Anne Klatt verlässt die Bürgerschaft

Keine Greifswalder Partei kommuniziert so emsig im Netz  wie die Grünen. Umso betrüblicher war heute die Überraschung, als ausgerechnet zuerst die Ostsee-Zeitung von einer personellen Veränderung in der  grünen Bürgerschaftsfraktion berichtete. Auf dem Blog der sonst so aktiven Gruppe ist bis jetzt noch nichts über den Wechsel vermeldet worden.

Anne Klatt, die bei der vorletzten StuPa-Wahl wie Phoenix aus der Asche emporschoss, dort die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte und sich anschließend in der Kommunalpolitik engagieren wollte, hat aus „persönlichen Gründen“ ihr Bürgerschaftsmandat abgegeben. Ihre Nachfolge wird die Grüne Ulrike Berger antreten. Bäumchen wechsle dich jetzt also auch im Greifswalder Rathaus.

Anne Klatts Rückzug dürfte insbesondere jene enttäuschen, die sich durch die Wahl der gebürtigen Wernigeroderin eine Repräsentation studentischer Interessen im Rathaus versprochen haben.

OZ-Lokalchef Amler faucht zurück

So kann es gehen. Erst gestern früh wurde auf dem Blog der Grünen gegen die Berichterstattung der Lokalausgabe der Ostsee Zeitung gestichelt, denn die Montag früh veröffentlichten Wahlergebnisse der Kommunalwahl waren ein Zwischen-, kein Endergebnis.

Dr. Ulrich Rose (Die Grünen)  monierte in seinem Beitrag (zurecht), dass die journalistische Arbeit eher irritierend und manipulierend, statt informierend ausfiel.

Heute wird aus der Lokalredaktion zurückgeschossen. Wer hätte soviel Einsatz erwartet? Chefredakteur Reinhard Amler bekennt in meinem persönlichen Lieblingsteil der OZ, dass er gestern „…bei den Greifswalder Grünen ins Internet ging…“. Amüsant ist weniger die sprachliche Eleganz, die der Chefredakteur vermissen lässt, sondern vielmehr die Vehemenz, mit welcher hier die Grünen zeitungsöffentlich angeklagt werden. Zugegeben, der Ton auf dem Grünen-Blog ist rau, die Autoren scheinen die Machbarkeit einer Gegenöffentlichkeit zu genießen, aber unter „Hetztiraden“ gegen die OZ und die CDU stelle ich mir etwas anderes vor.

Zumindest beweist die heutige Ansprache an die Leserinnen und Leser unserer Lokalzeitung, dass Amler besagten Blog liest, wenn er „bei den Grünen ins Internet geht“. Ob es im Antiquariat Rose ein offenes WLAN gibt? Ich bin ja gespannt, wie Herr Amler das sonst angestellt hätte.

Ergebnisse der Kommunalwahl

Gestern wurde die Bürgerschaft für die nächste Legislaturperiode gewählt. Das Ergebnis ist mehr oder minder düster, aber das ist ja auch immer eine Sache der Perspektive.

Trotz Dauerquerelen und Skandalen konnte die CDU die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen (30,9%, 13 Sitze). Zweitstärkste Partei ist wie auch in der Vergangenheit DIE LINKE (22,3%, 10 Sitze). Die FDP (8,6%, 4 Sitze), die GRÜNEN (10,7%, 5 Sitze) und die Bürgerliste (10,1%, 4 Sitze) konnten im Vergleich zur letzten Wahl mehr Stimmen für sich gewinnen.

Die großen Wahlverlierer sind die (dennoch erfolgreiche) CDU und die SPD, die 6,0, bzw. 5,5 Prozentpunkte hinter ihren Ergebnissen der letzten Wahl lagen.

Eine gute Nachricht für alle Fleischervorstädter ist auf jeden Fall, dass hier im Wahlbezirk 5 (Innenstadt/Fleischervorstadt) die CDU nicht stärkste Partei geworden ist, sondern die GRÜNEN mit sensationellen, an Stuttgart erinnernden 24,2%!

Auch in anderen Wahlbezirken konnte die Dominanz der CDU gebrochen werden, zum Beispiel in einem Wahlbezirk in Schönwalde I, im Ostseeviertel und im Wahlbezirk Insel Riems/Koos, wo die SPD mit 34% siegte.

Die miserable Wahlbeteiligung von 39,8% bedeutet für die Bürgerschaft ein Legitimiationsproblem. Die üblichen Gründe der Wahlverweigerer dürften durch das regnerische Wetter und den ungünstigen Zeitpunkt der Projektwoche verstärkt worden sein. Vielleicht hätten die GRÜNEN sonst besser abgeschnitten, da sich ihre Wählerklientel zu einem bedeutenden Teil aus der Studierendenschaft rekrutiert.

