Am Freitag erscheint ein mehrseitiges Arndt-Spezial der Ostsee-Zeitung. In dieser Beilage wird unter anderem eine Stellungnahme von Prof. Dr. Eleonore Weber veröffentlicht. Darin nimmt die Rektorin der Universität Bezug auf die aus den Fugen geratene Debatte, nennt die Angriffe auf die studentischen Senatsmitglieder ein „fatales Signal“ und mahnt zu Besonnenheit. Die Stellungnahme wird im Folgenden ungekürzt wiedergegeben.
Der Erweiterte Akademische Senat unserer Universität hat mit der hohen Hürde einer Zweidrittel-Mehrheit die Entscheidung getroffen, den Namenszusatz „Ernst-Moritz-Arndt“ abzulegen. Die Debatte über den Namenspatron währt seit langen Jahren und hat in der gebotenen Tiefe und Intensität immer wieder zum Ausdruck gebracht, wie unterschiedlich die Perspektiven sind, aus denen die Persönlichkeit und das Werk von Ernst Moritz Arndt betrachtet werden können. Diese unterschiedlichen Positionen verdienen Respekt.
Prof. Dr. Eleonore Weber, Rektorin der Universität Greifswald (Foto: Pressestelle)
Wie bei allen strittigen Fragen, die in einer repräsentativen Demokratie von den demokratisch gewählten Gremien zu entscheiden sind, können Beschlüsse nicht alle Interessengruppen gleichermaßen zufriedenstellen. Wir erkennen an, dass manche derjenigen, die sich durch ihr Studium oder ihre Tätigkeit mit unserer Universität eng verbunden fühlen, die Änderung des Namens als einen großen Verlust erleben.
Im Wissen um die unterschiedlichen Positionen bitten wir darum, dass der im Rahmen der Autonomie der Universität getroffene Beschluss respektiert wird. Bei allem Verständnis für die Enttäuschung über die Namensänderung treten wir ganz entschieden solchen Stellungnahmen entgegen, in denen gezielt Hochschulangehörige und insbesondere Studierende angegriffen werden und ihnen das gesetzlich verbriefte Recht auf Mitbestimmung in allen die Universität betreffenden Angelegenheiten abgesprochen wird. Eine Universität besteht aus der Gemeinschaft aller Gruppen und der Erweiterte Akademische Senat bildet diese Gemeinschaft ab.
Wir haben Greifswald bisher als eine weltoffene Stadt erlebt, in der Studierende und Wissenschaftler aus anderen Regionen und Bundesländern willkommen sind. Die studierendenfreundliche Atmosphäre der Stadt trägt neben dem guten Ruf der Universität in Forschung und Lehre wesentlich zur Attraktivität der Universität Greifswald bei den Studierenden bei, von denen drei Viertel aus anderen Bundesländern kommen.
Angriffe gegen Universitätsmitglieder aus anderen Regionen sind deshalb ein für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald fatales Signal. Sie erwecken den Eindruck, dass Studierende und andere „zugezogene“ Mitglieder der Universität in dieser Stadt nicht länger willkommen sind. Als ein peripherer Standort sind wir jedoch in besonderem Maße auf den Zuzug von Personen nach Greifswald angewiesen. Die Konsequenzen für die Stadt, die entstünden, wenn die Studierenden wegblieben und die Universität in ihrem jetzigen Bestand gefährdet wäre, wären dramatisch. Ich wünsche mir deshalb Besonnenheit und verbale Abrüstung – und das auf allen Seiten.
Wir sind die Universität in der Stadt Greifswald. Das wollen wir auch in Zukunft bleiben!
Herzliche Grüße
Johanna Weber
Rektorin
Wenn der Name Ernst Moritz Arndt den neuen Exorzisten geopfert wird, dann müsste auch der von Martin Luther für die Uni Halle-Wittenberg ebenfalls bestrichen werden. Luther war schließlich zu seiner Zeit – und das sollte auch bei E.M. Arndt beachtet werden – ebenfalls glühender Judenhasser und hat die Liquidierung der aufständischen Bauern sowie ihrer religiösen Führer befürwortet.
Warum sollten deshalb seine anderen Leistungen für Deutschland in Bälde geehrt werden ?
Also mit Verlaub, wenn hier jemand Dinge beschwört, dann sind das zuvorderst die Umbenennungsgegner, die sich schon aus großer Entfernung an ihrer Sprache erkennen lassen.
Zu ihrem Scheinargument: Ich habe bei dieser und den drei vergangenen Arndt-Debatten keinen Umbenennungsbefürworter gehört, getroffen oder gelesen, der sich explizit für Luther oder vergleichbare Persönlichkeiten ausgesprochen hat. Sie stellen es als gesetzt dar, dass die Arndt-Gegner nicht in der Lage wären, den antisemitischen Gehalt der anderen zu erkennen, verkennen dabei jedoch den Kern der gegenwärtigen vierten Arndt-Debatte. Haben Sie hier schon die Forderung vernommen, die Lutherstr. umzubenennen? Ich jedenfalls nicht und ebenso verhält es sich auch mit der nach Arndt benannten Schule und der Straße. Zudem sind eben dies Themen einer Stadtbevölkerung, die ihrerseits in Sachen Hochschulpatron zurecht kein Mitspracherecht hat. Die Hochschulangehörigen haben ihre Entscheidung innerhalb ihres Kompetenzrahmens getroffen. Luther kommt in diesem Bereich nicht vor.
Luther ist im Gegensatz zu Arndt eine Persönlichkeit, an der man nicht vorbei kommt. Luther hat internationale Bedeutung, Arndt eher regionale. Weil Luther so wichtig ist, ist es vertretbar zu verlangen, sich differenziert mit seinen Leistungen und Fehlleistungen auseinander zu setzen. Das passiert übrigens gerade jetzt sehr intensiv und ich würde sagen unter einem allgemeinbildenden Charakter.
Von wem soll man verlangen sich mit Arndt auseinander zu setzen? Von jedem, der in Berührung mit Arndt kommt? Ich denke das wäre zu viel verlangt. Arndts progressive Auffassungen seien ihm unbenommen, aber er würde immer ein Patron bleiben, den man erklären müsste. Das möchte ich nicht.
Mithin ist der Vorwurf, es ginge um eine Säuberungsaktion („Exorzismus“) verfehlt. Die Umbenennung der Arndtstraße und der EMA-Schule strebt niemand an, das würde ich auch nicht unterstützen, denn die jeweilige Strahlkraft des Patronats ist deutlich geringer – sie ist damit Arndts Bedeutung angemessen.
Ist auch mal eine Überlegung wert:
Seltsamerweise haben es die Herren in der Kaiserzeit nicht vollbracht die Uni nach Arndt zu benennen. Das geschah erst 1933 durch Hermann Göring. Wenn viele von „Links-versifften…“ sprechen, kann man denen ja gegenhalten, dass sie sich mit Nazis gemein machen, wenn sie sich für Arndt als Namenspatron einsetzen.