Die Rudolf-Petershagen-Allee ist allgemein bekannt, aber wer wird durch die Benennung eigentlich geehrt? Der im Januar 1945 zum Stadtkommandanten ernannte Wahlgreifswalder Rudolf Petershagen -er lebte seit 1938 in der Hansestadt- zeichnete 1945 für die kampflose Übergabe der Stadt an die Rote Armee verantwortlich.
Eine Greifswalder Delegation, der unter anderem als Parlamentäre der Rektor der Universität Prof. Dr. Carl Engel, der Direktor der Medizinischen Universitätsklinik Prof. Dr. Gerhardt Katsch und der stellvertretende Stadtkommandant Oberst Dr. Max Otto Wurmbach angehörten, handelte in der Nacht vom 29. zum 30. April 1945 im brennenden Anklam die Kapitulation der Stadt aus.
Petershagen befand sich anschliessend bis 1948 in russischer Kriegsgefangenschaft, wurde 1955, nach einer vierjährigen Haftsstrafe wegen Spionage, zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Die Verurteilung erfolgte übrigens vor einem amerikanischen Militärgericht. Petershagen verstarb im April 1969.
Der politisch rechte Ehrenbürger der Stadt war allerdings auch 1938 als Kompaniechef an der Besetzung der Tschechoslowakei beteiligt. Nach Kriegsende war er in Greifswald beim Aufbau der Nationaldemokratischen Partei (NDPD) beteilligt, die als politische Heimat ehemaliger Wehrmachtsoffiziere und unverdächtiger Nazis gegründet worden war. Später wurde er Kreisvorsitzender der Partei (lesenswerte Quelle: wikipedia).
Der Beitrag Zerstörung und Rettung in letzter Minute – Das Kriegsende in den Nachbarstädten Anklam und Greifswald (2005) von Deutschlandradio Kultur lässt die damaligen Ereignisse Revue passieren. Petershagens Autobiographie „Gewissen in Aufruhr.“ wurde übrigens 1961 von der DEFA verfilmt.
Das eingebundene Video ist aus dem Jahr 1963. Zu sehen sind ein paar wenige Eindrücke des damaligen Stadtbilds, unter anderem vom Marktplatz und vom Fischmarkt. Zudem gibt es ein Interview mit Petershagen und dem damals offensichtlich ebenfalls beteiligten Matusov. Das Interview fand, wie die feierliche Übergabeverhandlung Greifswalds, im Rathaus statt.