Im Gespräch mit den Gender Bender Action Days

Am 17. Mai beginnt mit den Gender Bender Action Days (G*B*A*D) ein viertägiger Veranstaltungsmarathon mit Vorträgen, Workshops, Parties und Konzerten, der dieses Jahr in nunmehr zweiter Auflage stattfinden wird. Neun Tage sind es noch bis zur Auftakt-Party — Zeit genug, um mit den beiden Mitorganisatorinnen Piet und Charly über verbogene Rollen, Polyamorie und Selbstverteidigung zu sprechen.

gender bender

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Geschasster Chefredakteur in Sorge um die Pressefreiheit

Kaum eine Rubrik der Greifswalder Ostsee-Zeitung bietet so ungemein viel Erzählstoff wie das Uni-Eckchen Auf dem Campus. Hier erschien zum Beispiel das peinliche Plagiat über geschlechtergerechte Sprache und den Berner Leitfaden.

Droht die Ungarisierung des Studierendenparlaments?

Gestern meldete sich in ebendieser Rubrik wieder ein alter Bekannter zu Wort und witterte ungarische Verhältnisse im Greifswalder Studierendenparlament:

Grundrecht gebrochen

Was haben das Greifswalder Studierendenparlament und das ungarische Parlament gemeinsam? Beide fassten höchst umstrittene Beschlüsse zur Beschränkung der Pressefreiheit.
oz kommentar alexander müller ungarnIn Ungarn soll eine Behörde in Zukunft Sender, Zeitungen und Online-Portale kontrollieren und bestrafen dürfen. In Greifswald wurde es Studenten, welche nicht die Ausrichtung der Studierendenschaft teilen, per Parlamentsbeschluss verboten, für die studentischen Medien zu arbeiten. Demnach dürfte in Greifswalds Studentenzeitung beispielsweise kein Beitrag mehr über mögliche Vorteile von Studiengebühren erscheinen, denn das Studierendenparlament hat sich gegen solche Gebühren ausgesprochen. Auch über Sinn und Unsinn von veganischem
[sic!] Essen in der Mensa wird man wohl keinen Disputmehr in studentischen Medien der Hansestadt lesen dürfen.

Kritiker sind empört und sprechen von Zensur. Während in Budapest mehr als zehntausend Menschen gegen das neue ungarische Mediengesetz demonstrierten, blieb es in Greifswald bislang auffallend ruhig. Dabei verletzt der Beschluss der studentischen Parlamentarier eines der höchsten Güter dieses Landes: die Pressefreiheit. „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ So steht es im Grundgesetz.

In Ungarn wurde das neue Mediengesetz am 1.1.2011 wirksam und wird von Kritikerinnen als Gefahr für die Presse- und Meinungsfreiheit bewertet. Die Staatliche Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung ist jetzt mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet und kann bei Verstößen gegen die undeutlich definierten Vorschriften (z.B. Ausgewogenheit, Erfüllung der Informationspflicht), Geldstrafen von bis zu 90.000 Euro gegen Medien verhängen. Außerdem wird das Redaktionsgeheimnis stark eingeschränkt, was einer Auflösung des Informantenschutzes Bahn bricht.

Die Behörde überwacht allerdings nicht nur das öffentlich-rechtliche Angebot, sondern kann jetzt auch private Fernseh- und Rundfunksender sowie Zeitungen und Internetportale kontrollieren.

Der Campus-Autor und sein eigenes Publikationsverbot

In Greifswald ist die Einrichtung einer Stupistischen Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung hingegen nicht festzustellen – sie ist auch nicht abzusehen. Es gibt bislang nur ein einziges Publikationsverbot und mit dem wurde der Autor des zitierten OZ-Artikels belegt. Das Verbot wurde auch nicht deswegen ausgesprochen, weil der frühere Chefredakteur Alexander Müller unliebsame oder kontroverse Inhalte publizierte, sondern nachdem er im Rahmen der 24-Stunden-Vorlesung einen Referenten des AStA agressiv und homophob beleidigte.

Er trat damals von seinem Amt beim Moritz Magazin zurück, um einer öffentlichen Debatte über den Vorfall auszuweichen. Die Redaktion stellte sich gegen das beschlossene Publikationsverbot, aber nicht geschlossen hinter ihren geschassten Chefredakteur, der jetzt skurrilerweise über sich selbst zu schreiben beginnt.

