Moritz TV veröffentlicht neue Sendung und beleidigt sein Publikum

Moritz TV hat seine neueste Sendung veröffentlicht. Das im Netz abrufbare Ergebnis fordert von seinen Betrachtern Nachsehen und eine gehörige Portion Duldsamkeit. Um ehrlich zu sein, ich kann mich an keine vergleichbar schwache Produktion des lokalen Studentenfernsehens erinnern.

Den Anfang macht eine lieblos gemachte Stadtrundfahrt, die auf das einstimmt, was einen in den folgenden dreißig Minuten der Sendung erwartet: Fernsehen auf dem Niveau eines Wahlpflichtkurses zu Schulzeiten.

Dabei kranken die Beiträgen nicht an Ideenmangel: mit Pedro Sithoe und Solvejg Janssen werden zwei Angehörige des ASta interviewt. Es wird nicht viel geredet und noch weniger dabei gesagt, zum Beispiel über das Thema Wohnraum.

VERPASSTER BRENNPUNKT 1: WOHNUNGSMANGEL

Dabei geht es insgesamt eher kuschelig zu. Ganz vorsichtig ist von privaten – den Mangel in Profit übersetzenden – Akteuren auf dem Greifswalder Wohnungsmarkt die Rede, aber kritisch und vor allem präzise werden die Problembären der Coleur YOUNIQ nicht untersucht. Sithoe darf stattdessen über Angebot und Nachfrage und die Aufgaben jener WVG, die erst vor Kurzem erklärte, ihr Angebot auf Senioren ausrichten zu wollen, dozieren.

Unterdessen frohlockte Oberbürgermeister König Arthur König (CDU) zeitungsöffentlich, dass jeder Dritte Hauptwohnsitzler der Hansestadt „…unter 30 Jahre alt…“ sei. Gerade heute wird in der Ostsee Zeitung eine Pressemitteilung von Immobilienscout zitiert, nach der in Greifswald 2009 für einen unbeheizten Quardatmeter Wohnraum durchschnittlich 6,70€ zu entrichten seien; im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von über 10%.

Damit erreicht das Thema eine neue Dringlichkeit, doch scheinbar anscheinend nicht für Moritz TV.

VERPASSTER BRENNPUNKT 2: PROBLEME DER STUDENTENCLUBS

Auch die Idee, mit einem Beitrag die Studentenclubs und das dortige Nachtleben vorzustellen, war gut. Bis es zur Umsetzung kommen musste. Als Pierre vom Mensaclub auf den durch einen Rechtsstreit eingeschränkten Betrieb zu sprechen kommt, wird nicht nachgehakt, wird ein weiterer Brennpunkt übersprungen. Wieso wurde an dieser Stelle nicht darauf hingewiesen, dass die hiesige Studentenklublandschaft mit existentiellen Problemen und Abbau konfrontiert ist, wie zum Beispiel der C9?

WITZE OHNE LÄSSIGKEIT

Die neue Reihe Greifswald Secret Information (G.S.I.) versucht es mit lockerem Witz. Zumindet die Investigationen des Duos „Eis Jay“ sind interessant. Sie erstellen eine kleine Historie jüngerer Greifswalder Flashmobs.

Aber in Sachen subversiven und schrägen Videotrashs können es die beiden Anzugträger mit früheren Greifswalder Medienguerillos nicht aufnehmen. Erinnern wir uns kurz an die Reihe Blinder Aktionismus mit Leutnant Deutschland in der Hauptrolle. Jackass auf hanseatisch:

Und dann findet die aktuelle Sendung ihren traurigen Tiefpunkt im Interview mit der Greifswalder Band Pighead. Selten wird einem so frech die Zeit geraubt.

Nach Fremdscham und Enttäuschungen kann dann auch der abschließende Kurzfilm Der Praktikant von Stephanie Binder nicht mehr so recht wirken. Man darf also auf die nächste Sendung gespannt sein, denn die kann eigentlich nur besser werden.

18 Gedanken zu „Moritz TV veröffentlicht neue Sendung und beleidigt sein Publikum

  1. Leutnant Deutschland. Sehr geil. Hab mich köstlich amüsiert.
    Tja, bis auf GSI wirklich wieder ma ne schwache Kür. Aber fand ich bis jetzt eigentlich immer so….

  2. Pingback: Tweets die Die neue Sendung von Moritz TV ist da - eine Frechheit! | Fleischervorstadt-Blog - Geschichten aus Greifswald - polemisch - politisch - positioniert erwähnt -- Topsy.com
  3. Meine Güte, ja, die Sendung ist an manchen Stellen etwas seicht. Aber die gesamte Ausgabe nun als derart miserabel hinzustellen, find ich überzogen.
    Der Kurzfilm ist sehenswert!

