Am vergangenen Sonnabend fand im IKUWO eine Arcade Party statt. Auf Großleinwand wurde die Möglichkeit zum live tagging offeriert und alte Spielkonsolen zum Leben wiedererweckt. Leider fand die ausgelassene Stimmung ein jähes Ende, als das Haus mit mehreren Gegenständen beworfen wurde.
Die drei Angreifer flüchteten, ihnen konnte aber gefolgt werden und die Polizei wurde sofort verständigt. Die Angreifer wurden eindeutig als Mitglieder der rechten Burschenschaft Rugia identifiziert.
Den rechten Arm zum Gruß erhoben, den Schlagring in der Tasche
Noch vor dem Eintreffen der Beamten hob einer der Angreifer an der Kreuzung Gützkower Str./Bahnhofstr. den rechten Arm und salutierte althergebracht auf deutsche Art. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was auf dem Haus der Rugia in interner Runde für Gedankengut geteilt werden mag.
Beim Eintreffen der Polizei – inzwischen befanden sich die Täter an der Ecke Bahnhofstr./Rubenowstr. – ließ einer der Täter einen Gegenstand fallen. Die Beamten wurden darauf hingewiesen und stellten einen Schlagring sicher. Diese Handwaffe ist in Deutschland aus gutem Grund verboten. Die Personalien der drei Angreifer wurden von der Polizei festgestellt. Noch während der Personalienfeststellung drohten sie verbal den Personen, die ihnen gefolgt sind.
„Uns zuckt der Jünglingsarm voll Tatenlust“
Es konnte beobachtet werden, wie sich die drei Rugianer gröhlend und pöbelnd zum Haus der Markomannia am Karl-Marx-Platz bewegten, klopften und ihnen Einlass gewährt wurde. Damit sollte auch die Gerüchteküche über Zwistigkeiten zwischen den beiden Burschenschaften wieder auflodern, denn Distanz sieht anders aus.
Vielleicht haben die Rugianer das Bundeslied der Markomannen (Brause, Du Freiheitssang) zu wörtlich genommen, in dem es heißt: „Uns zuckt der Jünglingsarm voll Tatenlust!“. Per Satzung verlangt die Rugia von ihren Mitgliedern: „diszipliniertes und selbstbewußtes Auftreten gemäß den Gesetzen der gesellschaftlichen Sitte und des auf wahrer Bildung beruhenden Anstandes.“ Nachts das IKUWO zu attackieren zeugt durchaus von einer gesunden Portion Selbstbewußtsein, den sich selbst zugeschriebenen Anstand ließen die schmissigen Deutschtümmler allerdings wie so häufig vermissen.
Unglaubwürdige Bekenntnisse zur Demokratie
In der Vergangenheit versuchte die Burschenschaft immer wieder, sich als zum demokratischen Spektrum zugehörig zu präsentieren, doch personelle Verbindungen mit der NPD, Vorträge mit geschichtsrevisionistischen Referenten und beobachtete Rugianer auf Neonazi-Demonstrationen machten dieses Ansinnen in höchstem Maße unglaubwürdig. Schändlicherweise tragen sie auch noch die Farben des Greifswalder Stadtwappens (rot-weiß-grün).
Dass man sich diesen Reihen ausdrücklich für die Beibehaltung des kontrovers diskutierten Namenspatrons Ernst-Moritz Arndt stark macht, dürfte nicht weiter verwundern.
Burschenschafter im nationalen Greifswald
Übrigens wurde in Greifswald auch während des Dritten Reiches gefochten und „studentisches“ Brauchtum gepflegt. Zeitungsartikel zeigen Burschenschafter mit Hakenkreuz bei der ersten Mensur im nationalen Greifswald. Sie zeugen außerdem vom Aufruf der „Greifswalder Studentenschaft“ zur Bücherverbrennung auf dem Marktplatz am 10. Mai 1933.
Lokalhistoriker könnten endlich einmal damit beginnen, sich kritisch mit der Rolle der Greifswalder Studentenverbindungen während des Dritten Reiches in der Hansestadt auseinanderzusetzen und den korporierten Mythos zu entzaubern, alle Verbindungen seien unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gleichgeschaltet und verboten worden.
die Mitglieder der Rugia waren schon immer naja darf jede_r selbst werten in dem Artikel “In Ruhe lernen und gesund nach Hause Kommen” aus der Ostsee-Zeitung vom 17 Oktober 1991 wird über die Kundgebung berichtet die anlässlich eines Gewalttätigen Überfalls von Rechtsradikalen auf einen jeminitischen Pharmaziestudent in Greifswald veranstaltet wurde.