Die Befugnis des StuPas, in die Moritz Medien einzugreifen, darf und sollte kontrovers debattiert werden. Die Ostsee-Zeitung hätte sich gut zu diesem Thema positionieren können, nicht zuletzt, weil sie – wie die meisten Greifswalder Medien – völlig unabhängig vom StuPa arbeitet. Schon hier gerät der vergleichsweise pietätlose Ungarnvergleich ins Wanken. Ausgerechnet aber den einzigen Betroffenen des (nicht für publizistische Arbeit ausgesprochenen) Publikationsverbotes diese Aufgabe für die Lokalzeitung übernehmen zu lassen, war leider keine glückliche Entscheidung.

Vortrag: Sexpositiver Feminismus

Im Rahmen der vom AStA organisierten Aktionstage gegen Homophobie und Sexismus findet heute Abend ein Vortrag über sexpositiven Feminismus statt, der in Kooperation mit dem IKUWO und der Hedonistischen Internationalen Sektion Greifswald (HI_HGW) veranstaltet wird.

Das Thema sexpositiver Feminismus wird kontrovers diskutiert, nicht nur aufgrund der divergierenden Einstellung gegenüber PorNo!. Viele Menschen missverstehen eine antisexistische Lebensweise als grundsätzlich lustfeindlich und asexuell. Dieser Vortrag vermag vielleicht die Schnittmenge zwischen einer Bejahung von selbstbestimmter Sexualität und Feminismus aufzuzeigen.

hedonisten asta sex feminismus

Sextoys and Cliterature

Als Referentin für den Vortrag konnte Dr. Laura Méritt, ihres Zeichens sexpositive Linguistin, Sexpertin und Lachforscherin, gewonnen werden.

laura merrit sexclusivitätenSie betreibt seit nunmehr über 20 Jahren Sexclusivitäten – eine Plattform, über die sie von ökologisch-nachhaltigem Sexspielzeug bis zu erotischer Cliterature alle möglichen Artikel aus dem Lustbereich vertreibt. Nebenher bietet sie auch sehr besondere Massagen an und ist als Sexualberaterin tätig.

Mérrit ist Initiatorin der ersten feministischen Pornofilm-Preisverleihung Europas, die es seit 2009 gibt: PorYes. Unter diesem Label sollen fortan Filme zertifiziert werden, die „feministischen Kriterien entsprechen und den Reichtum sexueller Ausdrucksweisen einbeziehen„.

Achtung: Ausschnitte von Poryes-Filmen

In ihrer Arbeit und ihrem Wirken setzt sich Mérrit besonders für die Gleichstellung aller sexuellen Identitäten und Orientierungen ein.

laura merritLust und Genuss als Teil emanzipatorischer Theorie und Praxis werden bei dieser Veranstaltung im Rampenlicht stehen. Die Entstehung und feministische Einstellung der sexpositiven Bewegung soll beleuchtet und ein Überblick über das Spektrum sexueller Orientierungen gegeben werden. In sattem Abendrot wird der Vortrag mit Beispielen sexpositiver Praxis aus den Bereichen Prostitution und feministischer Pornografie zu Ende gehen.

Um ungewollte Grenzüberschreitungen zu vermeiden, weisen die Veranstalterinnen daraufhin, dass im Rahmen der Veranstaltung Ausschnitte aus PorYes-Filmen vorgeführt werden. Alle Leute, die ihre Vorurteile überwinden wollen, sind herzlichst eingeladen. Sexisten, Menschen mit Homophobie, früh-, spät- und normalpubertierende Macker sind natürlich von der Teilnahme ausgeschlossen. Diese Ansage ist mit Gewähr!

Fakten: 11.11. | 20 Uhr | IKUWO | freier Eintritt

Meinungskampf im Netz — die Nationalen Sozialisten Greifswald

Montagabend startete die vom AStA Greifswald organisierte Aktionswoche gegen Homophobie und Sexismus mit einem Vortrag über Genderfragen in der tschechischen Literatur, gehalten vom Dekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Wöll.

