Steinar in Greifswald Teil 9

Heute erschallte ein weiteres Mal das Echo der Leser des hiesigen Lokalblattes Ostsee Zeitung. Darin ein interessanter Leserbrief, der verdeutlicht, wie sehr die Thor Steinar-Debatte am eigentlichen Kern daneben geht.

Im Leserbrief heißt es: „Die Aussagen machen betroffen. Anhand von Textilien werden Käufer und Verkäufer in eine politische Richtung gedrängt, in der wahrhaftig nicht jeder aktiv ist. Es ist richtig, dass Thor-Steinar-Klamotten in Neonazi-Kreisen Nr. 1 sind. Aber auch Kleidung von Helly Hansen steht aufgrund der Abkürzung HH oben auf der Liste der Neonazis. Sind jetzt alle Sportler, insbesondere Segler, die Helly Hansen tragen, Nazis? Ist jeder, der ein Kopftuch trägt, Terrorist?“

Der Kopftuchvergleich macht es noch viel deutlicher als Helly Hansen. Natürlich ist nicht jeder Kopftuchträger, bzw. -um der Realität Einzug zu gewähren- jede Kopftuchträgerin, auch Terroristin. Und natürlich ist nicht jeder Segler mit HH-Jacke ein gewaltbereiter Neonazi. Der große Unterschied ist, dass Kopftücher nicht von Al-Quaida produziert und vertrieben werden, und bei Helly Hansen es sich allenfalls um eine instrumentalisierte Marke handelt. Thor Steinar ist aber im Gegensatz dazu eine von Neonazis ins Leben gerufene Marke, die nicht erst instrumentalisiert werden musste, die schon von Beginn an rechts steht. Das Problem ist ja nicht, dass rechtsextreme Dresscodes en vogue werden, sondern dass der Kauf dieser Produkte rechte Firmen stärkt.

leserbrief thor steinarWeiterhin muss der vorgestrige Beitrag nach einigen Gesprächen ergänzt werden. Erinnern wir uns kurz: Sebastian Ratjen kündigte an, sich aus Solidarität mit den womöglich von Entlassung bedrohten VerkäuferInnen eine Thor Steinar-Jacke zuzulegen. Er hätte sich auch einfach ein Paar Schuhe dort kaufen können, aber so wurde er ein weiteres Mal Gegenstand eines wütenden Leserbriefes. Weiterhin beklagte er, dass insbesondere Frau Dembski „mit dem Terror politischer Überkorrektheit“ zwei Arbeitsplätze zerstört hätte. Der Terrorbegriff ist hauchdünnes Eis und Ratjens glühende Füsse sind mitterweile bekannt. Dieter Nohlens etabliertes Lexikon der Politikwissenschaft kennt folgende Definition zu Terrorismus: „Terrorismus (von lat. terror= Schrecken, Angst und Schrecken auslösendes Geschehen), häufig mit Terror synonym verwendeter Begriff; gemeinsames Merkmal ist die Anwendung von Gewalt (Folter, Mord, gewaltsamer Widerstand) ausserhalb des legalen oder als legitim erachteten Rahmens und die Verbreitung von Angst und Schrecken zu politischen Zwecken.“

Den Begriff mit der kritischen, zivilcouragierten Öffentlichkeit in Verbindung zu bringen, welche die Thor Steinar-Debatte in Greifswald mitproduzierte, ist ein weiterer trauriger Beweis für Ratjens politische Unvernunft.

Ein Gedanke zu „Steinar in Greifswald Teil 9

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert