München, Rostock, Wolgast? Das Problem heißt auch Kontinuität!

Am Montag verbot der Landkreis Vorpommern-Greifswald die für Freitag von der NPD angemeldete Demonstration in Wolgast. Die Neonazis planen, am 9. November mit Fackeln vor dem neuen Flüchtlingsheim aufzumarschieren. Der Landkreis begründete das Verbot damit, dass der Aufzug nicht im Einklang mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünde. Bezogen auf die Geschichte des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung sei gerade dieser Tag ein besonderer Gedenkanlass.

„AM 9.11. KANN JEDER NATIONALIST DER SCHÖNEN STADT WOLGAST EINEN BESUCH ABSTATTEN“

Die NPD reagierte erzürnt auf das Verbot und kündigte juristische Schritte dagegen an. Ungeachtet der Verfügung rief sie ihre Anhänger weiterhin dazu auf, am Freitagabend nach Wolgast zu fahren: „Verbot oder nicht, am 09.11 kann auch jeder Nationalist gerne einmal der schönen Stadt Wolgast einen privaten Besuch abstatten“, fordert der Landesverband seine Anhänger auf und droht damit implizit, das Demonstrationsverbot zu unterlaufen.

npd wolgast fackelmarsch(NPD-Aufruf)

In einer Pressemitteilung zitiert der NPD-Landesverband das Bundesverwaltungsgericht, das feststellte, dass eine Demonstration auch am 9. November nur dann verboten werden könne, „wenn Rechtsextremisten einen Aufzug an einem speziell der Erinnerung an das Unrecht des Nationalsozialismus und den Holocaust dienenden Feiertag so durchführen, daß von seiner Art und Weise Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürger und Bürgerinnen erheblich beeinträchtigen.“

Es besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass ein Fackelmarsch im Abendlicht vor das Flüchtlingsheim das „sittliche Empfinden“ vieler Bürgerinnen ganz massiv stören wird. Die pogromhaften Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen, als ein rassistischer Mob aus Neonazis und zornigen Anwohnenden tagelang das Sonnenblumenhaus belagerte und für die schlimmsten fremdenfeindlichen Übergriffe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verantwortlich war, liegen nur wenig mehr als 20 Jahre zurück. Wer lebt schon gerne in Pogromien?

„ES MUSS ENDLICH WAS GESCHEHEN, UND ZWAR BALD!“

Eine der Schlüsselpersonen von Rostock-Lichtenhagen, Michael Andrejewski, sitzt heute für die NPD im Landesparlament Mecklenburg-Vorpommerns sowie im Kreistag Vorpommern-Greifswald.

andrejewski endstation rechtsDer Jurist verantwortete 1992 ein Flugblatt, das im Vorfeld der pogromhaften Ausschreitungen nach eigener Angabe in einer Auflage von 100.000 Stück erschienen ist und massenhaft in und um Rostock-Lichtenhagen verteilt wurde. Darin riefen er und seine Mitstreiter unter dem Titel „Rostock bleibt deutsch“ zum „Widerstand gegen die Ausländerflut“ auf, um „Wohnungen, Arbeitsplätze und Steuergelder“ zu schützen — der geistigen Brandstiftung folgten entsetzliche Tage und Nächte.

Zwanzig Jahre später hat sich an den inhaltlichen Aussagen der Neonazis wenig verändert. Ende September verteilten NPD-Mitglieder in Wolgast Flugblätter, in denen behauptet wird, dass die Stadtverwaltung den im „Luxus-Asylantenheim“ untergebrachten „Armutsflüchtlingen“ jeden Wunsch von den Augen ablese und dass ihre Unterkünfte im Gegensatz zu den Wohnungen der zwangsumgesiedelten Wolgaster Bevölkerung neu saniert wurden. Den Flüchtlingen wird Asylmissbrauch unterstellt und „den Politikern“ angekündigt, dass „das Volk diese Mißstände nicht länger dulden will“.

Der Aufruf endet mit einem Satz, der — zumindest im Rückblick auf das  Lichtenhagener Ergebnis einer ebenfalls ausländerfeindlichen Kampagne — durchaus als Drohung verstanden werden kann: „Es muß etwas geschehen, und zwar bald!“

(Michael Andrejewski,  Foto: Endstation Rechts, 2009)

IDENTIFIZIERT SICH DIE DEMO MIT RITEN UND SYMBOLEN DES 3. REICHES?