„Gendermainstreaming ist krank!“

Leider wurde die Auftaktveranstaltung von einem Graffito überschattet, dass vor dem Audimax auf den Gehweg gesprüht wurde. Bis gestern Abend befanden sich die Botschaften Homosexuelle=Volkstod und Gender-Mainstream ist krank auf dem Trottoir und wurde noch nicht entfernt. Es ist nicht das erste Mal, dass Greifswalder Neonazis ein sehr gutes Gefühl für den richtigen Augenblick haben, so wurden zum Beispiel in der Nacht vor der Erstsemesterbegrüßung der Mensa-Bereich großflächig besprüht.

(Fotoausschnitt: Patrice Wangen / webMoritz)

Antifa: „Anstieg neonazistischer Aktivitäten in Greifswald“

Die Antifa Greifswald informierte unlängst in einer Pressemitteilung darüber, dass rechte Schmierereien zunähmen:

„In der Vergangenheit konnten wir Mitglieder der „Nationalen Sozialisten Greifswald“ dabei beobachten, wie sie ihre Parolen an Wände schrieben. Da diese sich mit den zahlreichen Sprühereien der vergangenen Monate im Schriftbild und der Farbe gleichen, gehen wir von denselben TäterInnen aus. Dafür spricht auch, dass immer häufiger die Internetseite der Gruppierung gesprüht wird.“ (Pressemitteilung)

Diese Beobachtung bestätigt zum Beispiel das vor etwa zwei Monaten in der Mehring-Straße beschmutzte Banner der Verkehrswacht:

Nazischmiererei: Greifswald Info

Doch was steckt hinter dieser ominösen Webseite, auf die die Neonazis immer und immer wieder hinweisen müssen?

Andere Sachen mit dem Gegnere machen (Ihr wisst schon…)

Auf der Weltnetzseite greifswald-inpo.tk werden Themen lokaler und überregionaler Relevanz verhandelt, seien es die angekündigten Flüchtlinge, die dieser Tage in Greifswald ankommen werden, die Abgrenzung von anderen hiesigen rechten Gruppen oder die von Halloween ausgehende Gefahr für die Wehrhaftigkeit eines wie auch immer beschaffenen Volkes:

Wahre Nazionalisten reden nicht mit „GAYs“ sondern machen andere Sachen mit denen (ihr wiSSt schon).

Mann wehrt sich vehement und auf flachem Niveau gegen die Negertivierung von Stärke und Stolz.

Demonstration Greifswalder Neonazis

(Foto: greifswald-inpo.tk)

Verweise auf Arndt und die Schulhof-CD der NPD

Daneben erstrahlt die Sidebar des Blogs im üblichen Bilde des Spektrums, wird über die Schulhof-CD der NPD genauso infomiert wie über den umstrittenen Namenspatron der Greifswalder Universität, Ernst Moritz Arndt. Neben einer Selbstdarstellung ist dann auch noch Platz für ein Fotoarchiv mit Graffiti und Paste-Ups.

Außerdem steht auf der Webseite ein Terminenplan bereit, um stets über aktuelle Zusammenkünfte informiert zu sein. Dort wird zum Beispiel auch auf die beiden Infostände der NPD am 10. November hingewiesen.

NPD Plakat

Verrückterweise legen die Nazis inzwischen nicht nur die Scheu vor Anglizismen ab (Gendermainstream), sondern verweisen mit den entsprechenden Buttons auch noch gleich auf das soziale Netzwerk Facebook, um dort die publizierten Inhalte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine deutsch-nationale Alternative mit vergleichbaren Nutzerinnenzahlen gibt es eben nicht.

Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob die Macher der Seite weiterhin so emsig ihre Webadresse in der Stadt verbreiten, ob sie ihre Publikationsfrequenz halten werden und welche Themen sie zukünftig verklären. Spaß macht das Lesen in diesem speziellen Fall ungemein und gäbe es ein funktionierendes RSS-Feed, ich hätte es bereits abonniert.

Hier findet man die Seite der Nationalen Sozialisten Greifswald. Das komplette Programm der Aktionswoche gegen Homophobie und Sexismus ist beim AStA zu finden.

Moritz-Chefredakteur nach homophoben Ausfällen zurückgetreten

Gestern Abend ist der Chefredakteur des studentischen Moritz Magazins, Alexander Müller, mit sofortiger Wirkung und aus „persönlichen Gründen“ (webMoritz) zurückgetreten. Erst vor zwei Wochen wurde der Student der Germanistik und Politikwissenschaft zum zweiten Mal in die Position gewählt, die er bereits ab Mai 2009 ein langes Jahr lang bekleidete. Wieso der plötzliche Rücktritt?

