„Eine drollige Gattung Bluthunde“, oder: Ernst Moritz Arndt in seiner Zeit

Prof. Dr. Eckhard Schumacher (Universität Greifswald, Neuere deutsche Literatur und Literaturtheorie)

Man müsse, hört man häufig, Ernst Moritz Arndt in seiner Zeit verstehen. So habe man eben damals gedacht, wir hatten keine besseren Demokraten, wird gesagt. Auch das macht den Streit um den Namenszusatz der Universität Greifswald so befremdlich und so schwer nachvollziehbar. Tatsächlich kann man ohne größere Schwierigkeiten feststellen, dass im frühen 19. Jahrhundert chauvinistischer Nationalismus und wütender Antisemitismus ähnlich weit verbreitet waren wie schöne Märchen und mittelmäßige Dichtung. Die Mahnung, man müsse Arndt in seiner Zeit verstehen, zeugt allerdings häufig doch nur von erkennbar überanstrengten Bemühungen, diese Zeit so zu rekonstruieren, dass sich Fremdenhass und Antisemitismus relativieren lassen (und man im gleichen Zug Mittelmäßigkeit nicht mehr so recht als solche identifizieren kann).

Viele haben wie Arndt gedacht, wenn auch nicht so viele, wie manche es heute gern sehen würden. Viele aber, und das wird gelegentlich ausgeblendet, haben nicht so gedacht. Deutlich wird dies schon, wenn man nur einige der Stimmen aufruft, die Arndt schon insofern „in seiner Zeit“ verstanden haben, als sie selbst in eben dieser Zeit gelebt, gelesen, geschrieben und dabei nicht immer weit von ihm entfernt gestanden haben.

Ernst Moritz Arndt in seiner Zeit

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Hidden Track mit Jochen Distelmeyer: „Otis“

Mit Jochen Distelmeyer kommt am Donnerstag der dritte Absolvent der inzwischen abgerissenen Hamburger Schule innerhalb weniger Wochen für eine Lesung nach Greifswald.

Wenn etwas mehr Einigkeit herrschen würde, hätten die Auftritte diverser Künstler den Charme eines über mehrere Wochen gestreckten Klassentreffens: Konnte man Anfang Juni noch Kristof Schreuf (Kolossale Jugend) im IKUWO erleben, der dort die Ausführungen des Autors Thomas Ebermann über Firmenhymnen musikalisch begleitete, redete sich Schorsch Kamerum (Die Goldenden Zitronen) am vorletzten Freitag im Koeppenhaus um Kopf und Kragenweite. Für diesen Donnerstag steht Jochen Distelmeyer (Blumfeld) auf dem Programm, der mit einer musikalischen Lesung seines Romans Otis den Hidden Track zu einem wissenschaftlichen Workshop abliefern und ihn mit den Songs seines aktuellen (Cover-)Albums Songs from the Bottom Vol. 1 anreichern wird.

jochen distelmeyer blumfeld greifswald

(Foto: Christian Kadluba, Wikimedia, 2009)

Für Jochen Distelmeyer wird das nicht der erste Auftritt in der Hansestadt werden. Der Sänger der inzwischen aufgelösten Band Blumfeld spielte bereits 1999 auf dem „Festival gegen Rassismus“ auf dem Greifswalder Marktplatz — damals, vor mehr als siebzehn Jahren, übrigens unter anderem zusammen mit Tocotronic und Tomte. Den Rahmen des diesjährigen Konzerts bildet der in diesem Jahr in dritter Auflage stattfindende Workshop „Schreibweisen der Gegenwart“ von Professor Eckhard Schumacher, der die Frage aufwirft, wie im literarischen Schreiben Gegenwart dargestellt, reflektiert, produziert wird. 

Es wird empfohlen, sich im Vorfeld für den Abend mit Jochen Distelmeyer per E-Mail (elias.kreuzmair[at]uni-greifswald.de) anzumelden, um die Chance auf einen Sitzplatz wahrnehmen zu können.

Fakten: 07.07. | 18 Uhr | Brasserie Hermann

Lesung mit Thomas Meinecke: „Arbeitstitel Sex“

Der Münchener Popautor Thomas Meinecke ist wieder da und liest im Rahmen eines Workshops aus seinem derzeit entstehenden Roman Arbeitstitel Sex.

Im Rahmen des wissenschaftlichen Workshops Schreibweisen der Gegenwart: Pop, Blogs, Social Media, der am Montag im Krupp-Kolleg stattfindet, liest Thomas Meinecke im Sótano am Marktplatz aus seinem neuen Romanmanuskript, das den „Arbeitstitel Sex“ trägt. Die Moderation des sich anschließenden Autorengesprächs übernimmt Prof. Eckhard Schumacher.