Soviel zur Störung der sittlichen Empfindungen; das Sicherheitsbedürfnis der Flüchtlinge, die neben positiven Erlebnissen mit der Wolgaster Bevölkerung auch von rassistischen Diskriminierungen berichten können, bleibt weiterhin ausgeblendet. Der ausländerfeindlichen Parole, die Nachts an das Haus gesprüht wurde, folgte ein Feuerwerkskörper, der auf das Heim geworfen wurde. Verletzt wurde bislang glücklicherweise niemand. „München, Rostock, Wolgast? Das Problem heißt auch Kontinuität!“ weiterlesen

Als am Greifswalder Museumshafen noch ein klassizistisches Stadttor stand

Im mittelalterlichen Greifswald gab es mehrere Stadttore, von denen nur eines das 20. Jahrhundert erleben durfte. Die vier großen von ihnen, das Fleischertor, das Mühlentor, das Fettentor sowie das Steinbecker Tor, prägen die Namen einzelner Stadtteile  bis heute. Sie wurden alle im Laufe des 19. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit, Platzmangel oder Baustoffbedarf abgerissen.

1833 wurde das Steinbecker Tor in klassizistischem Stil erneut erbaut, nachdem es 1817 und 1820 in zwei Schritten abgetragen wurde. Der Koloss überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet, wurde dann aber 1951 aus Gründen des zunehmenden Straßenverkehrs abgerissen. Wer heute am Museumshafen steht, wird sich vermutlich nur schwer vorstellen können, dass es einmal ein Bauwerk dieser Art in Greifswald gab.

Mehr zum Thema:

Arndt revisited. Über Urgreifswalder, Bauernbefreier und Kulturbolschewisten.

Ein Gastbeitrag von Laure-Anne Weinberg

Vor kurzem hat das Sommersemester begonnen und die Universitätsstadt Greifswald füllt sich langsam wieder mit Leben und jungen Studierenden. Gefüllt mit Erwartungen und neuen Eindrücken, erkunden die Neuankömmlinge ihre Hochschule und ihren Studienort. Nichts ahnen sie von der kräftezehrenden Debatte, die vor fast genau zwei Jahren ein unrühmliches Ende nahm, nachdem sie zuvor die Studierendenschaft bewegte, entzweite und entnervte.

„DAS ERGEBNIS DER DEMOKRATISCHEN ABSTIMMUNG MUSS NUN AKZEPTIERT WERDEN“

Denn der Streit um den Namenspatron der hiesigen Universität Ernst Moritz Arndt und das rational nicht zu erklärende Festhalten der Hochschulleitung am rassistischen Namensgeber, haben zwar Spuren in der Medienlandschaft hinterlassen und Einzug in Fachliteratur gehalten — nur an der Universität in Greifswald selbst ist man weit davon entfernt, sich weiterhin mit diesem unliebsamen und beschämenden Thema auseinanderzusetzen.

Wieso auch, schließt doch der Senatsbeschluss zur Beibehaltung des Namens Ernst-Moritz-Arndt-Universität mit dem beinahe schon patzigen Satz „Dem Senatsvorsitz ist bewusst, dass die Beibehaltung des Namens in der Öffentlichkeit umstritten sein wird. Das Ergebnis der demokratischen Abstimmung muss nun jedoch akzeptiert werden.“

Dass Demokratie von der beständigen Auseinandersetzung, von Meinungspluralismus, Reflektion und Kritik lebt, scheint sich hier noch nicht rumgesprochen zu haben. Die Diskussion um Arndt und die Art, wie sie geführt wurde, brachte Hochschule und Stadt sogar einen Eintrag in die Deutschen Zustände (Folge 9) ein — jenes Buch, das Jahr für Jahr Demokratiefeindlichkeit wissenschaftlich ergründet. Doch damit nicht genug der hochnotpeinlichen Preise, die man für diesen Namenszusatz zahlen muss.

DIE UNIVERSITÄT UND DER NATIONALSOZIALISTISCHE UNTERGRUND

Die Alma Mater Gryphiswaldensis begibt sich mit ihrem Klammern an Arndt und seinem Vermächtnis in denkbar schlechte Gesellschaft. So berief sich der sogenannte Thüringer Heimatschutz, aus dem sich bekanntlich die Mördergruppe des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) rekrutierte, ebenfalls auf Ernst Moritz Arndt und sein Vaterlandslied.