Bedauerlich ist auch, dass Einzelkandidat Heiko Lange knapp an einem Bürgerschaftssitz vorbeigerauscht ist. Bis 21.30 Uhr sah es für ihn noch ganz gut aus. Bemerkenswert an seiner Kandidatur war der ausnahmeslose Verzicht auf jegliche Art von Wahlwerbung: keine Interviews, keine Flyer, keine Plakate, keine PR-Aktionen (Stichwort: Freiwillige Feuerwehr), keine OZ-Anzeigen.

Ich hoffe, dass die GRÜNEN ihren Blog nach der Wahl weiterführen und damit für einen etwas transparentere Bürgerschaft sorgen werden. Die genauen, nach Wahlkreisen sortierten Ergebnisse findet ih im Ratsinfosystem der Stadt.

Eine detaillierte Auflistung aller neuen Mitglieder der Bürgerschaft wurde gerade vom Kandidaten Heiko Lange verlinkt; das pdf-Dokument ist hier zu finden.

Heute kommt die Kanzlerin *update*

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) besucht heute Greifswald und gewährt der hiesigen CDU-Garde prominente Unterstützung; die ist für den black bloc auch wichtiger denn je. In den vergangenen Wochen häuften sich für die Konservativen die Ungereimtheiten und Krisen, zum Beispiel in Gestalt eines neuen Spendenskandals oder in der Konfrontation mit der Freiwilligen Feuerwehr. Nun kommt Frau Merkel und alles soll vergessen werden. Man darf gepannt sein, wer sich noch alles um 15 Uhr auf dem Markt einfindet. Aktionistische Besucherinnen seien an dieser Stelle vor den Polizeikontrollen gewarnt.

Die Veranstaltung war dann an und für sich eher unspektakulär. Das Kinderfest entpuppte sich als Hüpfburg und ein Heer von Personenschützern und Polizisten trübte die Stimmung. Merkwürdig, dass wenige Politiker immer derartig martialisch beschützt werden müssen, das Wort Bürgernähe kriegt da einen ganz anderen Klang. Merkels Rede war auf die Zuhörer in Greifswald zugeschnitten: ein bisschen Maritimität (Werften und Fischfang), ein bisschen Tourismus, ein wenig DDR und einige Seitenhiebe an die anderen Parteien. Wirkliche Ideen wurden nicht geboten. Danke nochmal für die Bekundung, die Tourismusregion MV durch PR-Aktionen anzustoßen und bekanntzumachen. Ich persönlich schlage vor, diese Millionen zu sparen und dafür auf das Steinkohlekraftwerk zu verzichten. Denn der Schaden durch das Kraftwerk, den die hiesige Tourismusindustrie erleiden wird,  dieser Schaden lässt sich nicht mit einer Anzeige in einer bundesweit erscheinenden Zeitung beheben.

A propos Kraftwerk: Der CDU-Wahlzeitung ist zu entnehmen, wie sehr sich die Steinkohlekraftwerksbefürworter für die Umwelt in Greifswald einsetzen wollen:

4. Umweltstadt Greifswald weiter ausbauen! Sparsamer Umgang mit unseren Ressourcen spart das Geld aller Bürger und sichert die Zukunft der nächsten Generationen. Neben der notwendigen Straßensanierung und dem Bau weiterer Kreisverkehre ist uns der Ausbau von Radwegen sehr wichtig. Solardach-Initiativen werden wir ebenfalls fördern. Wir lehnen die Zweitwohnsitzsteuer für Kleingärtner ab, um den Erhalt ihrer „Grünen Oasen” zu unterstützen.

Nicht gerade überzeugend, wie die CDU plötzlich auf Umweltschutz macht!

Neue Ungereimtheiten bei der CDU

Wie die Ostsee Zeitung heute meldete, gibt es neuerliche Ungereimtheiten im Finanzgebaren der CDU Greifswald. Das frühere Parteimitglied Nobert Kühl – inzwischen kandidiert er für die Freien Wähler in Ostvorpommern – offenbarte dem Lokalblatt, dass bei der Oberbürgermeisterwahl 2001 schwarze Kassen eingerichtet worden wären.

egbert liskow cdu

Er selbst wurde von CDU-Kreisgeschäftsführer Dirk Bauer angewiesen, eine Spende über 2500 Mark direkt an die Werbegrafikerin Katrin Rexin, die wiederum in Liskows Wahlkreisbüro angestellt ist,  zu zahlen. Laut Kühl erfolgte die Zahlung ohne Gegenleistung. Auf diesem Weg musste die Zahlung nicht als Spende verbucht werden, obwohl sie als solche eingesetzt wurde. Liskow räumt dagegen die Zahlung von 1000 Mark an Frau Rexin ein, diese seien aber nicht für die CDU bestimmt gewesen.

