Am Dienstag tagt das Greifswalder StuPa und wird unter anderem einen Antrag diskutieren müssen, der auf die Einrichtung eines Beratungstelefons für vorwiegend ausstiegswillige Burschenschafter abzielt. Die Hotline soll in enger Kooperation zwischen dem AStA und der psychologischen Beratung des Greifswalder Studentenwerks angeboten werden.
Im Antragstext wird auf die oft unsagbar günstigen Mietkosten hingewiesen, die einige Verbindungen zum „moralischen Preis“ einer längerfristigen Abhängigkeit und Verbundenhkeit offerieren.
(Abbildung: AStA Göttingen)
Oft werden dabei patriarchalische Gesellschaftsbilder dargestellt. Strenge hierarchische Strukturen, elitäre Anforderungen und überholte Frauenbilder engen die freie Gestaltungskraft eines Studenten in seiner universitären Entwicklungsphase ein. Alkoholismus und Rituale der Unterordnung können massive Persönlichkeitsveränderungen hervorrufen. Die verfasste Studierendenschaft sollte Angebote schaffen, die es potenziellen Aussteigern ermöglicht sich von zwanghaften Gemeinschaftsgefühl und Lebensbund zu lösen.
Wenig Bedarf, fast keine Kosten
Vorbild für den Antrag ist der AStA Göttingen, der schon vor 18 Monaten ein telefonisches Beratungsangebot dieser Art einrichtete. Dadurch seien in Göttingen weder zusätzliche Kosten entstanden noch würden die dortigen AStA-Referentinnen durch die Hotline überlastet, denn die Beratung würde von Mitgliedern der politischen Hochschulgruppen geleistet werden, wie Stupist Eric Makswitat in seinem Blog festhält.
Geht es nach den sechs Antragsstellern, so beginnt die Hotline mit einer wöchentlichen Telefonstunde. Wer die Schärpe an den Nagel hängen will, erhält dort Kontakt zu rechtlichen und sozialen Beratungen in Sachen Ausstiegs und Bedrohung, bei der Bewältigung einer Alkohlabhängigkeit sowie zu Krisenintervention.
In Göttingen soll es mehr als 50 Burschenschaften, Corps und Verbindungen geben und damit mehr als doppelt so viele wie in Greifswald. Die Resonanz auf die Hotline soll dort anfangs sehr gut gewesen sein; mittlweile hat sich aber die Zahl der Telefongespräche auf 3-4 pro Tag beruhigt. In Greifswald wird der Beratungshunger kaum größer sein, weswegen die für heute Abend zu erwartende Debattenzeit wohl kaum in angemessener Relation zur Reichweite des Diskussionsgegenstands stehen wird.
Gespannt sein darf man aber schon jetzt auf die Redebeiträge des Stupisten Alexander Wilhelm Schmidt, der als Doppelaussteiger nicht nur die sächsischen Republikaner, sondern auch eine Greifswalder Turnerschaft hinter sich gelassen haben soll.
(Foto: daklebtwas, CC BY-NC 2.0)
Sehr nice. Ex-Präsi Makswitat will mit seinem „Stellvi“ Böhm abrechnen.
Ich fänds ja super, wenn Alexander „Die Schmalzlocke“ Schmidt nach REPs und der Turnerschaft auch das Stupa hinter sich lassen würde. Aber gegen Geltungsdrang und andere Komplexe kann die Hotline sicher nicht helfen…
Schmidt als dreifachaussteiger titulieren zu können, wäre natürlich eine ausgesprochen angenehme Vorstellung – allerdings müsste dazu die Wahlbeteiligung bei den Gremienwahlen (im Januar) endlich einmal signifikant steigen…und zwar in den richtigen kreisen…
Die Hotline des Göttinger AStA hat jedenfalls für einigen Wirbel im abgeschotteten Verbinder-Milieu gesorgt und zudem die Probleme in und mit Verbindungen noch mal in breitere Kreise der Öffentlichkeit getragen.
Lustigerweise haben viele Verbindungen auch noch mal (vermutlich eher unfreiwillig) zur weiteren Verbreitung der Hotline innerhalb ihrer Strukturen beigetragen und damit dem AStA einiges an Werbeaufwand abgenommen.
Für Greifswald wäre so ein Sorgentelefon sicher auch nicht schlecht.
PS: Viel geturnt wird der A.W. Schmidt in seiner Verbindung nicht haben. 😉
Ich habe heute Mittag vor der Veröffentlichung mal während der Kontaktzeit beim Beratungstelefon angerufen, aber leider zweimal niemanden erreicht, nicht mal einen Anrufbeantworter. Vielleicht ist die Idee ja schon gescheitert.
Sinnsvoller sind solche Programme: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,792268,00.html
Herrlich, diese dumm-gewöhnlichen Reflexe, gleich mit dem Finger aufs andere politische Spektrum zu zeigen.
Komisch nur, dass der Verfassungsschutz selbst mit verhaltenen Reaktionen rechnet. Kein Wunder, braucht es doch eher Ausstiegshilfen aus autoritären und streng hierarchischen Strukturen wie Nazi-Kameradschaften, AN-Gruppen oder eben alkoholaffinen Männerbünden, als aus einem politischen Feld, wo die meisten sich einen emanzipativen/freiheitlichen/anarchistischen Anstrich geben. Ich wette, bei der Burschi-Hotline rufen in einem Monat mehr an, als bei der Autonomen-Hotline in einem Jahr.
Huah, du bist ja ein ausgeschlafenes Kerlchen! Hinter dem Link verbirgt sich ein SpOn-Artikel: „Aussteiger-Hotline für Linksextreme. Brandstifter, bitte melden!“
finde solche überlegungen und maßnahmen uff jeden besser, kreativer und unserer gesellschaft zuträglicher als einfach nur fensterscheiben dieser reaktionären einrichtungen einzuwerfen