Die ersten Verse des nationalistischen Gedichtes, das sich in erster Linie durch einen propagandistischen und nahezu blutrünstigen Sprachduktus auszeichnet, sind dabei nicht selten als Fronttransparent vor Demonstrationszügen der selbsternannten Heimatschützer und Neonazis hergetragen worden.

Befragt man Wikipedia zum Vaterlandslied von Arndt, bekommt man die Information, dass das Lied besondere offizielle Pflege im ersten Weltkrieg und zu Zeiten des Nationalsozialismus erfuhr. Ein verirrter Dichter, dessen Werk besonders von jenen beklatscht wurde, die Todesfabriken bauen ließen und Weltkriege entfachten, taugt im einundzwanzigsten Jahrhundert noch als Leitfigur einer Hochschule?

EINE FRAGE DER DEUTUNGSHOHEIT 

Längst ist die entscheidende Frage geworden, wer die Deutungshoheit über Arndt und seine Hinterlassenschaften besitzt.

Betrachtet man die Umstände der Namensverleihung und wirft einen Seitenblick auf die erwähnten Fronttransparente des Thüringer Heimatschutzes oder bemerkt, dass die Greifswalder Neonazis Arndts Konterfei auf ihrer Internetseite zum Markenzeichen politischer Verirrung erhoben haben, wird klar: am leichtesten fällt die Wiedererkennung in Arndt jenen, die rassistischen Wahn, Völkerhass und Antisemitismus als politische Notwendigkeit ansehen.

(Titelgrafik Nationale Sozialisten Greifswald)

Eine offensive und kritische Auseinandersetzung mit dem Nazi-Idol Arndt und seinen Schriften wäre bei der getroffenen Senats-Entscheidung absolut notwendig gewesen und von einer Universität als Hort der Wissenschaft auch irgendwie zu erwarten, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Hochschule ging vielmehr verschämt aus der Debatte und verharrt in dieser geduckten Haltung, die sie gegenüber einigen besonders laut jaulenden grauen Wölfen eingenommen hat — bis heute. Dabei hätte die Universitäts- und Hansestadt, der „Leuchtturm der Region“ (CDU), noch einiges an Strahlkraft gewinnen können.

Eine Hochschule, die sich nach fast 80 Jahren von ihrem rassistischen und judenfeindlichen Namenspatron löst, den ihr die Nazis 1933 aufgezwungen haben, das hätte mit Sicherheit viel positives Echo gegeben, zumal doch die hiesige Region schon lange als Hochburg der Rechtsextremen gilt.

ES GING NIE NUR UM ARNDT

Tatsächlich lässt sich jedoch die These aufstellen, dass es in all den Debatten der letzten 20 Jahre nie nur um Arndt ging. Es ging nie wirklich darum, ob Arndts Werk tauglich ist, identitätsstiftend für junge Menschen in der akademischen Ausbildung zu wirken. Natürlich taugt es dazu nicht, diese Frage wurde schon früh relativ schnell beantwortet. Es ging in erster Linie auch immer darum, progressiven Entwicklungen Einhalt zu gebieten, den Jungen, den vermeintlich Fremden, den imaginierten Linken den Kampf anzusagen.

Die Art und Weise wie Sebastian Jabbusch, Initiator von Uni ohne Arndt, in der Debatte vor zwei Jahren an den medial-öffentlichen Pranger gestellt wurde, war unwürdig und demaskierend zugleich. Plötzlich wurde die Ebene der sachlichen Argumentation, die so oft von der Uni-ohne-Arndt-Gruppe eingefordert wurde, mit Leichtigkeit verlassen. Plötzlich ging es nicht mehr um Ernst Moritz Arndt, den angeblichen Bauernbefreier und Kampflieddichter, plötzlich ging es um Sebastian Jabbusch, den angeblichen Ausschläfer und Langzeitstudenten.