Norbert Kühls plötzliche Offenheit ist dabei sicherlich nicht Ergebnis einer Läuterung, sondern ganz bestimmt politisch intendiert. Der mögliche Skandal kommt drei Wochen vor der Kommunalwahl und die Chancen der Freien Wähler sind wohl eher dürftig. Allein, es ist erstaunlich, dass die Ostsee Zeitung dieses Thema diesmal nicht ausschwieg.

Für kritische Fragen steht vielleicht auch Liskows Filius Franz-Robert,  der ebenfalls zur Kommunalwahl antreten wird, zur Verfügung. Der ambitionierte Jungpolitiker, der mit Herz und Verstand für Greifswald kandidiert, wirkt nicht besonders kultiviert. Auch wenn social communities wie StudiVZ nicht unbedingt taugen, einen guten Eindruck zu gewinnen, so ist Franz-JosefRobert doch dort voll auf Wahlkampf geeicht (sein hier dargestelltes Profilbild beweist das).

Ob jemand kulturfernes mit den Interessen Tennis, JU, mein Audi, Bier trinken und Frauen und einem Musikgeschmack zwischen Schlager, Onkelz und Techno unbedingt Interessenvertreter werden muss, darf angezweifelt werden. Vielleicht hätte er – statt mit Herz und Verstand – mit einem Gruppen-Slogan werben sollen: „Aus-Prinzip-mit-dem-Auto-zur-Uni“-Fahrer, denn ich hab’s ja!

Jedenfalls findet heute Abend um 20 Uhr eine Podiumsdiskussion zur Wahl im St.Spiritus statt, auf der neben Liskow junior auch Klaus Stampa (SPD), Anja Reuhl (Bündnis 90/Die Grünen), David Wulff (FDP), Dr. Gerhard Bartels (Die Linke) und Ludwig Spring (Bürgerliste Greifswald) zugegen sein werden.

Die Grünen Greifswald fordern ihrerseits bereits auf ihrem Blog den politischen Rücktritt von Egbert Liskow und Arthur König. Schlussendlich frage ich mich, wie die führenden CDU-Politiker Greifswalds für sich die Durchsetzung von Ordnung, Ruhe und Sicherheit legitimieren können, wenn mit derartigen Tricks und Raffinessen gearbeitet wird.

Boxen und Ringen ist Bürgerengagement

Seit einigen Jahren ist es in Greifswald leider üblich geworden, dem bedeutungsschwangeren 1.Mai eine entpolitisierte Zone entgegenzusetzen.

 Zugegeben, die gewerkschaftlichen Veranstaltungen am Tag der Arbeit sind in der Regel nicht gerade funky, aber durch die Automeile am Helmshäger Berg wird das Heer der Arbeiter (die OZ schrieb von mehreren Tausend) mit billiger Unterhaltung von den normativen Wurzeln dieses Datums weggeführt und stattdessen mit schlechter Musik und verbranntem Fleisch geblendet. Volksmusik statt Arbeitskampf!

Beim Stichwort Kampf muss ich unweigerlich an die jüngste Pressemitteilung der lokalen CDU denken, die in freudiger Erwartung informierte, „auf dem Greifswalder Automeilenfest am 1. Mai in der Zeit von 11 Uhr bis ca. 15 Uhr Grillschwein vom Spieß verkaufen“ zu wollen.

„Mit den Einnahmen aus dem Verkauf des Grillschweins möchte die CDU wie schon in den vergangenen Jahren das Bürgerengagement in Greifswald unterstützen. So geht der gesamte Erlös in diesem Jahr zu gleichen Teilen an die Ringer und an den Boxverein in der Universitäts- und Hansestadt.“

Boxen und Ringen sind also -den Vorstellungen unserer kommunalpolitischen Strippenzieher nach-  bürgerliches Engagement. Ich möchte auf gar keinen Fall diese Sportarten in Abrede stellen, aber hätte man nicht einen bürgerengagierteren Zweck finden können?

Wie wunderbar, dass ich manche Skurrilität verwahrt habe und sie an dieser Stelle noch nachreichen darf. Es handelt sich hierbei um einen Artikel über den letzten Präventionstag. Ich werde nicht müde, mich negativ über dieses Spektakel zu äußern. Beim damaligen Lesen des Artikels fiel mir sofort die unpassende Kombination aus Bild und Überschrift auf. Irgendwie muss ich jetzt wieder daran denken, wo doch die CDU am 1.Mai einen Schweine-Benefiz für die Faustsportler macht.

Für weitere Überlegungen zum kulturellen Niveau der von den Stadtwerken Greifswald geförderten Veranstaltung am Helmshäger Berg (die damit alle Schwimmerinnen und Stromnutzer auf Mikroebene mittragen) möchte ich die Rezeption des folgenden Videos nahelegen. Aber vorsicht, nicht nur die Bilddrehung bereitet Schmerzen.

(Bilder: CDU Greifswald und OZ)