Filme aus dem Greifswalder Underground — Robert Conrad die Zweite

Seit dem 30. September werden im Pommerschen Landesmuseum Fotografien des in Greifswald aufgewachsenen Architekturfotografen Robert Conrad ausgestellt. Wer Heimatkunde besucht hat, konnte einen Eindruck des katastrophalen städtebaulichen Niedergangs im Greifswald der 1980er Jahre gewinnen.

Filme aus dem Greifswalder Underground der Achtziger

greifswalder undergroundszene

Eine Nische der Ausstellung widmete sich allerdings nicht dem Verfall und der Zerstörung hiesiger Bausubstanz, sondern nahm die lokale Subkultur in den Blick und präsentierte Momentaufnahmen eines kleinen Zirkels von Filmenthusiasten, die gemeinsam drehten und im St. Spiritus ein klandestines Filmfestival durchführten.

An diese Szene wird heute Abend im Koeppenhaus erinnert, wenn Thomas Frick und Robert Conrad Filme aus dem Greifswalder Underground der 1980er Jahre präsentieren und über ihre Entstehung plaudern werden. Anschließend wird Zonic-Herausgeber Alexander Pehlemann an den Plattenspielern stehen und Musik dieser Dekade auflegen.

Fakten: 07.12. | 20 Uhr | Koeppenhaus | 5 / 3 EUR (erm.)

Führungen durch die Sonderausstellung „Heimatkunde“

In erfreulicher Regelmäßigkeit werden im Pommerschen Landesmuseum auch Führungen durch Heimatkunde angeboten. Die nächste Veranstaltung dieser Art findet am Sonntagvormittag statt. Dann kann man gemeinsam mit Burkhard Cornelius durch die Sonderausstellung gehen und zusätzliche Informationen und Perspektiven aufschnappen.

Wer in Greifswald lebt oder von hier kommt, sollte Heimatkunde unbedingt in Augenschein nehmen. Das Pommersche Landesmuseum zeigt diese Sonderausstellung bis zum 31. Januar, ihr Eintritt kostet 6 Euro. Weitere Informationen über Robert Conrad und die Ausstellung sind im Beitrag Fotoausstellung über das Sterben der Greifswalder Altstadt in den Achtzigern zu finden.

Fakten: 09.12. | 11 Uhr | Pommersches Landesmuseum | 8 EUR (Eintritt + Führung)

(Fotos: Robert Conrad, keine CC-Lizenz)

Podiumsdiskussion zur Zukunft der Straze

Am Mittwoch findet im St. Spiritus eine Podiumsveranstaltung zur Zukunft des ehemaligen Gesellschaftshauses Zum Greif, den meisten eher als Straze bekannt, statt.

 Verfall mit Kalkül nach Ablehnung des Abrissantrags?

Das Gebäude in der Stralsunder Straße wurde im Januar 2008 an ein Berliner Immobilienunternehmen verkauft und verfällt seitdem zusehends. Das Bemühen einer in der Zwischenzeit gegründeten Bürgerinitiative, das Haus vom Neueigentümer — Douglas Fernando (Petruswerk) — zu erwerben, blieb bis heute ohne Erfolg. Das Petruswerk hat seit der nicht erteilten Abrissgenehmigung nichts für den Erhalt des Gebäudes unternommen – sein Zustand leidet entsprechend.

Straze Greifswald

(Foto: Fleischervorstadt-Blog, 05/2012)

Aus Sicht der Veranstalterinnen ist es höchste Zeit, mit allen beteiligten Akteuren eine gemeinsame Lösung zu finden, um den Verfall des Hauses aufzuhalten. Die Podiumsdiskussion soll so „verschiedene Möglichkeiten zum Erhalt des Hauses aufzeigen, den Austausch der Akteure fördern und der Beratung des weiteren Vorgehens dienen.“

Gehen Zerfall und Abriss der Greifswalder Altstadt weiter?

Der Abend wird von Ines Yitnagashaw (Architektin, Altstadtinitiative Greifswald e.V.) eingeleitet, die eine Einführung in die Geschichte des Hauses geben und aktuelle Entwicklungen und Perspektiven erläutern wird. Anschließend sollen Unterschriften Greifswalder Bürgerinnen übergeben werden, die den Erhalt des denkmalgeschützten Hauses fordern. Bei der anschließenden Diskussion sitzen neben einem Vertreter des Petruswerks folgende Personen auf dem von Thorsten Erdmann (freier Mitarbeiter NDR) moderierten Podium:

  • Prof. Dr. Horst Wernicke (Historisches Institut, Universität Greifswald)
  • Michael Bräuer (Deutsche Stiftung Denkmalschutz – Ortskuratorium Rostock, Vorsitzender der Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz)
  • Jörg Hochheim (Bausenator und 1. Stellvertreter des Oberbürgermeisters)
  • Erik von Malottki (studentischer Senator des akademischen Senats und Vorsitzender des Verwaltungsrates des Studentenwerks)
  • Thomas Schmidt (Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V.)
  • Dr.-Ing. Michael Bednorz (Direktor des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege MV)
  • Ines Yitnagashaw (Architektin, Altstadtinitiative Greifswald e.V.)