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nordoststreifen: „Europa“

Die Filmvorführungsreihe nordoststreifen verdient sich schon seit längerem Lorbeeren für ihr ausgesuchtes Programm. Wurde  während des Polenmarktes der Fokus auf das östliche Nachbarland gelegt, so ist es wenig verwunderlich, dass dieser Tage der Blick gen Norden gewandt wird.
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Dänemark ist nicht erst seit der Dogma-Gruppe Brutstätte großer Filmkunst und einer der wohl wichtigsten Regisseure dieses Landes ist zweifelsohne Lars von Trier (u.a. Hospital der Geister, Breaking the Waves, Idioten, Dancer in the Dark, Dogville, Manderlay, Antichrist). Im Rahmen des Nordischen Klangs 2011 wird heute im Pommerschen Landesmuseum von Triers Film Europa (DK/S/F/D/CH, 1991) gezeigt – eine cineastische Zitatmaschine in vorwiegend Schwarzweiß, die mit Mehrfachbelichtungen und Rückprojektionen zu einer experimentellen Bildschichtung wurde.

europa von trier (Foto: kino-zeit.de)

In Europa wird die Geschichte des deutschstämmigen Amerikaners Leopold Kessler (Jean-Marc Barr) erzählt, der kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland zurückkehrt und als Schlafwagenschaffner zu arbeiten beginnt.

„Fortan ist er einem merkwürdigen System absurder Vorschriften unterworfen, das inmitten des Chaos die in Deutschland ach so heilige Disziplin und Ordnung wieder herstellen soll. Auf seinen Fahrten quer durch das zerstörte Deutschland lernt er Katharina Hartmann (Barbara Sukowa), die Tochter des Besitzers von Zentropa, der während des Krieges die Waggons für den Transport von Juden in die KZs bereit stellte, und der nun so weitermacht, als sei nichts geschehen, kennen.

Natürlich verliebt sich Leopold in Katharina und natürlich wird seine Liebe schamlos ausgenutzt, denn die Untergrundorganisation der Nazis, die Werwölfe, sind immer noch aktiv, und der nichts ahnende Schlafwagenschaffner aus Amerika ist fester Bestandteil ihrer dunklen Pläne und Machenschaften – ein Opfer, das zum Täter wird.“ (kino-zeit.de)

Bei der International Movie Database (imdb) wird der Film mit 7,7 bewertet, einen englischsprachigen Trailer gibt es außerdem:

http://www.youtube.com/watch?v=rvnlawgfAY4

Fakten: 12.05. | 21 Uhr | Pommersches Landesmuseum | 3 EUR

Hedonistischer Doppelspuk zum Tag der Befreiung

Die Hedonistische Internationale Sektion Greifswald ist wieder unterwegs und lädt dazu ein, gemeinsam in den Tag der Befreiung zu tanzen. Hierfür wird zum inzwischen wiederholten Mal die schmissige Parole Wer nicht feiert, hat verloren! herausgekramt und mit einer Soliparty für den zweiten Hedonistischen Weltkongress – den gibt es wirklich – und die Greifswalder Sektion der HI gelockt.

Für die Hedonistinnen ist die deutsche Kapitualtion der schönste Anlass, einen Jahrestag in diesem Land zu feiern. Sie schwören auf die befreiende Wirkung einer „Nacht voller Lustgewinn durch tanzende Glückseligkeit“.

„Den Abend eröffnet der hedonistische Techno-Romantiker und Musikweltverbesserer Npln Sajonz. Danach geleitet in den Tag der Befreiung ein Liveset vom Helden des technoiden Souls, Steffen Kirchhoff. Seine innovative Interpretation von Deep House wird nicht nur an diesem Abend Herzen und Tanzbeine gewinnen, sondern vermutlich wird auch seine bald erscheinende Split-EP einschlagen wie eine Bombe. Durch die Nacht führen die Befreier des deepen Grooves Oskar Offermann und Edward vom Berliner WHITE-Label. Das charismatische DJ Team ist bekannt für ausdauernde ohrgasmische House-Sessions, die Raum und Zeit vergessen lassen.“

Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist fortwährender Veränderung unterworfen: bis 23 Uhr kostet es nur 4 Euro, zwischen 23 und 24 Uhr 5 Euro und danach schließlich 6 Euro. Wer nicht feiert, hat verloren!

