Unwort des Jahres in Zukunft mit Greifswalder Prägung

Seit nunmehr 20 Jahren wird in Deutschland der Titel Unwort des Jahres verliehen. 1991 begann die Gesellschaft für deutsche Sprache mit der Auszeichnung sprachlicher Missgriffe, ehe sich drei Jahre später die Jury zur sprachkritischen Aktion Unwort des Jahres verselbstständigte. In den letzten Jahren wurden zum Beispiel die Wörter Herdprämie, Wohlstandsmüll und Rentnerschwemme gekürt.

Nachdem die Auszeichnung für das Vorjahr dem Adjektiv betriebsratsverseucht zufiel, lautet das diesjährige Unwort alternativlos. Es

suggeriert sachlich unangemessen, dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation gebe. Behauptungen dieser Art sind 2010 zu oft aufgestellt worden, sie drohen, die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung zu verstärken.

Neben alternativlos wurden von den Sprachwächterinnen auch die Formulierungen Integrationsverweigerer und Geschwätz des Augenblicks kritisiert.

Greifswald erobert die Unwort-Jury

Soweit ist das erstmal nicht mehr neu, denn die Nachricht vom Unwort verbreitete sich so blitzschnell, wie sie ebenso rasant wieder in der Versenkung verschwinden wird – zumindest bis zum nächsten Jahr. Bemerkenswert ist hingegen ein anderer Teil der Pressemitteilung, in dem auf personelle Veränderungen innerhalb der Jury hingewiesen wird.

schiewe greifswaldMit der Leipziger Professorin Dr. Margot Heinemann und Professor Schlosser werden zwei langjährige Mitglieder der Jury ausscheiden. Für sie rücken die beiden Germanisten Dr. Kersten Sven Roth und Prof. Dr. Jürgen Schiewe nach, die beide in Greifswald lehrten beziehungsweise lehren.

Roth war von 2003 bis 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Greifswalder Germanistik tätig. Der Sprachwissenschaftler Professor Dr. Jürgen Schiewe folgte 2003 nach einer Lehrstuhlvertretung einem Ruf nach Greifswald und bekleidet seitdem den Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft.

Wir dürfen gespannt sein auf das Unwort 2011 und vergnügen uns bis dahin mit dem Wikipedia-Artikel, in dem alle bisherigen Nominierungen verzeichnet sind.

9 Gedanken zu „Unwort des Jahres in Zukunft mit Greifswalder Prägung

  1. Schon irgendwie seltsam. Mein Favorite für Unwort war „Wutbürger“, weil’s so richtig daneben und irreführend ist. Diese brutal klingende (Un)Wort tauchte sehr häufig auf – bei der Berichterstattung über friedliche Proteste; Wunsch nach demokratischer Mitbestimmung, etc.

    Die Kreation Wutbürger ist aber nun „Wort des Jahres 2010“ (?!) geworden also ein echtes, irgendwie ja schon ernstzunehmendes Wort.
    und das Wort „alternativlos“ ist das Unwort (?!).

    (kapiere ich nicht)

  2. @edward:
    das wäre wirklich fair gewesen und war genauso beabsichtigt. ich habe schlicht und ergreifend vergessen, die bereits angegebene PM zu verlinken. Arbeite gerade von München aus und muss mich hier mit dem Public-Wackelnetz arrangieren, da ging das unter. Ist jetzt korrigiert.

  3. @Kapitulist

    Das macht Sinn. Das eine Wort kann man positiv drehen, das andere ist post-politischer Müll, also Vokabular mit dem das aktuelle Personal der bestehenden Verhältnisse ihre Position verteidigt.

  4. @kapitulist:
    Die Wahl von „Wutbürger“ zum Wort des Jahres war vermutlich alternativlos. 😉

    @Jockel:
    Jaja, aber über die OZ meckern, wenn dort mal vergessen wird, Quellen zu nennen.

  5. @d_l:
    “ … Müll, also Vokabular mit dem das aktuelle Personal der bestehenden Verhältnisse ihre Position verteidigt.“

    *gefällt mir*

  6. @Sören:
    Hier war’s ein unbeabsichtigtes Malheurchen, für das sich umgehend entschuldigt und plausibel gerechtfertigt wurde. Dort sinds zu häufige Copy & Paste-Aktionen mit bisschen Retusche, von bezahlten Journalisten eines kostenpflichtigen Blattes, die natürlich nichts richtigstellen, weil bewusste Aktionen, wegen Faulheit oder Merkt-eh-keiner-von-unserer-Leserschaft-Arroganz. Sowas zu entlarven ist richtig /wichtig/gut (… und kein Meckern).
    Hier wird sich um Qualität bemüht – dort nicht.

    @jockel:
    passt schon.

  7. Wutbürger finde ich bescheuert, es klingt so übertrieben das ich es als Produktbezeichnung für Fastfood Halten würde. Im kontext klingt es nach einer Fastfoodrebellion. Alternativlos beschreibt halt einen Umstand. Passt zur Politik, man hat die wahl zwischen dem kleineren und größeren übel, aber wirklich besser machen sie es alle nicht :/

    glaub ich bin politikverdrossen 🙁

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