Vor kurzem fiel mir ein alter Greifswalder Stadtplan in die Hände, eigentlich ein Muss für Fans! Antiquar Dr.Ulrich Rose wusste auf Nachfrage auch einiges über den Verlag Julius Abel zu berichten, der die Karte einst herausgab.
Abel begann seine verlegerische Tätigkeit in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Die letzten Verlagserzeugnisse bei mir waren Vorlesungsverzeichnisse bis 1951, danach habe ich nichts mehr von ihm. Das Adreßverzeichnis des deutschen Buchhandels 1896 nennt als Julius Abels Gründungsjahr 1850, Fernsprecher Nr. 5, aber keine Adresse. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts arbeiteten Adler (später Panzig) und Abel parallel.
Straßennamen als zeitgenössischer Ausdruck einer Gesellschaft
Lohnenswert ist ein Blick auf die Straßennamen. An ihnen wird deutlich, dass sie als Ausdruck eines bestimmten gesellschaftlichen Klimas gelesen werden können und wie symbolische Politik funktioniert.
Zur Zeit dieses Druckes waren das alte Preußen und die Kaiserzeit präsent, davon zeugen zum Beispiel die Wilhelmstraße (heute Böhmke-), die Papenstraße (heute Luther-), die Bismarckstraße (heute Bach-) und die Roonstraße (heute Breitscheid-). Nach Karl I. wurden der heutige Karl-Marx-Platz und die Fallada-Straße unserer Tage benannt.
Einige Jahre später wurde die Wolgaster zur Wilhelm-Pieck-Allee, die Lange Reihe zur Külzstraße, die Anklamer zur Otto-Grotewohl-Allee und die Ringstraße nach Pestalozzi betitelt. Die Bahnhofstraße hieß von 1951 bis 1961 Josef-Stalin–Straße, wie das ausführliche, aber dennoch unvollständige Verzeichnis Greifswalder Straßennamen verrät.
Der Stadtplan steht hier in hoher Auflösung zum kostenfreien Download bereit.
Schöner historischer Stadtplan! Machst du mir jetzt Konkurrenz im Kartographiebereich? 😉
Keine Sorge. Und der Thumbnail ist jetzt auch mit dem Bild verlinkt. 😉
Schöne Karte – macht Spaß, den alten Namen nachzugehen – und wann war überhaupt die Brauerei in der Anklamer???
sehr cool. danke fürs reinstellen.
die strassenbahn in der langen reihe ist ja cool
Danke – interessanter Beitrag!
.. und zum Teil kommen da wirklich überraschende Informationen zu Tage. Dass die Hunnenstraße schlicht von Hundestraße abgeleitet ist – und das offensichtlich nur aufgrund durch abgeänderten Aussprache wegen dem Plattdeutsch (Hunne = Hunde), die dann nach 420 Jahren sogar zur offiziellen Umbenennung führte, find ich irgendwie spannend. Und lustig, dass es so gar keinen Bezug zu Hunnenvolk gibt. War nämlich meine erste lasche Vermutung, die ich nun nach Jahren endlich aufgeben muss.
„Hunnenstraße 1299 wird die Straße erstmalig als platea canum (Hundestraße) erwähnt, mundartlich wurde 1386 daraus Hunnenstraße, 1806 auch offiziell.“
Wenn ich jetzt noch wüsste, wieso die Hundestraße überhaupt Hundenstraße hieß, wäre mein Wissensdurst für heute gelöscht. Wars ne Straße, die einfach nur berühmt war für Hundezucht oder dauernder Plage von streunenden Hunden? Mhhh, wäre wohl zu simpel.
Auch interessant: Hundestraßen scheinen generell Popularätsprobleme in MV gehabt zu haben, weil in Schwerin gabs vor hunderten Jahren wohl auch eine Hundestraße und die heisst nun aber kurioserweise Ritterstraße – null Bezug. Sehr seltsam das alles.
Diese nicht mehr vorhandenne Gleisanlage gehöhrte der Kleinbahngesellschaft Greifswald – Wolgast (KGW), gegr.1897.
Hauptsächlich für den Transport von landwirtschaftlichen Erzeugnissen,wurde sie auch zur Personenbeförderung eingesetz.
Nach dem verlorenem Krieg wurden die Anlagen und der Wagenpark in die UDSSR überführt.
Danke für diesen Beitrag und dieser dollen Karte.
Unter anderem sind in Greifswald auch Straßen nach so schwierigen und zwiespältigen Persönlichkeiten wie Ferdinand Sauerbruch (Wikipedia-Artikel) – einflussreicher Chirug, protestierte gegen Euthanasie Programm, Mitglied im Reichsforschungsrat, bewilligte Mittel für Senfgasversuche an KZ-Häftlingen – benannt.
Mit dem Bau des Klinikums ab 1975 wurde diese Straße neu angelegt und nach Ernst Ferdinand Sauerbruch benannt
Also zu DDR-Zeiten nach dieser Person, interessant.
yeah, ne irrenheilanstalt. das is auch nen tolles beispiel für zeitgeist.
Die Papenstraße zeugt keineswegs von der Kaiserzeit (zumindest nicht von der wilhelminischen), sondern vom Mittelalter und der Zeit danach. Pape ist das mittelniederdeutsche Wort für Pfaffe, was erst später eine zunehmend negative Wertung erfuhr.
Franz von Papen hatte in der Kaiserzeit noch überhaupt keine Bedeutung, sodass man nach ihm auch keine Straße benannt hätte. Der Stadtplan ist offensichtlich von vor 1910 (aber nach 1907), denn die Moltkestraße (heute R.-Blum-Str.) ist noch nicht verzeichnet.
Der Witz an der Sache ist, dass die Papenstraße (weil negativ belegter Sammelbegriff) noch zur Kaiserzeit – 1917 – in Martin-Luther-Straße umbenannt wurde, gewissermaßen nach dem obersten evangelischen Pastor aller Zeiten.
Hallo 👋 kann mir jemand sagen wo in der Gützkower Straße zu DDR-Zeiten ein Schmuckgeschäft war? Muss relativ am Anfang gewesen sein wenn man aus der Gützkower Landstraße kommt??? Davor war es das Wohnhaus meiner Urgroßeltern Familie Möller…
Hallo, kann mich nur an ein Uhrmachergeschäft erinnern, ziemlich Ecke Neunmorgenstrasse, schräg gegenüber vom Bäcker.