Bewegung in Greifswald

„Eifrige Handwerker haben sich gestern um den lieben Ernst Moritz Arndt bemüht.
Wir finden es toll, dass sich in unserer modernen und schnellebigen Zeit noch junge Menschen zusammenfinden, um gemeinsam zu tüfteln und zu basteln!
(Text und Montage: Hipster Antifa Greifswald)

Und dann ist da noch die Arndt-Protestwoche. Unter diesem Label findet ein Teil der Veranstaltungen statt, die die Arndtbefürworter in den kommenden Tagen auf die Beine stellen werden. Man muss dazu wissen, dass es derzeit nicht ganz einfach ist, bei den konkurrierenden Arndt-Bürgerinitiativen den Überblick zu behalten. Die zuerst bei Facebook aufgetretene Gruppe („BI Ernst Moritz Arndt Greifswald“) entpuppte sich relativ schnell als hochschul- und heimatpolitischer Arm des rassistischen Wutbürgerbündnisses FFDG. Diese Vorbelastung der Gruppe war offenbar Anlass für die Gründung einer zweiten Bürgerinitiative, „Ernst Moritz Arndt bleibt!“, die sich von der ersten BI distanziert und bemüht ist, die Emotionen ihrer Anhänger in zivilisiertes Engagement zu kanalisieren.

AfD, Identitäre und Chargenwichser

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Uni Greifswald: Hausverbot für Landtagsmitglied

Ein Hochschullehrer wird in den Landtag gewählt und erhält anschließend von seiner Universität ein faktisches Hausverbot. Wer nun an den AfD-Mann Prof. Ralph Weber denkt, den die Alma Mater auf leisen Sohlen entsorgt, sitzt einem gewaltigen Irrtum auf.

Ralph Webers Angebot, während seines Landtagsmandats weiterhin Kurse anzubieten — selbstverständlich kostenlos — klang für viele seiner Kritiker wie eine Drohung. Der Jurist flirtete mehrmals öffentlich mit diesem Szenario, inzwischen wird sein Lehrstuhl von Prof. Dr. Steffen Schlinker vertreten. Aber um den Rechtswissenschaftler geht es eigentlich gar nicht, sondern um den Privatdozenten Dr. Wolfgang Weiss, der am Institut für Geographie und Geologie lehrt und dort dem Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeographie zugeordnet ist. „Uni Greifswald: Hausverbot für Landtagsmitglied“ weiterlesen

Landtagswahl 2016: Vom Kater danach

Am vergangenen Sonntag wählten etwa 820.000 Menschen den neuen Landtag in Mecklenburg-Vorpommern und sorgten mit ihrem Votum für ein mittelschweres politisches Erdbeben. Aber ist die Wahl wirklich so schlecht gelaufen? Drei Gegenthesen zum grassierenden Pessimismus.

Nicht wenige werden am vergangenen Montag mit einem Kater ohne vorangegangenen Rausch aufgewacht sein und sich gefragt haben, was da am Wahlsonntag eigentlich alles schiefgelaufen ist: Die AfD deklassierte die CDU in Angela Merkels Stammclub und zieht nun mit 20,8% als zweitstärkste Partei in den Landtag ein. Die Grünen indes haben 1486 Wählerinnen zu viel verprellt und müssen die Party, auf die die FDP nicht mal eingeladen war, nun wohl oder übel verlassen. Auch die Linke hat mächtig Federn gelassen, stand aber dieses Mal wenigstens auf der Gästeliste und darf sich zukünftig noch im Schweriner Schloss blicken lassen.

jürgen strohschein afd mv

Siegesbesoffene AfD im Landtag: Ordnungsruf-Flatrate und Komahetzen

Medial ist die Sause, an der sich am Sonntag etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung aktiv beteiligte, omnipräsent. Alarmstimmung in Mecklenburg, aber vor allem in Vorpommern. Immer Ärger mit den Rechtswählern. Dem Laden stehen schwierige Zeiten ins Haus, denn das Publikum wandelt sich nun augenscheinlich. Die Gang der 18 AfD-Mandatsträger — 17 davon sind Männer — ist auf Krawall gebürstet. In den vergangenen Wochen haben die Blaumänner so ausgiebig vorgeglüht, dass sie schon beim Betreten des Clubs wie von Sinnen waren. Besoffen vor Siegessicherheit: „Am Sonntag wird abgerechnet!“ „Landtagswahl 2016: Vom Kater danach“ weiterlesen

Lesung: Abwärts!

Zwei Tage vor der Landtagswahl lädt das Fallada-Haus zu einer politischen Lesung der Literaturzeitschrift Abwärts! ein.

Literatur muss kein zeitlos schöner Sinnentwurfslieferant sein, sondern kann sich auch aktuell, direkt, kritisch und politisch auf die Gegenwart beziehen. „Heiß“ soll sie sein, wie es in den Worten der Einladung zu der politischen Lesung heißt. Vorgetragen werden dort Texte des Berliner Herausgeberinnen-Kollektivs der Literaturzeitschrift Abwärts!, das aus Katja Horn, Robert Mießner, Bert Papenfuß, Alexander Pehlemann, Kai Pohl, Stefan Ret, Kristin Schulz, Hugo Velarde und Karsten Wildanger besteht.

lesung abwaerts greifswald

Die derzeitigen politischen Entwicklungen seien beängstigend. Gegen das Erstarken rechter Positionen müsse ein Zeichen gesetzt werden. Und noch eins. Und noch eins. Auch in der Kunst. Anlässlich der anstehenden Landtagswahlen bringt das Herausgeberinnen-Kollektiv ein Sonderheft zum Thema AfD heraus. In der Hoffnung, der AfD wenigstens „das ein oder andere Prozent abzuluchsen“, versammeln die Autoren in ihrer Septemberausgabe „Pamphlete, Kommentare, Tiraden, Essays, Gedichte, Karikaturen und andere Explosivstoffe“. Es liest Christiane Kiesow.

Fakten: 02.09. | 20 Uhr | Fallada-Haus (Steinstr. 48) | frei