Die Bürgerschaftsfraktion der Greifswalder CDU sitzt nach dem Rückzug von Mechthild Thonack von nun an als reiner Männerverein im Greifswalder Rathaus.
Die Vorsitzende der Ortsteilvertretung Schönwalde II, Mechthild Thonack (CDU), verzichtet mit sofortiger Wirkung auf ihren Sitz in der Greifswalder Bürgerschaft und gibt ihr Mandat ab. Ihr Platz im Greifswalder Stadtparlament wird in Zukunft vom Schauspieler Lutz Jesse — nicht zu verwechseln mit ex-CDU-Mann Gunter Jess (heute AfD) — besetzt werden. Mechthild Thonack saß bis zu ihrer Abberufung Mitte Februar 2015 im Ausschuss für Bildung, Universität, Wissenschaft, ehe sie Sascha Ott (CDU) im Ausschuss für Sport, Soziales und Jugend ablöste. Mit ihrem Rückzug aus der Greifswalder Bürgerschaft verliert die CDU die letzte Frau in den Reihen ihrer Fraktion und tritt im Rathaus fortan — ebenso wie die FDP-Fraktion — als reiner Männerzirkel auf. Insgesamt befinden sich unter den 43 Mitgliedern der Bürgerschaft nach dem niedergelegten Mandat Thonacks nur noch 10 Frauen (23,3%); zum Vergleich: 36,1% betrug der Frauenanteil im Bundestag im Dezember 2014.
Über die Gründe für ihren Rückzug aus der Bürgerschaft kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Das Fass zum Überlaufen brachte womöglich das Abstimmungsverhalten der übrigen Christdemokraten bei der letzten Bürgerschaftssitzung, die gemeinsam mit den Mitgliedern der AfD geschlossen gegen einen Antrag von Ulrich Rose (Alternative Liste) stimmten, der auf die Einsetzung eines städtischen Frauenbeirats abzielte.
Echt kerlig: die CDU-Fraktion der Greifswalder Bürgerschaft nach dem Ausscheiden Mechthild Thonacks (Fotos: CDU Greifswald)
Thonack, die vor der Kommunalwahl 2009 noch einen Artikel über „‚Frauenpower‘ in der CDU“ zur Wahlkampfzeitung (PDF, 2,6 MB) beisteuerte und sich mit sieben anderen Frauen für die christdemokratische Sache ablichten ließ, blieb der Bürgerschaftssitzung jedenfalls fern und entkam möglicherweise so einem Abstimmungsdilemma. Mit knapper Mehrheit sprach sich damals schließlich eine Mehrheit der Stimmberechtigten für die Einsetzung eines Frauenbeirats aus.
Nur mal so nebenbei: Das mit dem Frauenbeirat halte ich für eine populistisch-schlechte Idee. Ganz klar, ich möchte auch, dass die Greifswalder Stadtpolitik stärker die Bevölkerung repräsentiert. Dazu gehört auch, dass mehr Frauen ihre Chance wahrnehmen. Wenn der Beirat da hilft, von mir aus. Vielleicht bewirkt er aber auch das Gegenteil, wenn Frauen dann eben dort partizipieren, nicht aber in der Bürgerschaft selbst.
Ich hätte es aber besser gefunden wenn (a) kein Beirat gegründet worden wäre sondern eine Arbeitsgemeinschaft und (b) wenn es nicht nur um Frauen gehen würde.
Ich sehe nicht ein, warum eine aus rein soziodemografischen Faktoren definierte Gruppe Sonderrechte bekommt. Das hat mich schon am Seniorenbeirat gestört. Ich verstehe, dass einzelne Gruppen besondere Bedürfnisse haben und diese auch artikuliert werden müssen. Das ginge aber auch ohne Satzungsrang, z.B. in Arbeitsgemeinschaften.
Ich sehe weiterhin, dass es nicht besonders viele rein frauenspezifische Fragestellungen gibt. Ich habe mal überlegt, welche Vorlagen der Bürgerschaft spezifisch Frauen betreffen. Mir ist nichts eingefallen. Ich habe Frauen dazu befragt, sie hatten auch so ihre Schwierigkeiten. Auch hier lasse ich mich gern durch die zukünftige Arbeit des Frauenbeirates belehren.
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass etwaige Probleme in themenorientierten Arbeitsgruppen angegangen werden. Man hätte ja einfach eine AG Gleichstellung gründen können. Leider habe ich niemanden gefunden, der meine Position in die Bürgerschaft hätte tragen wollen.
Um Frau Thonack ist es meinem Empfinden nach übrigens nicht besonders schade. Mir ist sie in der Bürgerschaft ausschließlich dadurch aufgefallen, dass Sie die Bürgerschaft verließ, wenn es mal länger dauerte.
Leider weiß ich aber auch, dass die Bürgerschaft demnächst eine weitere Frau verlieren wird.
Ich vermute eher, daß sie das Handtuch geworfen hat, damit sich ihr Mann ab jetzt ganz offen zu den CDU-Gegnern und den Kompetenzleuten bekennen kann, die ihm Aufträge vermitteln. Familieneinkommen geht bei Frau Thonack eben vor Politik und Wählerstimmen.
Das ist unplausibel, denn dann hätte sie einfach die Fraktion wechseln können.
Dafür hat sie sich laut OZ vom 14.08. in dieser Woche in die Mitgliederliste des Frauenbeirates der Stadt eingetragen, dessen Einrichtung ich persönlich als nicht auf dem neusten Stand der Debatte empfinde.
Deine a priori Sicht auf den neuen Beirat würde mich echt interessieren.
Mich auch!
In Kurzform: Ich empfinde die Einsetzung eines Frauenbeirats als antiquiert, ist jedoch sicher leichter zu verkaufen als ein vernünftiges (und zeitgemäßeres) Diversity Management, in dem neben dem Frauenbeirat auch Senioren und Behinderte aufgehen könnten, neben diesen Gruppen aber auch noch andere, die schneller als die Masse diskriminiert werden. Aber lieber ein Frauenbeirat als kein Frauenbeirat und die geschlossene Ablehnung der CDU-Fraktion zeigt doch, dass man damit nicht auf dem falschen Weg ist. 😉
Wie setzt sich der Frauenbeirat denn zusammen? Sind dessen Mitglieder gewählt?
(Ich hätte auch gern Rede- und Antragsrecht in den Ausschüssen. Habe ich aber nicht.)