Unter den Zuhörer_innen wird nach deren Meinung gefragt. Ich Zitiere nun aus dem oben genannten Artikel:
“”Aber Gespräche zwischen den den Ausländern und den Schlägern sind Illusion. Ich bin gespannt, was die Polizei und die Stadtverwaltung unternehmen will” mein Thilo Schünemann (21), Student und Mitglied der Burschenschaft Rugia. “Das Recht auf politisches Asyl dürfen nur jene haben, die auch politisch verfolgt werden. Aber letztendlich werden doch
alle möglichen Asylanten geduldet. Aber Gewalt kann nicht die Antwort auf die Asylntenschwemme sein. Ich würde vorschlagen, eine gezielte Entwicklungshilfe zu verstärken, statt hier Riesensummen für Asylsuchende auszugeben” ”
noch mal der Herr Schünemann sagt dies (ich spare mir jetzt mal eine Wertung) am Rande einer Kundgebung die das Ziel hatte sich solidarisch zu zeigen mit einem Menschen der in HGW studieren wollte und aufgrund seine Herkunft Überfallen wurde.
lange nicht von so einer selten dämlichen aktion gelesen, zogen sie aus, unsinn machen, zum weinen komisch
wäre zu schön wenn sie wegen verstoßes gegen ihre eigene Satzung Konsequenzen zu spüren bekämen, bleibt sicher nur eine amüsante vorstellung meinerseits
„“Noch vor dem Eintreffen der Beamten hob einer der Angreifer an der Kreuzung Gützkower Str./Bahnhofstr. den rechten Arm und salutierte althergebracht auf deutsche Art.““
Was ist denn das fürn Blödsinn??? Althergebracht auf DEUTSCHE Art ?!
Ich stimme dem zu, dass diese Art zu Grüssen weit mehr als falsch und verboten ist, aber es hat nichts mit deutschem Kulturgut oder Brauchtum zu tun.
Manchmal denke ich, dass viele Leute aus dem IKUWO und in der Szene direkt, ziemlich Deutschland feindlich denken und diskutieren.
Es soll nicht falsch rüber kommen, ich habe nichts gegen diese Personen. Im Gegenteil, so manch ein guter Freund befindet sich darunter und mit der rechten Szene hab ich im übrigen auch nichts zu tun.
Doch sollte so manch einer mal seine Einstellung über dieses Land überdenken und nicht immer alles schlecht reden. Es ist nicht alles Gold was glänzt aber auch nicht alles scheisse was stinkt…
@stefan:
Vielen Dank für deinen Kommentar. In meinen Augen gehören zur deutschen Geschichte auch die zwölf dunklen Jahre. Wenn Massen sich bestimmter Symboliken, Rituale usw. bedienen, werden diese Ausdrucksweisen für mich Teil einer bestimmten Kultur. Wenn ich in der Sahara von Tuareg mit einem amtlichen „Heil Hitler!“ und strammer Haltung begrüßt werde, nachdem sie bemerken, dass ich aus Deutschland komme, kriege ich das zu spüren.
Zur leidigen Diskussion mit und um die Antideutschen kann ich dir nur sagen, dass ich von deren Gedanken rein gar nichts halte und mich dann politisch viel eher auf der antiimperialistischen Seite verorte.
Vertreter beider Lager können aber im IKUWO über diese unterschiedliche Einstellung hinwegsehen und arbeiten trotzdem gut zusammen.
In anderen Städten hat sich ja über diese Frage die Linke entzweit, in Greifswald ist das nicht der Fall.
Es gibt übrigens zwei Artikel. die sich mit der Greifswalder Bücherverbrennung beschäftigen und natürlich auf die wie fast überall in Deutschland erfolgende Beteiligung von studentischen Verbindungen hinweisen. Also liebe Internet-Gemeinde: einfach auch mal ein bisschen im analogen Spektrum recherchieren, da ist abseits vom digitalen Raum auch einiges zu finden…
Der Greifswalder NSDStB wies im Übrigen – wie wiederum überall in Deutschland – einen erheblichen Anteil ehemals Korporierter auf. Die sämtlich korporierten Mitglieder des 33er Astas, die nicht dem NSDStB angehörten, haben die Bücherverbrennung der Deutschen Studentenschaft ebenfalls unterstützt. Es ist übrigens ein Missverständnis, dass die Bücherverbrennung genuin von den NS-Studenten geplant war, stattdessen wurde sie von der Deutschen Studentenschaft also dem Dachverband der deutsche Asten durchgeführt.
