Schöner Wohnen: Strandvilla für höchste Ansprüche

Gedanken an den Greifswalder Wohnungs- und Immobilienmarkt sind normalerweise ein bewährtes Mittel gegen gute Laune, denn ein Dach über dem Kopf ist hier inzwischen zu einer kostspieligen Angelegenheit geworden. Was in der Wachstumsregion Greifswald am besten gedeiht, sind nicht Geburtenrate oder Lohnniveau, sondern die kontinuierlich wachsenden Mietkosten.

BETUCHTE VERWANDTE ALS LETZTE RETTUNG 

Der angebotene Wohnraum ist dabei zwar zumeist komfortabler geworden, aber in den seltensten Fällen auch tatsächlich schöner. Wo man früher auf alten Holzdielen flegelte und die stuckgezierten Decken und ihre Rosen bestaunte, drängt man sich heute in eine Parzelle aus Laminat und Gipskarton — die billige Pressholztür schließt fast geräuschlos. Um dieser unschönen neuen Wohnungswelt zu entfliehen, braucht es viel Geduld, eine Portion Glück oder sehr reiche Eltern, womit wir auch schon beim Thema wären, denn derzeit steht ein interessantes Objekt zum Verkauf.

villa eldena greifswald schmidt (Foto: Fleischervorstadt-Blog, 2008)

Zugegeben, nicht alle verfügen über die erforderlichen Mittel, um sich ein teures Haus zu kaufen statt eine kostenintensive Wohnung anzumieten, aber wer noch reiche Verwandte in petto hat, sollte ernsthaft darüber nachdenken, sich mit einem besonders liebevollen Weihnachtsgruß als potentieller Bewohner des neuen Zuhauses ins Gespräch zu bringen. Die gutbetuchten Verwandten würden sich mit dem Haus am Meer keinen Sanierungsfall ans Bein binden, denn die alte Strandvilla in Eldena ist abgerissen worden und einem luxuriösen Neubau — mit fast allen Raffinessen und einem modernen architektonischen Konzept — gewichen.

HER MIT DEM SCHÖNEN LEBEN!

Das 2008 erbaute Gebäude steht auf einem fast 6000 Quadratmeter großen Grundstück, zum Strand sind es nur 50 Meter. Bei Regen guckt man einfach aus dem Fenster hinaus aufs Wasser, denn die Villa wurde auf einer kleinen Anhöhe errichtet. Das Haus ist äußerst großzügig geschnitten und weist eine Wohnfläche von 234 Quadratmeter auf. Es gibt ein Schlafzimmer und einen sogenannten „Living Room“, der Wohn-, Ess- und Küchenbereich beheimatet und für „gehobene Lebensqualität“ sorgt. Kalte Wintertage verbringt man mit seinen Freunden vor dem futuristischen Kaminofen, wo man sich nach einer kurzen Badepause aufwärmen kann, falls wieder vergessen wurde, die Poolheizung rechtzeitig anzuschalten.

Vom Naturschieferboden im eigenen Schwimmbad geht es zurück auf die heizenden Eichendielen, die ganzjährig für ein angenehmes Wohnklima sorgen. Aus dem Schlafzimmer blickt man auf die Dänische Wieck und kann auf kürzestem Weg ins Bad en Suite schlurfen, um sich nach bierseligem Abendvergnügen wieder in vorzeigbaren Zustand zu bringen. Auch dort muss man nicht frieren, denn Wand- und Fußbodenheizungen gibt es selbstverständlich im gesamten Gebäude. Das Atrium mit integrierter Terrasse eignet sich hervorragend für ungestörte Grillpartys; potentielle Störenfriede, die mit neidvollen Blicken am Zaun herumlungern, hat man dank eines ausgefuchsten Überwachungssystems stets im Visier.

Alles in allem eine Adresse also, an der es sich ganz gut leben lässt — hier wären vermutlich sogar Justin92 und sein Hausdiener glücklich geworden. Bleiben bis zum Einzug nur noch die finanziellen Fragen zu klären, denn neben dem Kaufpreis von schlappen 1.880.000 Euro ist auch eine Maklerprovisionen in Höhe von 134.232 Euro aufzutreiben. Aber mit den richtigen Verwandten und einem wohlformulierten Weihnachtsgruß ist das doch zu schaffen.

Greifswald erobert DIE ZEIT

In der ZEIT vom 29.10.2009 ist der ausführliche Artikel Die kleine Einheit von Christoph Dieckmann erschienen, der sich auf städtepartnerschaftliche Spurensuche begibt. Derlei Verbindungen zu anderen Städten kann Greifswald reichlich vorweisen: zum Beispiel nach Kotka (FI), Lund (SWE), Hamar (NOR), Newport News (USA) und schließlich auch nach Osnabrück.

