Die der Atomkraft wohlgesonnene Greifswalder CDU-Fraktion zu den noch immer sichtbaren Spuren des Widerstands gegen die beiden Castor-Transporte, die im vergangenen Vierteljahr durch Greifswald in das nahegelegene ZwischenLager der Energiewerke Nord bei Lubmin rollten: „Seit den Castor-Demonstrationen ist die Stadt mit Aufklebern übersät die gegen den Castortransport aufrufen. An Abfalltonnen, Straßenlaternen und Straßenschildern sind gelbe Aufkleber mit dem Symbol der Anti-Atom Bewegung aufgebracht.“
„Ich rufe die Grünen dazu auf, für die Entsorgung zu sorgen, damit wir wieder eine saubere und schöne Stadt haben“
In die dazugehörige Pressemitteilung wurden auch ein paar Zeilen des CDU-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzenden und stellvertretenden CDU-Kreisverbandsvorsitzenden Axel Hochschild geflochten. Der Malermeister, frisch wiedergewählte Vizepräsident des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz und Obermeister der Maler- und Lackierer Innung Greifswald – all dies in Personalunion – brüskiert sich ungewohnt unterrierhaft über den noch sichtbaren Widerstand gegen die Atompolitik:
„Wir freuen uns, dass die Menschen von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen. Was uns allerdings stört ist, dass nach einer solchen Demonstration das Stadtbild unseres schönen Greifswalds mit diesen unzähligen und schwer zu beseitigenden Aufklebern verunstaltet wird […]. Es kann doch nicht angehen, dass die Bürger Greifswalds, welche überwiegend auch gar nicht an den Demonstrationen teilgenommen haben, nun dafür bezahlen sollen, dass der zurückgelassene Schmutz und Unrat beseitigt wird. Wer die Verunstaltungen mit zu verantworten hat, soll diese auch beseitigen! Ich rufe die Grünen und Frau Berger als Mitorganisatorin dazu auf, für die Entsorgung der zahlreichen Aufkleber in der Stadt zu sorgen, damit wir wieder eine saubere und schöne Stadt haben!“
Machen wir gemeinsam Frühjahrsputz!“
Indes sendet der Literaturverein pom-lit positive Signale an den Malermeister und verspricht eine eigene Säuberungsaktion, wenn sich der CDU-Mann erfolgreich des Atommüllproblems annimmt: „Einverstanden, Herr Hochschild! Sie beseitigen die strahlenden Abfälle, die ohne mein Mittun und Wollen durch Greifswald gekarrt und in der Nähe meines Badeplatzes in Lubmin deponiert wurden, und spätestens am darauffolgenden Wochenende übernehme ich persönlich die Entfernung aller Anti-Castor-Aufkleber. Machen wir gemeinsam Frühjahrsputz! Was halten Sie davon?“ Klingt doch nach einem vernünftigen Vorschlag!
Ich bin dabei und würde auch in Vorleistung gehen und zuerst die Aufkleber beseitigen. Ob die Beseitigung durch die Verantwortlichen und Verursacher des nicht so leicht sichtbaren strahlendem Mülls aus meinem Lebensumfeld ebenso einforderbar ist, bleibt abzuwarten. Schließlich ist es so menschlich sich von den nicht sichtbaren Dingen abzuwenden, sie zu übersehen, zu negieren und oder zu leugnen, besonders wenn man an der Verteilung der zufällig beim Verstecken angefallenen Gewinne beteiligt war. Naja, der unterrierhafte Bell-hals muss vermutlich weder seinen Enkeln noch Urenkeln erklären warum später einige Krankheiten oder genetische Veränderungen häufiger auftreten, warum er kein Fell mehr hat sicher auch nicht.
greifswald ist ungefähr die sauberste, geleckteste stadt, die ich mir vorstellen kann. jedenfalls in norddeutschland. und ich freue mich über jeden, der diese stadt ein wenig bunter und chaotischer gestaltet.
sehr schön finde ich bspw. neben den mich tagtäglich erfreuenden anti-atom-Xen übrigens die bunt bemalten mülltonnen und parkbänke in der innenstadt. mehr davon!
das die cdu das anders sieht kann mir allerdings herzlich egal sein. eine partei, die sich über sticker an laternmästen aufregt, während gleichzeitig leute überlegen, ob sie am ende des monats miete bezahlen können, in japan reaktoren explodieren und die npd sich für den wahlkampf rüstet…
an inhalten müsste es ihnen eigentlich nicht mangeln.
und politische aussagen an stromkästen und laternenpfählen sind nur eine logische folge, wenn gleichzeitig nach und nach die ‚legalen‘ plakatwände demontiert werden und somit fläche verloren geht, auf der politische initiativen sich positionieren können.