Übrigens wäre es auch mal interessant, wenn der Greifswalder Asta und das Greifswalder Stupa ihre Vergangenheit aufarbeitet…
Karl-Heinz Borchardt, „Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 und die Aktion Für den deutschen Geist der Greifswalder Studenten“ im Pommerschen Jahrbuch für Literatur 2 (2007), S. 153-176.
Dirk Mellies, Karl-Heinz Borchardt: Greifswald. In: Julius H Schoeps/Werner Tress (Hg.) Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933, Hildesheim 2008, S. 392-409.
Zum Thema „Beteiligung der Burschenschaften an der Bücherverbrennung“ gibt es zwei wichtige Aufsätze: Karl-Heinz Borchardt: „Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 und die Aktion ‚Für den deutschen Geist‘ der Greifswalder Stundenten“, in: Pommersches Jahrbuch für Literatur 2, Ffm u.a.: Lang 2007, S. 153-176, und ders. und Dirk Mellies: „Greifswald“, in: Schoeps/Treß (Hg.): Orte der Bücherverbrennungen in Deutschland 1933, Hildesheim u.a.: Olms 2008, S. 392-409. In beiden wird die ‚Greifswalder Zeitung‘ vom 11.5.1933 zitiert: „Polizei und SA. bildeten die Absperrkette, studentische Vereine und Korporationen, der Stahlhelm in geschlossener Front und SA. nahmen Aufstellung im Innenraum des Marktplatzes.“ Im Pomm Jb. 2, S. 162 heißt es: „Eine genaue Dokumentation des Ablaufes der Bücherverbrennung […] konnte ich bisher nicht auffinden.“ Danach zitiert der Autor aus Schriftstücken der „Akademischen Turnverbindung“, die offenbar einige Bücher verbrannt hat. Andere Namen werden nicht genannt – Außer natürliche der „Deutschen Studentenschaft“ und des NSDStB. Ob noch andere und, wenn ja: welche „studentischen Vereine und Korporationen“ beteiligt waren, ist wohl noch offen.
…da wird von links nach rechts und andersrum mit dingen geschmissen, die nicht auf sportliche betätigung schließen lassen und ich muß meinem sohn erklären, warum er sich nicht prügeln soll… wahrscheinlich verstehen mich jetzt nur eltern 😉 bald wird er die zeitung lesen (freiwillig) und mir 76 fragen stellen, die ich nicht beantworten kann. hilfe – ich bin so dumm! kann mir bitte jemand die welt erklären? wo bleibt die macht der worte?
Worte, Polemik und Positionierungen findest du vorerst hier auf dem Fleischervorstadt-Blog!
das ist überhaupt DIE lösung: ich setze meinen sohn vor den rechner und das prügelproblem sowie das problem mangelhafter berichterstattung in der OZ sind aus der welt. du revolutionierst meine erziehungsmethoden! vielen dank und einen weiterhin schön trüben herbsttag mit zum lachen anregenden nieselgesichtern wünsch ich 🙂
Althergebracht auf DEUTSCHE Art… ok, ich will das ganze jetzt nich zu einer weiteren deutsch-undeutsch-diskussion ausarten lassen… aber der gehobene rechte arm zum gruss als deutsche art zu grüssen darzustellen ist, da muss ich stefan beipflichten, nicht ganz korrekt. wie allgemein bekannt sein dürfte, hat dieser gruss seinen ursprung im römischen reich. dort wurde der „saluto romano“ als allgemeine form des grüssens verwendet. ebenso verwendete benito mussolini diesen gruss. in anlehnung an mussolini hat hitler dann diesen gruss auch in deutschland eingeführt. da aber auch nicht von der italienischen art des grüssens gesprochen wird, wenn der ausgestreckte rechte arm gehoben wird, kann man auch nicht von der deutschen art zu grüssen sprechen. das wäre so, als würde man das hakenkreuz als deutsches symbol bezeichnen. das wäre aber genauso falsch.