  4. ich kann deine kritik zum teil verstehen und vermute, dass das hauptsächlich daran liegt, dass in den semesterferien für viele von uns kaum die zeit da war, um ordentliche beiträge zu machen (weil nicht in hgw oder mit hausarbeiten beschäftigt).
    aber es ist in einem beitrag von 2-3min einfach nicht möglich, so ausführlich auf eine bestimmte thematik einzugehen, die dazu auch noch bebildert werden muss.
    bezüglich der wohnraumsituation frage ich mich, warum die diskussionen aus web/magazin noch mal wiederholt werden sollten? dort wurde bereits sehr ausführlich darüber berichtet. die sendung war zu einem großen teil als einführung für die erstis gedacht und sollte sie nicht mit einer informationswelle überschwemmen.
    aber natürlich sind die beiträge verbesserungswürdig 😉

  5. jo… ist wohl nicht die beste Sendung, aber trotzdem sicher nicht so schlecht wie du sagst. „Beleidigt das Publikum“? nur weil du n paar Stellen nicht sehenswert findest? Die Stadtrundfahrt ist sicher immerhin für die ganzen Erstis nett anzuschauen.. ebenso wie die Clubtour..

  6. Anstatt immer nur zu nörgeln, würde ich von einigen Kommentatoren etwas mehr Aktionismus wünschen! Auch wir sehen gern kritische und hinterfragende Beiträge. Somit ist jeder herzlich zu unserer Redaktionssitzung (Mittwochs, 20:15Uhr, Wollweber Str.) eingeladen, um eigene Vorschläge oder sogar Beiträge zu machen.
    Im übrigen arbeiten unsere Redakteure alle freiwillig und nicht hauptberuflich bei uns. Allein schon deshalb sollte MoritzTV nicht mit gängigen Fernsehformaten verglichen werden.

  7. ich für meinen teil habe die sendung mit früheren sendungen von moritz tv und meinen erfahrungen aus einem wahlpflichtkurs in der schule verglichen.

    und in diesem vergleich muss man einfach feststellen, dass die aktuelle sendung schwach war. da konnte dann auch der kurzfilm nichts mehr retten.
    trashig fand ich allerdings den trailer zu beginn!

  8. Wen sollte man denn deiner Meinung nach interviewen, wenn nicht den Wohnraumbeauftragten des ASTA. Zumal die Erstis somit gleich ein Gesicht mit ihrer Anlaufstelle verbinden können.
    Darüber hinaus ist das „pikante Detail“ falsch.
    Und die Aktualität der Ostsee-Zeitung lässt sich mit einer monatlichen Sendung natürlich auch nicht vergleichen, was eigentlich jedem klar sein dürfte.
    Und wenn sich der Mensaclub in einem laufenden Rechtsstreit befindet, ist es in der Regel von den Beteiligten auch nicht erlaubt, genaue Informationen preis zu geben.
    Schlussendlich: C9 gibt schon seit Ewigkeiten nicht mehr, soviel zur Aktualität.

  9. „Und die Aktualität der Ostsee-Zeitung lässt sich mit einer monatlichen Sendung natürlich auch nicht vergleichen, was eigentlich jedem klar sein dürfte.“

    das war keine kritik, sondern sollte einen ist-zustand illustrieren. man kann das genauso gut an der relation von immatrikulierten zur stadtbevölkerung messen. faktisch ging es um die profilveränderung der wvg, die sie vor monaten angekündigt hat und für aufsehen sorgte. und an genau dieser stelle greift der wohnraumbeauftragte ins leere, wenn er sich von dieser wohnungsgesellschaft rettung erhofft. zugegebenermassen möchte ich mit ihm nicht tauschen, nicht in greifswald.

  10. Also: Wenn sich niemand zu Problemen in Interviewform äußern möchte, dann muß der Redakteur aus dem off diese Informationen liefern! der Streit zwischen dem Mensaclub und Frau V…. (wohnt gegenüber in der Schützenstraße und arbeitet in leitender Funktion innerhalb der Uni-Verwaltung, die solange es sich um eine Universität und nicht eine reine Forschungseinrichtung handelt von den Studenten, die AUCH in den Mensaclub gehen, lebt) währt schon Jahre; mehr Transparenz wäre gut und kurz darstellbar. Wenn Frau V…. nicht sprechen wollen würde, dann doch sicherlich ihr Anwalt.

    Stadtrundfahrt: bäh! Die Sendung wird nicht nur von Erstis geschaut!

    Wohnraumrobematik: Aus dem off gesprochen, wäre diese Informationen drin gewesen.

    Insgesamt kann dem fleischervorstadtblog nur zugestimmt werden! ein kritishcer blick und nicht hallidallifernsehen.

    @horst: Ist das wahr? EIn Plädoyer für mehr Klatsch und Tratsch. NOT. Lasst den menschen ihre Privatsphäre!!!

  11. @meinender:

    danke für deinen kommentar. k&t finde ich auch höchst interessant, in diesem fall gings aber gegen die privatsphäre und entspricht obendrein nicht der wahrheit. schade.

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