BÖSE WORTE STATT KÜHLES BIER

Der webMoritz tickerte unmittelbar vor dem Beginn der gestrigen StuPa-Sitzung den Rückzug des Chefredakteurs:

Eine Rücktrittserklärung ist kurz vor der StuPa-Sitzung eingegangen. Alexander Müller, der vor zwei Wochen erneut zum Chefredakteur des moritz Magazins gewählt wurde, ist mit sofortiger Wirkung aus persönlichen Gründen zurückgetreten. Heute hätte eigentlich eine Personaldebatte um ihn stattfinden sollen. Grund hierfür: Sein Verhalten bezüglich AStA-Referenten Maximilian Willmann während der 24-Stunden-Vorlesung. (webMoritz)

Das klingt einigermaßen harmlos, aber in den Kommentaren zum Ticker wurde deutlicher, was am Rande der vom AStA organisierten 24-Stunden-Vorlesung, die am vergangenen Wochenende stattfand, passiert sein soll. Dort habe Alexander Müller den Referenten für Kultur, Sport und Erstsemesterwoche, Maximilian Willmann, massiv beleidigt. Den Ausfällen vorausgegangen sei, dass dem alkoholisierten Chefredakteur weiteres Bier verweigert worden wäre.

(Foto: Moritz Medien)

„DU CREMST DIR DOCH DIE STIRN EIN“

Über Twitter und in den Kommentaren des webMoritz wurden seit gestern von verschiedenen Nutzern Beleidigungen wie „Homofürst„, „Schwuchtel„, „Arschlecker“ oder „Du cremst dir doch die Stirn ein“ zitiert, die Müller an den homosexuellen Referenten adressiert haben soll.

Um einer Personaldebatte im Studierendenparlament zu entgehen, hat der Chefredakteur nun die Flucht nach vorn angetreten und sich selbst seines Amtes entledigt. Der webMoritz umschifft das Thema so gut es geht, editiert entsprechende Kommentare und ist vielleicht auch ein bisschen froh darüber, wie alle anderen Gäste der gestrigen StuPa-Sitzung von der Aussprache zur 24-Stunden-Vorlesung ausgeschlossen worden zu sein.

Denn so erspart man sich eine allzu deutliche Positionierung, wird die zuweilen an Corpsgeist grenzende Loyalität innerhalb der Moritz-Gemeinde nicht ernsthaft gefährdet. Jetzt bleibt normalerweise nur noch, auf eine Pressemitteilung des AStA zu warten, in der man die ‚Empörung‘ und ‚Erschütterung‘ über den Vorfall kommuniziert. Und das war es dann dazu.

MÜLLER MUSS SICH ÖFFENTLICH ENTSCHULDIGEN

Dabei wäre der ambitionierte Jungjournalist, dem es sicher an vielem, aber gewiss nicht an Selbstbewusstsein mangelt, gut damit beraten, sich öffentlich für die homophoben Beschimpfungen zu entschuldigen und sich nicht auf diese Weise aus der Verantwortung zu stehlen. Als ehemaliger Chefredakteur sollte er doch beste Verbindungen in die eigene Redaktion haben, um einer derartigen und vor allem gedruckten Entschuldigung die angemessene Öffentlichkeit zu verleihen. Das wäre Rückgrat!

Vielleicht liegt der Hund aber auch an anderer Stelle begraben und Alexander Müller bereut nicht die geäußerten Beleidigungen und deren zugrundeliegende Denkmuster, sondern allenfalls die Konsequenzen, die seine bierselige Unbeherrschtheit schlussendlich hervorriefen. Dabei hätte er es besser wissen können, denn nur eine Wand trennt die Redaktionsräume des Printmagazins von denen der Fernsehverantwortlichen, die gestern gleich drei kurze Clips zu Homophobie und Sexismus veröffentlichten:

CORPS MORITZ SCHWEIGT, SCHMOLLT ODER DREHT KURZFILME FÜR DEN ASTA

Der Printmoritz ist also wieder auf der Suche nach einer vollständigen Chefredaktion, denn ohne Müller dürfte die Arbeit nicht weniger werden, entsprechende Verärgerung wird sich dort ob der gewachsenen Belastungen breitmachen. Die Online-Kolleginnen haben sich bislang mit deutlichen Positionierungen zurückgehalten und sind vermutlich durch die beschriebenen Loyalitäten wenig beweglich.

