Verheißungsvolle Insomnale 2010

Wir sind in Greifswald, es ist Juni und somit Zeit für die Insomnale. Dieses Jahr feiert die sich als größte Ausstellung junger Kunst in Mecklenburg Vorpommern betitelnde Veranstaltung ihr zehnjähriges Jubiläum.

logo-insomnaleIn der Vergangenheit bot die Nabelschau des Caspar-David-Friedrich-Institutes neben einer Vielzahl ausgestellter Kunst und einer entsprechend gelösten Publikumsatmosphäre zwischen Expertise und Exzess, zwischen Nachtschicht und Neugier vor allem auch die Entdeckung neuer Ausstellungsräume. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die letztjährige Insomnale verwiesen, die in prädestinierter Lage am Markt das Gebäude der Alten Post in Beschlag nahm.

Neue Räume, neue Zerreißproben?

Auch in diesem Jahr gibt es mit dem ehemaligen Liegenschaftsamt — Kenner erinnern sich noch daran, dass einst die alte Musikschule hier residierte — einen neuen Ort zu entdecken. Wie schon an anderer Stelle einmal angeschnitten, braucht Kunst Raum und der ist bekanntlich knapp.

Da die Zusage für die Lange Reihe 1 relativiert und auf das Erdgeschoss beschränkt wurde, präsentiert sich die diesjährige Insomnale zerissener als zuvor, denn mit der Dompassage wurde ein zusätzlicher zweiter Ort in die Konzeption integriert. Trotz aller räumlichen Zerissenheit darf man gespannt sein auf das, was derzeit in der Langen Reihe entsteht. Denn dort ersetzt seit Montag der Blaumann das Sakko, wabert Schaffensdrang durch das Gebäude.

Alte Kellerschätze neu aufgelegt?

Ein Kritikpunkt darf nicht unerwähnt bleiben: Es ist nicht alles neu, was dort gezeigt wird. Wer sich im April die Abschlusspräsentationen der CDFI-Studierenden angesehen hat, wird auf der Insomnale 2010 zum Beispiel die fernöstlich orientierten Zeichnungen Sandra Kraskes wiederfinden. Auch Anne Ortmanns Plastiken wurden nach ihrer Abschlusspräsentation im Oktober 2009 ein weiteres Mal aus dem Keller gekramt und dem Publikum zugänglich gemacht.

Es fühlt sich ein wenig merkwürdig an, wenn man vor Ausstellungsbeginn einen neugierigen Blick in die temporäre Insomnale-Galerie wirft und schon mehrere Werke von früher kennt. Andererseits bietet sich für all jene, die bei den entsprechenden Ausstellungen der Vormonate abkömmlich waren, eine zweite Chance, die Werke in Augenschein zu nehmen. Und umso gespannter sollten wir auf jene Exponate sein, die wirklich zum ersten Mal ausgestellt werden.

Jazz im Hauptquartier

Durch die verrückte Situation, eine räumlich geteilte Gemeinschaftsausstellung durchzuführen, erklärt sich auch der zeitlich gestaffelte Ablaufplan der Vernissagen. Um 16 Uhr wird es morgen in der Dompassage losgehen, bis schließlich zwei Stunden später in der Langen Reihe, die als eine Art Hauptquartier auch musikalisch bespielt werden wird, die Türen geöffnet werden.

Dort wird das Vorpommersche Urgestein Thomas Putensen — von dem in dieser Woche hier noch ausführlicher berichtet werden wird — auftreten. Ab 21 Uhr wird es dann — passend zum Anlass — mit dem Martin Terens Trio auf hohem Niveau und sehr jazzy weitergehen. Von einer sich anschließenden Aftershowsause wird ebenfalls gemunkelt, damit sollte die Gestaltung des Freitagabends in Sack und Tüten sein.

Da die Insomnale ja grundsätzlich ein Wettbewerb ist, gehört auch eine Preisverleihung zum Programm, die am 20. Juni im Theater Vorpommern stattfinden wird.

Fakten:
11.06. | 16 Uhr | Dompassage (Vernissage)
11.06. | 18 Uhr | Lange Reihe 1 (Vernissage)

14 Gedanken zu „Verheißungsvolle Insomnale 2010

  1. Wie Du schon selbst gesagt hast, handelt es sich nicht zuletzt auch um einen Wettbewerb. Dass also auch ältere Exponate präsentiert werden, ist demnach völlig legitim. Es ist auch durchaus nicht üblich, dass zu jeder Ausstellung neue Werke gezeigt werden. Ich war vor ein paar Jahren zum Beispiel im Louvre. Da gab’s auch das eine oder andere ältere Teil zu sehen. Ich glaube, man kann es den betreffenden Künstlern kaum verübeln, dass sie sich wünschen, dass ihre Stücke gesehen werden. Die Insomnale zieht nun einmal ein breiteres Publikum an als Einzelausstellungen.
    Fazit: Dein sogenannter „Kritikpunkt“ hätte ruhig unerwähnt bleiben dürfen.