Das überwältigende Interesse an der Ausstellung Heimatkunde, die den Greifswalder Abrisswahnsinn der Achtziger Jahre dokumentiert und noch bis Ende Januar im Pommerschen Landesmuseum zu sehen ist, verdeutlichte die Anteilnahme der hiesigen Bürger am Verlust der historischen Bausubstanz ihrer Stadt.

Fernando verspielt seinen politischen Kredit

Währenddessen verspielt das Petruswerk seinen politischen Kredit in der Stadt, da der Kaufpreis für ein erworbenes Grundstück am Ryck bis heute nicht bezahlt wurde. Nach dem auch das zweite Ultimatum zahlungslos verstrich, schwindet Fernandos Unterstützung in der Greifswalder Bürgerschaft weiter. Die Podiumsdiskussion verspricht also nicht zuletzt deswegen spannend zu werden, weil ein Vertreter des Unternehmens auf dem Podium sitzen wird. Die Häuser denen, die sie brauchen!

Hintergründe über die bisherigen Immobiliengeschäfte des Petruswerks und seine Verbindungen in die Greifswalder Kommunalpolitik sind im ausführlichen Artikel Die Greifswalder Einkaufstour des Immobilienmagnaten Douglas Fernando (Fleischervorstadt-Blog, 08.02.2011) zu finden.

Fakten: 24.10. | 18 Uhr | St. Spiritus (Lange Straße 49/51)

Fotoausstellung über das Sterben der Greifswalder Altstadt in den Achtzigern

Im Pommerschen Landesmuseum wird morgen eine Ausstellung eröffnet, deren Besuch gerade für diejenigen lohnenswert ist, die sich für die bauliche Vergangenheit Greifswalds interessieren und bereit sind, in die bausubstanzielle Trostlosigkeit der 1980er Jahre einzutauchen.

„Das, was unterging, zumindest zweidimensional zu bewahren“

Heimatkunde zeigt Fotografien des in Greifswald geborenen Architekturfotografen Robert Conrad, der seine Eindrücke der flächendeckenden Gebäudeabrisse in der Hansestadt festhielt: „Es blieb mir nur, das, was dort unterging, mit dem Medium der Fotografie zumindest zweidimensional zu bewahren.“

Seine Fotografien zeigen beispielsweise die nördliche Altstadt, die Fleischervorstadt sowie die Gegenden um die Grimmer Straße und die Wolgaster Straße. Sie sind Zeugnisse einer Ära, die tiefe Wunden in der baulichen Substanz der historischen Greifswalder Altstadt hinterließ.

„Ein Gegenbild schaffen“

Conrad wollte mit seinen trostlosen Bildern „ein Gegenbild zu den gefeierten Neubauten schaffen und die Betrachter für die Vergangenheit und Individualität ihrer Stadt sensibilisieren“. Seine ablehnende Haltung gegenüber der staatlichen Baupolitik verhinderte seine Zulassung zum Wunschstudium Kunstgeschichte und Architektur mit dem Schwerpunkt Baugeschichte, das er erst nach der Wende aufnehmen konnte.

Die Ausstellung zeigt neben Verfall und Abriss auch Spuren Greifswalder Subkultur auf. So sollen neben den Baufotos auch Portraitbilder und Aufnahmen „einer Gruppe junger Greifswalder, deren trotziger Mut Mitte der 80er Jahre durch den großflächigen Zerfall ihrer Stadt katalysiert wurde“  zu sehen sein, die einen „Einblick in die alternative Szene der Bewohner der Abrisshäuser und deren damalige Aktivitäten gegen die Repressionen des DDR-Staates“ versprechen.

Robert Conrad Zerfall und Abriss

Neben den Fotografien wird außerdem der Super-8-Film Greifswald ist alle gezeigt, den Conrad zwischen 1986 und 1989 in Eigenregie drehte.

Kontextsensitives Begleitprogramm

Die Ausstellung wird von einem kurzen historischen Rückblick auf das damalige Zeitgeschehen begleitet, der auf Conrads Fotografien einstimmen soll. Darin wird versucht, die Meinung der staatstreuen Printmedien zum Thema darzustellen und die unterschiedlichen Reaktionen der Bürger Greifswalds in Vergangenheit und Gegenwart zu berücksichtigen.

Hierbei werden neben Pressefotos, Fotoserien, Zeitungs- und Zeitschriftenmaterial auch Modelle und Farbentwürfe für Fassaden zu sehen sein. Fotografien des Greifswalder Bauhistorikers und Altstadtaktivisten Torsten Rütz ergänzen die Ausstellung, die nach ihrer Eröffnung bis zum 31. Januar im Pommerschen Landesmuseum verweilen wird.

In diesem Zusammenhang sei außerdem auf eine Extraveranstaltung am kommenden Mittwoch hingewiesen. Um 12 Uhr wird der Greifswalder Museologe Mario Scarabis im Pommerschen Landesmuseum über den ausgestellten Architekturfotografen unter dem Titel Gegen das Vergessen – Der Fotograf Robert Conrad und die Altstadt von Greifswald in den 1980er Jahren referieren. Der Eintritt kostet 2,50 Euro.

Fakten: 30.09. | 11 Uhr | Pommersches Landesmuseum | frei

*Update*: Die Ausstellung wurde aufgrund des hohen Besucherzuspruchs bis zum 3. März 2013 verlängert.

(Fotos: Robert Conrad, keine CC-Lizenz)