Thomas Meinecke live

(Foto: Fleischervorstadt-Blog, 2012)

Der 1955 in Hamburg geborene Thomas Meinecke war von 1978 bis 1986 Mitherausgeber und Redakteur des Avantgarde-Fanzines Mode & Verzweiflung. Später schrieb er Kolumnen für die ZEIT und veröffentlichte mehrere Romane, unter anderem Tomboy (1998), Jungfrau (2008) und Lookalikes (2011) im Suhrkamp Verlag. Doch Thomas Meinecke schreibt nicht nur, sondern ist auch musikalisch umtriebig und hat mit seiner 1980 gegründeten Band Freiwillige Selbstkontrolle (F.S.K.) und als Solomusiker mehr als zwei Dutzend Platten aufgenommen. Wer in den vergangenen Jahren die Radiosendung Zündfunk Nachtmix (BR 2) verfolgte oder dann und wann auf dem Hoffest der Germanistik weilte, konnte den unter anderem mit dem Düsseldorfer Literaturpreis ausgezeichneten Thomas Meinecke in Greifswald auch schon als DJ erleben.

Fakten: 13.07. | 19 Uhr | Sótano (Markt 3) | frei

Judith Schalansky liest in Greifswald aus ihrem Bildungsroman „Der Hals der Giraffe“

Die in Greifswald aufgewachsene Autorin Judith Schalansky liest am Freitagabend im Kontext einer literaturwissenschaftlichen Tagung aus ihrem prämierten Roman Der Hals der Giraffe (2011). Einen passenderen Beitrag hätte man sich nur schwer vorstellen können.

(Foto: Susanne Schleyer, Suhrkamp)

Das von der Stiftung Buchkunst als „Schönstes deutsches Buch des Jahres 2012“ ausgezeichnete Werk erzählt von der alternden Biologie- und Sportlehrerin Inge Lohmark, die an einer von der Schließung bedrohten Schule in der vorpommerschen Provinz unterrichtet. Lohmark versucht vergeblich, den Verfall ihres Lebensumfelds durch eine evolutionistische Sichtweise zu rationalisieren und scheitert. Mehr als einmal wird deutlich, dass es sich bei dem Schauplatz der Erzählung um Anklam handeln muss.

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Kunstpause: „Zwei Männer – ein Meer“ im Pommerschen Landesmuseum

Gastbeitrag von Maria-Friederike Schulze

Zwei Männer - ein MeerMan kommt fast nicht drum herum: Die passend zu den ausgestellten Werken meerblaue farbintensive Werbekampagne zur Ausstellung Zwei Männer – ein Meer überschwemmt Greifswald in ähnlicher Weise, wie es 2007 die Feininger-Sonderausstellung mit ihren gestalteten Bierdeckeln und Stadtbussen tat. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die aktuelle Sonderausstellung, in der bis zum 28. Juni ausgewählte Werke der deutschen Expressionisten Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff in Greifswald präsentiert werden.

Das Drumherum

Ergänzt wird die Ausstellung zu den beiden Brücke-Künstlern durch ein umfangreiches Begleitprogramm, für das verschiedene (lokale) Akteure und Institutionen ins Boot geholt wurden. Neben unzähligen thematischen Führungen und Vorträgen, unter anderem von zwei Pechstein-Enkeln, werden auch von Studierenden des Caspar-David-Friedrich-Instituts produzierte Audio-Guides angeboten.

Sonderausstellung: Zwei Männer ein Meer

In Kooperation mit dem Institut für Deutsche Philologie finden Lesungen statt und sowohl das Kino auf Segeln als auch der Filmclub Casablanca konnten als Partner gewonnen werden. Ein bisheriger Höhepunkt war sicherlich die Lesung mit dem Deutschen Buchpreisträger Lutz Seiler, über die in der vergangenen Woche wortreich auf dem Fleischervorstadt-Blog berichtet wurde. „Kunstpause: „Zwei Männer – ein Meer“ im Pommerschen Landesmuseum“ weiterlesen

Kurzfilm über Greifswalder Dichterin Sibylla Schwarz feiert Premiere

Heute Abend feiert der poetische Kurzfilm Sibylla Back in Town, den Walter Baumgartner, Hedwig Golpon und Lucas Treise in diesem Jahr über das Leben der 1621 in Greifswald geborenen Barockdichterin Sibylla Schwarz drehten, Premiere. Der Film lässt die von der Gymnasiastin Philine Gebhardt gespielte Bürgermeistertochter für einen Tag zurückkehren. Die „pommersche Sappho“ lustwandelt in ihrem damaligen Sommeridyll Frätow, besucht ihr Elternhaus in Greifswald, flaniert über den Wall, streift über den Marktplatz und begegnet in der Hansestadt dem modernen Vorpommern.

Filmplakat Sibylla Schwarz(Plakatausschnitt) „Kurzfilm über Greifswalder Dichterin Sibylla Schwarz feiert Premiere“ weiterlesen