Dieckmann skizziert die Entwicklungen Greifswalds und Osnabrücks in den zurückliegenden 21 Jahren, so alt ist inzwischen die Partnerschaft zwischen der drittgrößten Stadt Niedersachsens und Greifswald. Er erwähnt auch die mittlerweile zum Mythos gewordene friedliche Übergabe Greifswalds durch Rudolf Petershagen an die Rote Armee 1945.

Dazu kommt eine Prise friedliche Revolution 1989, ein Bissen Bürgermeistergeschichte und ein längerer Absatz zum in letzter Zeit etwas ins Straucheln geratenen Chef der HanseYachts AG, Michael Schmidt. Schließlich werden wichtige Ereignisse, wie zum Beispiel die Übergriffe auf Andersdenkende und Ausländer in den 1990ern oder die Greifswalder CDU-Spendenaffäre sehr verkürzt aneinandergereiht:

„Wir hörten von Siemens-Schmiergeldern pro CDU, vom altbundesdeutschen »Eliten«-Import und einem Milieu namens Osnabrück-Filz, von zweifelhaften Grundverkäufen, von Protesten gegen das geplante Kohlekraftwerk bei Lubmin, von den dunklen neunziger Jahren, als Asylbewerberheime und ausländische Studenten angegriffen wurden. Stetig wuchs die rechte Szene. Im Jahr 2000 wurde ein Obdachloser totgeschlagen, worauf Oberbürgermeister von der Wense — Wessi, CDU — verfügte, es sei genug. Am 14. Januar 2001 vereinte die Demo gegen Rechts 7000 Greifswalder. „

Lesenswert ist der Artikel auf jeden Fall, insbesondere was die Verquickungen mit Osnabrück betrifft. Sogar Ernst-Moritz Arndt und der Widerstand gegen den kontroversen Namenspatron der Universität werden erwähnt. Die Stadtgeschichte Greifswalds wird zusammengerafft und in Relation zu den Niedersachsen gestellt. Hier gibt es einiges zu erfahren — auch für jene, die behaupten, schon alles zu kennen.

HanseYachts auf Schlingerkurs

Vor einem Monat wies ich auf ein kleines Portrait über Michael Schmidt, Haupteigner und Kopf der HanseYachts AG hin.

Das Vorzeigeunternehmen wird aller Orten gerühmt. Watchblogger Ulrich Meyke hinterfragte auf seinem Blog gestern jene Journalisten, die voll des Lobes sind und darüber übersehen, dass das börsennotierte Unternehmen ein wenig ins Schlingern geraten ist.

Seit dem Börsengang vor 18 Monaten habe das Unternehmen 65% seines Wertes eingebüßt. Von diesen Verlusten war im heutigen Artikel in der Ostsee Zeitung keine Rede; thematisiert wurden lediglich Gerüchte um den Abbau von Arbeitsplätzen.

Die LeserInnen unserer Lokalzeitung wurden schlussendlich aber mit dem Hinweis beruhigt, dass am Standort Greifswald Millionen Euro investiert und etwa 200 Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Stille Prominenz

Preisfrage: Wieviel Millionäre leben in Greifswald? Die Antwort ist schwer auszumachen, da über Geld ja bekanntlich nicht zuviel geredet wird. Abgesehen davon sind im strukturschwachen Nordosten nur bedingt immense Privatvermögen zu vermuten. Wie man aber eine steile Karriere vom arbeitslosen Kommunisten zum gutbetuchten Vorzeigeunternehmer gestaltet, lebt Michael Schmidt vor.

Ein Artikel in der Financial Times Deutschland portraitiert ihn als legeren Unternehmer, dem der Börsenspuk nicht zusagt. Das von ihm geführte Unternehmen, die Hanse Yachts AG, dessen Haupteigner er ist und das seinen Sitz in Greifswald hat, verbuchte im Geschäftsjahr 2006/2007 einen Umsatz von 105 Millionen Euro und etablierte sich als zweitgrößter Sportboothersteller in Deutschland.

Auf dem üppigen Werftgelände befindet sich mittlerweile auch ein gastronomischer Betrieb, die alte Tischlerei. Wenn ich mich recht entsinne, kaufte (der intern als Choleriker gefürchtete) Schmidt vor nicht allzu langer Zeit die alte Villa hinter dem Strand von Eldena. Die Deutsche Welle produzierte kürzlich einen Beitrag über Schmidt, der sich hier herunterladen lässt oder den man im nachfolgenden Videofenster sehen kann.