Fakten: 07.05 | 22 Uhr | IKUWO | 4-6 Euro

tag der befreiung

UMSONST & DRAUSSEN – BEFREIUNGSPARTY AM SEE

Als ob das noch nicht genug wäre, geht es am Sonntagnachmittag so ähnlich weiter, wie es in den Morgenstunden der Vornacht aufhörte. Es darf getanzt und geruht werden, denn anlässlich des historischen Datums gäbe es einiges zu feiern, wie die Hedonisten bemerken: „Die Alliierten erzwangen 1945 die bedingungslose Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschlands und setzten der wahr gewordenen Hölle von industriellen Massenmord, totalem Vernichtungskrieg und Volksgemeinschaft endlich ein Ende. Darum feiern wir den Tag der Befreiung, das Ende des 2. Weltkrieges in Europa und die erfolgreiche Zerschlagung des 3.Reichs mit einem Tanz im Freien. Gib Geschichtsrevisionismus keine Chance!“

Für das technoid-musikalische Unterhaltungs- und Rahmenprogramm werden DJane Hannah, Silvio Marquardt und verschnibbt & zugenäht sorgen. Den Freiluft-Spaß gibt es auch bei Facebook mit einer eigenen Veranstaltung, falls jemand noch den Nachbarn und Oma Meier einladen möchte.

tag der befreiung
Fakten: 08.05. | 14-20 Uhr | Fleischerwiesensee

Gedenken in Greifswald, Blockieren in Dresden!

Der Arbeitskreis Kirche & Judentum lädt morgen zu einer Gedenkwanderung durch die Greifswalder Innenstadt ein. Anlass der Versammlung ist der siebzigste Jahrestag der Deportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger.

Am 10.07.2008 verlegte der Künstler Gunter Demnig nach unzähligen anderen Städten endlich auch in Greifswald seine inzwischen berühmten Stolpersteine, die der Opfer des Nationalsozialismus erinnern sollen. Ein Teil dieser Steine markiert die Wohnorte verfolgter und deportierter Juden und wird die Route der Wanderung maßgeblich bestimmen.

Zur Judendeportation

Am 13. Februar 1940 fand die reichsweit erste Deportation von Juden statt. Vollzogen wurde sie an Menschen aus dem Regierungsbezirk Stettin. Unter den Betroffenen befanden sich vier namentlich bekannte Personen aus Greifswald: Else Burchard, Georg und Friederike Feldmann und Elise Rosenberg.

gedenkveranstaltung stolpersteine Insgesamt wurden nachweislich 1.120 Menschen aus dem Stettiner Regierungsbezirk deportiert, darunter vier Schwangere, die ihre Kinder am Deportationsort zur Welt brachten. Die meisten Betroffenen gehörten zur älteren und alten Generation. Nach bisheriger Kenntnis überlebten nur 19 Personen dieser Deportierten den Zweiten Weltkrieg. Über 70 der Verschleppten starben schon während oder infolge des viertägigen Transportes in die Region um Lublin. Viele andere starben unter unmenschlichen Bedingungen in den polnischen Deportationsorten Piaski, Głusk und Bełzice.

Mehr als die Hälfte wurden schließlich 1942/43 in den Vernichtungsstätten Bełzec, Sobibór und Majdanek umgebracht. Das 1940 völlig neuartige Geschehen wurde international beobachtet. Es blieb auch den deutschen Nachbarn nicht verborgen. Trotzdem ist dieses schockierende Geschehen in der Region heute nahezu vergessen.

Dresden: No Pasarán!

In Dresden versuchen Neonazis indes, den größten Naziaufmarsch Europas zu organisieren. Das Vorspiel der vergangenen Wochen, die konsequente Kriminalisierung jeglichen – auch bürgerlichen – Widerstands und zuletzt die Ankündigung des Innenministers, die anwesenden Polizisten mit Pepperballs, also mit Reizpfefferextrakt gefüllten Bällen, die beim Aufprall Pfeffergas freisetzen und in den USA schon ein Menschenleben gekostet haben, auszurüsten, verdeutlichen eindrucksvoll, mit welcher repressiven Qualität das sächsische Innenministerium agiert.

Die bündnisübergreifende Kampagne No Pasaran mobilisiert bundesweit für die absolute Blockade der Nazidemonstration, die jüngsten Meldungen zufolge durch das alternativ geprägte Viertel Neustadt geleitet wird. Ein Bus von [’solid] soll angeblich noch wenige freie Plätze haben (Bei Interesse unter bus[ät]solid-mv.de melden). Ein Mobilisierungsvideo, bei dem Bodo Strahlemann vor Freude eine Extrarunde gedreht hätte, gibt es auch.

Fakten: Gedenkveranstaltung | 13.02. | 10.30 Uhr | Universitätshof (Hist. Institut)