„Greifswald hilft Geflüchteten“ zu den Gründen der Absage bezüglich der Einladung zu den Feierlichkeiten des Tages der deutschen Einheit
Sehr geehrte Frau Schwesig, sehr geehrter Herr Sellering,
im Rahmen der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit lädt die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern zwei Vertreter der Initiative Greifswald hilft im Oktober nach Mainz ein. Vielen Dank für die Einladung. Wir haben sie mit Überraschung zur Kenntnis genommen und innerhalb der Initiative beraten, welche Umstände eine Teilnahme für uns vertretbar erscheinen lassen. Wir haben keine gefunden.
Die Erfahrungen, die wir über die letzten Jahre gesammelt haben, sowie unser politisches Selbstverständnis lassen eine Teilnahme nicht zu. Wir lehnen daher die Einladung der Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommerns dankend ab. Das Geld, das für Fahrtkosten, die Unterbringung und Verpflegung der Ehrenamtlichen aufgebracht würde, halten wir in den Unterstützungsstrukturen, den vielen Vereinen und Initiativen in Mecklenburg-Vorpommern, für besser aufgehoben.
Wir befinden den gesamten Rahmen der Feierlichkeiten mit einem Budget von 3 Mio. Euro für maßlos überzogen
Wir befinden die geplante mehrtägige Unterbringung im Hilton Hotel der Stadt Mainz für ebenso maßlos überzogen wie den gesamten Rahmen der Feierlichkeiten mit einem Budget von 3 Mio. Euro und möchten Ihnen auf diesem Wege folgenden Vorschlag unterbreiten: Spenden Sie das Geld, das die Staatskasse durch unsere Absage einspart, dem Verein in Gründung Pro Bleiberecht in Mecklenburg-Vorpommern. Der Verein ist bemüht Beratungsangebote für Asylsuchende zu schaffen, die in ländlichen Regionen keinen Zugang zu derartigen Strukturen haben und möchte mittelfristig ein mobiles Beratungsprojekt realisieren. Wir halten dieses Projekt für äußerst unterstützenswert, sodass uns eine Spende dafür mehr bedeuten würde, als die Teilnahme an den Feierlichkeiten.
Ausriss der Einladung
Mit ihrem Entgegenkommen könnten die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern uns und vielen Aktiven um uns herum signalisieren, dass Sie an der langfristigen Absicherung selbstverwalteter Angebote für Asylsuchende interessiert sind und auch ehrenamtliches Engagement in politisch aufgeladenen Spannungsfeldern für Sie einen wertvollen Beitrag für die Zivilgesellschaft darstellt. Jedoch spricht nicht nur die Unverhältnismäßigkeit des Veranstaltungsrahmens gegen eine Annahme der Einladung. Gemeinsam mit anderen ehrenamtlich aktiven Menschen sollen wir in Mainz das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern repräsentieren. Wir sollen somit ein Bundesland vertreten, dessen Regierung mit ihrer repressiven Asylpolitik einen Großteil der politischen Arbeit von Unterstützungsinitiativen in Rostock, Schwerin, Wismar, Greifswald und den vielen Gemeinden drum herum erst notwendig macht: Autoritärer Umgang mit Arbeitserlaubnissen, keinerlei Ansätze der Förderung der Mobilität von Menschen im Sozialhilfebezug oder des sozialem Wohnungsbaus in den größeren Städten seien nur exemplarisch genannt. Uns damit zu identifizieren ist für uns undenkbar.
Die Entscheidung für Sammelabschiebungen nach Afghanistan war ein Paradebeispiel für politischen Aktionismus
Gerade im Bereich Asylpolitik wurden durch den Landtag immer wieder Entscheidungen gefällt, die zwar dem eigenen Machterhalt dienlich sein mögen, durch die jedoch bewusst die Gefährdung von Menschenleben in Kauf genommen wurde. Im Kompetenzbereich der Landesregierung und somit im Entscheidungsbereich ihrer Partei fanden in den vergangenen Jahren immer wieder absurde und unmenschliche Abschiebemaßnahmen statt. Im Wahlkampf brüstete sich die Regierung in Form des Innenministers des Landes dafür sogar noch in schockierender Weise vor der Kamera.
Erst vor drei Monaten befand der Landtag unter Zustimmung ihrer Partei Afghanistan für sicher genug, um sich an Sammelabschiebungen zu beteiligen und setzte sich damit über den großen zivilgesellschaftlichen Protest der Bevölkerung hinweg. Diese Entscheidung war alles andere als zielführend und ein Paradebeispiel für puren politischen Aktionismus. Wie fatal der Beschluss war, zeigte nicht erst der Anschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul. Während die erste Abschiebung aus Mecklenburg-Vorpommern einen verheirateten Mann traf, der vollumfänglich für seinen eigenen Lebensunterhalt aufkam, wurden aus anderen Bundesländern bereits nachweislich Menschen in den Tod abgeschoben. Wir möchten uns deswegen an dieser Stelle mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Landesregierung und besonders ihre Partei den Beschluss überdenken und sich unabhängig von der neuen Sicherheitseinschätzung des Auswärtigen Amtes für einen Abschiebestopp nach Afghanistan einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Greifswald hilft Geflüchteten
Es ist immer ein bisschen unhöflich, eine Einladung abzulehnen, nur weil der Einladende in Teilen eine andere Meinung hat als man selbst. Es ist doch ganz natürlich, dass eine Landesregierung mit Handlungsverantwortung mitunter anders agiert als eine Hilfsorganisation für Flüchtlinge.
Vor allem ist es eine verpasste Chance, Reputation durch eine solche Würdigung zu gewinnen und Gesprächspartner auf Landes- und Bundesebene kennenzulernen, die für die eigene Arbeit wichtig sein könnten. Kann nicht schaden, bei Härtefällen etc. einen kurzen Draht ins Ministerium zu haben.
Ich kann die Entscheidung nachvollziehen, aber das scheint mir so ein Ding Gesinnungsethik vs. Verantwortungsethik zu sein.
Sehr schön, dass es Menschen gibt, die gegen Verschwendung sind und vor allem gegen Heuchelei.
Ich will hier mal etwas posten, was mir beim Lesen dieses Artikels einfiel:
https://www.youtube.com/watch?v=IAzqWuFIIpI
Cool, RT Deutsch. Da ist man gleich viel besser informiert.