der gehobene rechte arm wurde im 3. reich zwar mit dem schriftlichen „mit deutschem grusse“ gleichgesetzt, aber er drückt kein allgemeines „deutsch-sein“ aus, sondern demonstriert eine fremdenfeindliche und faschistische gesinnung. §86a des stgb besagt, dass der „hitlergruss“ als propagandamittel verfassungsfeindlicher organisationen verboten ist. demzufolge ist er, durch sein entgegenstehen gegen die deutsche verfassung, auch kein deutscher gruss.
als beleg dafür, dass dieser gruss „lediglich“ eine gesinnung ausdrückt, könnte man noch anführen, dass der „hitlergruss“ auch heute noch von der libanesischen hisbollah als ausdruck ihrer feindschaft zu israel verwendet wird.
natürlich wird man (gerade in arabisch geprägten regionen) immer wieder mit scheinbar deutschen parolen begrüsst. doch das hat noch lange nichts mit deutschem kulturgut zu tun. es demonstriert lediglich, mit welchen dingen man als deutscher in verbindung gebracht wird. die deutsche kultur aber mit bratwurst, sauerkraut und hitlergruss gleichzusetzen, halte ich für nicht gerechtfertigt.
p.s. die bereits erwähnten 12 jahre der gräuel und des menschenhasses werfen einen dunklen schatten auf die geschichte des landes, in das ich (ohne gefragt worden zu sein) hineingeboren wurde. ich fühle mich nicht als deutscher. ich fühle mich in erster linie als mensch. ich kann nichts dafür, dass ich hier geboren wurde. ich kann nur etwas dafür, wie ich mit dem wissen über die geschichte dieses landes umgehe. es scheint immer noch leute zu geben, die nichts gelernt haben. wenn dumme suff-burschis sich als herrenmenschen aufführen, dann kann ich nur sagen: verschwindet zurück in eure löcher und verschont eure umwelt mit eurem stumpfsinn!!!
Eine ähnliche Debatte wurde vor ungefähr vier Jahren in Italien geführt, als ein Fußballspieler während eines Spieles auf diese Art „grüßte“.
Auch hier ging es um symbolische Ursprungsklärungen, wurde auf den „römischen Gruß“ verwiesen. Massenmedial formuliert wurde aber ein Faschismus-Vorwurf. Und als Epizentrum des Faschismus gilt das Dritte Deutsche Reich, das ist unbestritten.
Das soll exemplarisch vorführen, wie sich die Bedeutung eines Symbols oder Rituals verschieben kann. Ich schrieb gestern dazu schon:
„Wenn Massen sich bestimmter Symboliken, Rituale usw. bedienen, werden diese Ausdrucksweisen für mich Teil einer bestimmten Kultur.“
Und um nochmal auf den Gesinnungsausdruck zurückzukommen, stimme ich dir zu. Die Geste ist genau das, AUsdruck einer Gesinnung. Aber wenn sich MASSEN so zu einer Gesinnung äußern, findet eine untrennbare Verknüpfung statt. Niemand wird bei der Betrachtung eines „Hitlergrußes“ zuerst an die Hisbollah oder die Römer denken, sondern natürlich an die deutsche Bevölkerung während des Dritten Reiches.
Und das ist genau mein Punkt, hier hat sich die Bedeutung eines Symbols verschoben, der Gruß steht exemplarisch für das von den Nationalsozialisten regierte Deutschland.
Und im massenhaften Gebrauch werden Symbole auch Teil der Kultur.
Der Kulturbegriff erfreut sich zwar unzähliger Definitionen, aber Symbole und Rituale finden in den meisten ausführlicheren von ihnen Erwähnung.
Denkt man diesen Gedanken weiter, dann wird auch das Hakenkreuz zum Symbol für Deutschland und seine außer- wie innereuropäischen Wurzeln geraten in Vergessenheit.
Eine quasi „Rückverschiebung“ der Bedeutung beider Symbole dürfte angesichts der geschehenen Gräuel unmöglich sein. Insofern liegt es an uns, zukünftig nicht mehr zuzulassen, dass (unsere) Kultur als faschistoid wahrgenommen wird.
Man sollte nicht zuviel auf Demokratiebeteuerungen von Studentenverbindungen geben, irgendwann sind alle Studentenverbindungen schlagende Verbindungen, egal was sie vorgeben.