Moritz TV dreht antihomophobe Kurzfilme und leistet damit erste Beiträge zu den vom AStA organisierten Aktionstagen gegen Homophobie und Sexismus, dessen schwuler Referent Willmann wiederum vom Moritz-Chefredakteur homophob verunglimpflicht wurde. So arbeiten sich alle aneinander ab.

Greifswald ist in MV Hauptstadt der „Kreativen Klasse“

Die Ostsee-Zeitung ließ heute einmal wieder eine dpa-Durchhalteparole im Netz verlauten, die sicher auch Eingang in die morgige Printausgabe finden wird. Der abschwungs- und wirtschaftskrisengebeutelten Seele ist es Balsam – wir sind jetzt nämlich nicht nur Fahrradhauptstadt sondern außerdem die kreativste (kreisfreie) Stadt Mecklenburg-Vorpommerns!

Greifswald kreativste Stadt in MV

Gewonnen hat diese bahnbrechende Erkenntnis das rheinländische Beratungsunternehmen agiplan. Genau genommen wird die Stadt Greifswald weder in der Pressemitteilung des Unternehmens noch in der veröffentlichten Studie auch nur erwähnt. Kein Wunder, denn unter die besten Zwanzig kam die Hansestadt in keiner der durch die drei Indizes Technologie, Talente und Toleranz bestimmten Disziplinen.

Aufbauend auf den Arbeiten des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Richard Florida sind demnach die wesentlichen Elemente der Wettbewerbsfähigkeit einer Region Technologiekompetenz und die Ausstattung mit Talenten, aber „erst ein tolerantes Milieu, das dem Einzelnen ermöglicht, seine Individualität mitunter abseits des Mainstreams auszuleben, sowie ein internationales Flair, führen dazu, dass eine Stadt ein urbanes Klima entwickelt, das kreative Menschen anzieht.“

Ein lebendiger Eindruck dieser toleranten Atmosphäre ist wahlweise und in regelmäßigen Abständen in den Leserbriefen der Lokalzeitung und in den Pressemitteilungen der Greifswalder CDU-Fraktion erhaschbar.

(Bild: Shutterstock)

Wir alle sind Kreative, irgendwie

Die von Florida sogenannte Kreative Klasse umfasst dabei nicht allein die kultur- und kreativwirtschaftlichen Erwerbstätigen, sondern alle kreativen Tätigkeiten im weitesten Sinn, also zum Beispiel auch Zahn- und Vermessungstechniker, Krankenversicherungsfachleute, Unternehmensberater, Rechtsvollstrecker, Polizeibedienstete, Krankengymnasten und Diätassistenten. Langsam wird die Schwemme der Kreativen nachvollziehbar.

Technologie und Talente ausblendend, soll an dieser Stelle insbesondere auf den Toleranz-Index etwas ausführlicher eingegangen werden. Er setzt sich gleichgewichtet aus dem – mit Daten der Künstlersozialkasse errechneten –  Bohemian-Index (KSKler/Erwerbstätige) und einem Integrationsindex, welcher aus dem Ausländeranteil der Bevölkerung und den Wahlerfolgen rechtsextremer Parteien bei der Europawahl 2009 abgeleitet wurde, zusammen.

In den kreisfreien Städten wurde der Toleranzindex unter Einbezug eines Gay Index erneut berechnet. Dieser fließt zwar gleichberechtigt in die Rechnung ein, hat aber jenseits der geographischen Verteilung männlicher Homosexueller, die im sozialen Netzwerk GayRomeo angemeldet sind, keinerlei Aussagekraft.

Homohölle statt Gay-Community

All die Dinge, die nach Ansicht Floridas die Kreative Klasse zum Herzug beziehungsweise zum Hierbleiben bewegen könnten, sind in Greifswald mehr recht als schlecht – und dabei doch eher verkümmert als kümmerlich –  ausgebildet. Die Kreativen wählen laut Florida ihren Wohnort: „Greifswald ist in MV Hauptstadt der „Kreativen Klasse““ weiterlesen