Wer sich bei Twitter herumtreibt, dürfte bereits mitbekommen haben, dass die taz gestern einen Artikel über die Hedonistische Internationale veröffentlichte.
Genauer gesagt ging es um den Hedonistischen Weltkongress, der am vergangenen Wochenende in Kaulitz (Sachsen-Anhalt) stattfand und dem auch einige Vertreter der Greifswalder HI-Sektion M.u.S.i.K. (Mensch und Sound im Kollektiv) beiwohnten, so zum Beispiel Andi G. Wehre und Bodo Strahlemann. Die lokalen Hedonisten, die vor allem aufgrund ihres Fuhrparks Bekanntheit genießen, wurden an anderer Stelle schon einmal kurz vorgestellt.
Die beiden Redakteure Martin Kaul und Miguel Lopes meinen es in ihrem Artikel gut mit der „Befreiungsarmee einer verdrossenen Linken„, mit den „Hippies der Jetztzeit„, die sie in ihrer Lesart zur „Feuerwehr des Straßenkampfs“ stilisieren. „In Greifswald sind die Hedonisten die Befreiungsjoker für alle denkbaren Anliegen: Ob Unistreik, Antifa, ob Protest gegen ein Steinkohlekraftwerk oder Europas größte Ferkelzuchtanlage – wenn das Kinderwagenkulturkombinat anrückt, darf gelacht werden. Sie sind die schillernde Qualität des Politprotests.“
Und sie haben sich in den vergangenen Wochen als Filmvorführerinnen im öffentlichen Raum auch immer öfter auf ein neues Betätigungsfeld eingelassen. Das kleine Rabauke, Bodo Strahlemann, Joachim Telelinse, der Reaktor und wie sie alle heißen, sie sind Sommer und jetzt endlich auch mal in der überregionalen Presse.
Dafür hoch die Daumen!
Jeah!
Ich freue mich auch über den Artikel.
Nicht so sehr gefreut habe ich mich über die teilweise unqualifizierten Beiträge auf der Homepage der TAZ dazu. Klar, online kommt auch viel Grütze rum, wissen wir ja alle 🙂
Dennoch frage ich mich – da diese Behauptung ja auch hier und andernorts von Zeit zu Zeit laut wird – ob die Menschen überhaupt noch zu differenziertem Denken imstande sind. Der Standard- Vorwurf ist ja, Hedonist:innen wäre im Grunde egoistisch, da sie nur ihren eigenen Lustgewinn im Blick hätten und sich somit noch zum Zugpferd des Kapitalismus machen würden. Mit dem gefährlichen Halbwissen aus dem Geschichtsunterricht der 9. Klasse untermauert mag das für die Schreiber solcher Kommentare gut klingen, den Blick ins Manifest der Hedonistischen Internationalen kriegen sie dann aber nicht mehr gebacken. Dort steht: Die HI
♥ will Freude, Lust, Genuss und ein selbst bestimmtes Leben in Freiheit für alle Menschen!
♥ setzt auf die Zusammenarbeit und freie Assoziation gleichberechtigter Individuen.
♥ sieht Hedonismus nicht als Motor einer dumpfen, materialistischen Spaßgesellschaft, sondern als Chance zur Überwindung des Bestehenden.
Insofern kann man der Idee der HI Egoismus wohl kaum vorwerfen. Über Egoismus sollten lieber jene Menschen nachdenken, die immer nur zum Kleinen Rabauken kommen, wenn der Bass schon dröhnt, ihre Flaschen und den Müll liegen lassen, sonst auch keinen Finger krumm machen aber schnell mit der Frage: „Wann steigt die nächste Party?“ bei der Hand sind.
So!