Nichtwahlempfehlung #1 Alexander S. *update*

In der nächsten Woche werden an der Universität Greifswald die Sitze im Senat, in den Fakultätsräten und im StuPa neu verteilt. Profis in Sachen Hochschulpolitik geben hier und da Wahlempfehlungen ab und wollen im Dschungel der Kandidaten für Orientierung sorgen.

Dem schließe ich mich dankbar an. In Ermangelung hochschulpolitischer Expertise beschränke ich mich dabei allerdings nur auf Empfehlungen, wer in meinen Augen nicht gewählt werden sollte.

Jung, liberal und stockreaktionär

Der zwanzigjährige Alexander S. ist Student der Rechtswissenschaften und Mitglied der Liberalen Hochschulgruppe (LHG). Er ist im Vorstand des Akademischen Börsenvereins und engagiert sich bei der Turnerschaft Cimbria.

Durch einen Fehler beim Abgleichen der verschiedenen Wahllisten taucht er nicht in der von der Wahlleitung erstellten Broschüre bei den Kandidaten für den Senat auf (Man kann die Publikation, in der sich die Kandidaten und Kandidatinnen in Kurzform vorstellten, hier herunterladen und sich selbst ein Bild von den möglichen Günstlingen seines Votums machen). In einem Artikel auf dem webMoritz wird auf den Fehler explizit eingegangen:

„In einem Gespräch mit dem webMoritz äußerte er Unverständnis über das Fehlen seiner Senats-Bewerbung (als StuPa-Kandidat ist er aufgeführt) in der Info-Zeitung. Robert Herold erklärte uns hingegen, es sei ihm bekannt gewesen, dass es einen weiteren Kandidaten für den Senat gegeben hätte. Beim Versuch eines Listenabgleichs sei ihm jedoch von einer Mitarbeiterin des Uni-Wahlleiters Mike Naujok mitgeteilt worden, dass man den Namen des Kandidaten nicht heraus geben könne. Zumal habe dieser explizit betont, dass er sich nicht auf der Liste des AStAs wiederfinden wolle.

S. hingegen hält das Fehlen seiner Vorstellung für “keinen Zufall”. Weiter ausführen wollte er diesen Vorwurf allerdings nicht. Zudem erwähnte er dem webMoritz gegenüber, dass er sich rechtliche Schritte aufgrund der mangelnden Chancengleichheit vorbehalte. Dass die Wahl durch solch einen Schritt für ungültig erklärt werden könnte, erscheint derweil unwahrscheinlich.“

S. räumt auf seinem Blog ein, dass er als Mitglied der LHG kein unpolitischer Mensch sei, betont aber seine Unabhängigkeit gegenüber studentischen Gremien. Einige seiner angestrebten Ziele heben sich deutlich von denen der anderen Kandidaten ab und auf sie soll noch einmal explizit hingewiesen werden, denn so reaktionär hätte ich keinen jungen Liberalen eingeschätzt.

Ausgewählte Ziele von Alexander S.:

  • Ende von ideologischen Diskussionen über Ernst Moritz Arndt
  • StuPa nicht als moralische Instanz zu studentischen Projekten
  • keine Sonderförderung für Bio-Essen, Fair-Trade-Kaffee u.a.
  • keine gesonderten Veranstaltungen für Frauen
  • Abschaffung des Gleichstellungsreferates
  • gegen Genderung von Uni-Texten
  • Ablehnung von jeglichem Extremismus an der Universität (NPD, Rote Hilfe, u.a.)

Den Wunsch nach Beendigung der Diskussion um den umstrittenen Namenspatron der Universität kann ich mit meiner eigenen Arndtverdrossenheit im Rücken gut nachvollziehen.

Die unreflektierte Gleichsetzung von der NPD und der Roten Hilfe ist man inzwischen auch schon gewohnt. An dieser Stelle empfehle ich jedem, mal in den vielzitierten Verfassungsschutzberichten nachzulesen, was dort eigentlich über die Rechtshilfeorganisation steht. Die Krönung sind jedoch S.’s Ambitionen zum Thema Gleichstellung. Eine derart genderfeindliche Einstellung, wie sie der junge Kandidat an den Tag legt, wird in der Wahlbroschüre kein zweites Mal so deutlich formuliert.

Vielleicht sollte Alexander S. einmal Notiz vom Interdiziplinären Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IZFG) nehmen? Dessen Abschaffung würde auch noch Platz im Gruselkabinett seiner Zielsetzungen finden.

*Update*

S. hat noch eine ganz andere Karriere hinter sich, die in der Wahlbroschüre leider nicht erwähnt wird. Vor drei Jahren wurde er mit nur 17 Jahren zum Schriftführer und Landesjungendbeauftragten der Leipziger Republikaner (REP). Die Partei wurde übrigens vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.

Die Information stammt aus der im März 2007 erschienenen Veröffentlichung GAMMA – Antifa-Newsflyer für Leipzig & Umland.