Bausenator Jörg Hochheim erklärt Poller-Posse für beendet

Ab heute ist die denkmalgeschützte Klappbrücke in Wieck endlich wieder für Autos befahrbar. Zuletzt wurde sie für den motorisierten Verkehr gesperrt, weil der inzwischen als „Superpoller“ überregional bekannte Brückenwärter durch einen Unfall beschädigt wurde und repariert werden musste.

Bausenator Jörg Hochheim (CDU) hat die Faxen nun allmählich dicke: „Ich gehe davon aus, dass der problematische Fehler des Vorgängermodells in dem neu installierten Pollersystem ausgeschlossen ist und nicht wieder auftritt. Ein solches fehlerfreies Funktionieren der Anlage darf ich als Auftraggeber erwarten.“

DAS WIRD MAN JA WOHL NOCHMAL ERWARTEN DÜRFEN 

Die Polleranlage soll verhindern, dass Fahrzeuge die Brücke nutzen, ohne dass die dafür fälligen 50 Cent bezahlt wurden. Manche Fahrzeugführer warten, bis jemand anderes die Gebühr für die Nutzung der Brücke bezahlt hat, und versuchen dann rasch, diesem Fahrzeug in dichtem Abstand zu folgen, so dass sie sich auf der Brücke befinden, ehe der Poller wieder an seiner Position ist. Die Bilanz dieses pfennigfuchsigen Manövers: seit dem Sommer 2011 wurden in Wieck mehr als 30 Fahrzeuge durch den für zwei Autos schließlich doch zu rasch hochfahrenden Poller beschädigt.

(Foto: Fleischervorstadt-Blog, 2013)

Bis heute wurden mehr als 180.000 Euro für die unterschiedlichen Anlagen vor der Klappbrücke ausgegeben, doch die in die Poller gelegten Hoffnungen, jetzt endlich an der motorisierten Sondernutzung des Denkmals mitverdienen zu können, blieben unerfüllt — die Sperren entpuppten sich als unwirksam und wurden von den Fahrzeugführern immer wieder durch dichtes Auffahren ausgetrickst.

Der 120.000 Euro teure Superpoller sollte diese Tricksereien ein für alle Mal verhindern. Doch bei seinem dritten Unfall wurde das Hydraulikaggregat der Anlage so stark beschädigt, dass der Superpoller außer Betrieb genommen werden musste — wieder entgingen der Stadt Einnahmen für die Brückenpassage.

Auch wenn Bausenator Hochheim nun die Provinzposse um den Wiecker Brückenpoller, auf den inzwischen sogar das Satiremagazin Extra3 aufmerksam geworden ist, in bester Tradition Ronald Pofallas für beendet erklärt hat, darf man davon ausgehen, dass sich die Probleme mit der Wiecker Klappbrücke auch in Zukunft fortsetzen werden.

Dem Optimismus von Hartmut Hecker, Geschäftsführer des für die Reparatur verantwortlichen Unternehmens innoVent, der sagt, dass Poller und Steuerung jetzt gut aufeinander abgestimmt wären und die Anlage nun technisch fehlerfrei arbeiten würde, kann man folgen, muss man aber auch nicht. Mit Brückenwärtern aus Fleisch und Blut wäre diese ganze Angelegenheit wohl günstiger ausgegangen.

Greifswald hat den Superpoller!

Die Wiecker Brücke wird am Freitag ab 12 Uhr wieder für den sondernutzungsberechtigten Verkehr freigegeben: „Die Bauarbeiten für den Einbau der neuen Polleranlage sind abgeschlossen, die letzten Testläufe waren erfolgreich.“ So kurz und knapp kündigte die Stadtverwaltung heute das Ende der nicht enden wollenden Lokalposse um den PKW-Verkehr auf der denkmalgeschützten Klappbrücke über den Ryck an.

EIN FELS IN DER BRANDUNG DER UNBERECHTIGT PASSIERENDEN

Greifswald hat ihn jetzt endlich, den Superpoller! Das stählerne Schwergewicht kommt aus Italien und bringt 800 Kilogramm auf die Waage. Fels in der Brandung unberechtigt passierender Fahrzeuge soll er sein; für Ordnung soll er sorgen.

Wer sich diesem geradlinigen Regime widersetzen würde und ohne zu bezahlen mit Tempo 50 über die Brücke eilte, bekäme es mit einem Anprallwiderstand von 6,8 Tonnen zu tun. Darauf ist man sehr stolz, denn der letzte Poller war weniger unbeugsam und brachte es auf unwiderständige 0,45 Tonnen — wohlgemerkt bei geschwindigen 10 Stundenkilometern.

(Foto: Fleischervorstadt-Blog)

Doch so weit soll es gar nicht kommen: anders als beim alten Modell besteht die Steuerung des stählernen Verkehrselements aus zwei mehrere Meter voneinander entfernt verlegten Schleifen, von denen eine mit einem Warnlicht versehen ist, das davon abhalten soll, zu dicht auf das Vorderauto aufzufahren. Das intelligente Sicherheitssystem ist darüber hinaus mit einer Wiederholungssperre ausgestattet, die verhindert, dass man innerhalb von fünf Minuten die Brücke zweimal in die gleiche Richtung überqueren kann.

Überhaupt erst zum Thema wurde der stählerne Brückenwärter, als er nach 20-jähriger Dienstzeit aus Verschleißgründen gegen ein 40.000 Euro teures Poller-System ausgetauscht wurde. Noch am Tag der Eröffnung im August 2011 zerstörte ein Auto, das trotz roter Ampel die Brücke überqueren wollte, die 40.000 Euro teure Neuanschaffung — es sollte nicht bei diesem einen Zusammenstoß bleiben. Seitdem gab es 29 Unfälle, die insgesamt 8 Poller zerstörten.

Die Kosten für den neuen Superpoller belaufen sich auf 120.000 Euro, doch wer eine Welle der Empörung darüber erwartete, wurde enttäuscht. Nicht einmal Axel Hochschild (CDU), der sich im Zusammenhang mit der Diagonalquerung mehrmals gegen “die einseitige Bevorteilung für eine Gruppe [sic!] der Verkehrsteilnehmer” ausgesprochen hat, meldet sich in der Sache zu Wort.

Die Stadtverwaltung wird die derzeit rund 800 registrierten Sondernutzungsberechtigten in den nächsten Tagen mit einem Handzettel darüber informieren, wie die neue Anlage funktioniert und wie sie sich bei der Brückenüberfahrt zu verhalten haben, wenn sie eine Konfrontation mit dem stählernen Schwergewicht aus Italien vermeiden wollen. Wir werden sehen, wie lange der Superpoller halten wird.