  2. @nico: nehme ich an, ich bin auch alles andere als ein kunstexperte oder versiert im ausstellungswesen.
    wenngleich die selbstbeschreibung als „größte Ausstellung junger Kunst in Mecklenburg Vorpommern“ etwas mehr Jungfräulichkeit suggeriert.

  3. Ich glaube, Kunstwerken, die ein halbes Jahr alt sind (Anne Ortmann hatte am 12.Oktober 2010 ihre Skulpturen erstmals ausgestellt), Brisanz, Aktualität, Frische, Progressivität – also all das, was man vielleicht mit „jung“ assoziiert – grundsätzlich abzusprechen, wäre ziemlich ungerecht.

  4. Warum wurde denn die Ausstellungsfläche reduziert? Geschah dies, nachdem die Insomnale konzipiert war? Wenn ja – ma wieder richtig Grund zum Motzen…

  5. @nico: „Es ist auch durchaus nicht üblich, dass zu jeder Ausstellung neue Werke gezeigt werden. Ich war vor ein paar Jahren zum Beispiel im Louvre. Da gab’s auch das eine oder andere ältere Teil zu sehen.“

    hinkt wohl etwas, der vergleich: correct me if i’m wrong, but: Louvre habe ich immer als DAUERausstellung vieler „älterer teile“ begriffen – so wie beispielsweise in der alten nationalgalerie (und im plm natürlich) ebenfalls jahr und tag cdf hängt – kann mich da täuschen, aber wär auch zu absurd, die monalisa zwischendurch mal wieder im keller verschwinden zu lassen…

    und eine wettbewerbsausstellung, die die insomnale ja nun doch einmal ist, ist doch prinzipiell etwas anderes und ihr prinzip würde ad absurdum geführt werden, würden jedes jahr die gleichen werke gezeigt.

    – ist ja so auch noch nicht vorgekommen und im beitrag wird ja eigentlich das recyclen von examensarbeiten als wettbewerbsbeitrag kritisiert. fällt dem entsprechenden publikum in einer kleinen stadt ja auch recht schnell auf und ist, wenn ich mich nicht täusche, erst seit einiger zeit laut wettbewerbsbestimmungen erlaubt.
    interessant ist doch aber dann die frage: sind es denn die abschlussarbeiten, die die nase vorn haben oder doch eher unabhängig enstandenes?

    (übrigens: letztes jahr wurden u.a. die großartigen tiefdrucke von michaela zeaiter prämiert, die auch kurz vorher im rahmen ihrer abschlusspräsentation zu sehen waren und dennoch für viele insomnale-gäste neu waren, weil, wie schon richtig erkannt, die insomnale sich ja erfahrungsgemäß doch eines zahlreicheren und vor allem breiteren publikums erfreuen darf als die examensausstellungen)

    solange kunst mehrfach sehenswert ist: gern. aber wer das wiederum beurteilt – ihr wisst schon…

  6. ich finde ganz und gar nicht, dass der vergleicht hinkt (sonst hätte ich ihn ja auch nicht gebracht). die mona lisa, die mir übrigens pupsegal ist, gehört nicht weniger in den keller als jedes andere gelungene kunstwerk.
    cdf hängt immer noch in der nationalgalerie herum, weil die leute die sachen eben noch sehen wollen.
    was ich sagen will ist, dass es ein kunstwerk nicht weniger ausstellenswert macht, nur weil es schon einmal gezeigt wurde. und zwar unabhängig vom rahmen. ich erinnere nur an den mit 20.000EUR dotierten gabriele münter preis, den dieses jahr christiane möbus gewonnen hat. ihre installationen und präparate waren da auch nicht das erste mal ausgestellt (z.B. „tödlich“, das schon 1997 ausgestellt worden war).
    jede wette, dass mindestens die hälfte des insomnale-publikums die kunst von sandra kraske und anne ortmann dieses bei der insomnale zum ersten mal sehen wird.

  7. pro etage zwei notausgänge waren das problem. imho hat das 1. og keinen durchbruch zw den beiden treppenhäusern und da macht die feuerwehr nicht mit. kleiner tip zur ausstellungsgestaltung: LICHT!
    greetz

  8. zum thema „neue(re) sachen ausstellen oder nich“:

    für die insomnale-teilnahmen hatte ich immer exponate eingereicht, die weder bestandteil der semesterarbeiten noch prüfungsinhalte waren. die baulichen gegebenheiten der ausstellungsorte waren eine art einladung sich damit auseinanderzusetzen und sie als „aufgabenstellung mit lokalen impuls“ zu nutzen.
    aber ich war in dem sinne auch nicht vertreter der „malerei & grafik“-fraktion.
    und auch kein freund des „überall-das-gleiche-zeigens“ – schon gar nicht in kurzen intervallen.

    man mag mich korrigieren, falls ich was nicht mitbekommen habe, aber wäre die 10. insomale nicht grund und anlaß dieses jubiläum mehr in den vordergrund zu bringen? vielleicht durch eine gesonderte retrospektive oder eine reihung der ausgezeichneten exponate, um tendenzen, entwicklungen oder andere schlüsse zu ziehen?

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