Im Oktober 2009 wurde die Idee klein stadt GROSS ins subkulturelle Gedächnis der Stadt Greifswald eingebrannt. Damals wurden bildende Kunst und Musik aus der Hansestadt auf eine CD gebannt, in einen Stülpkarton überführt und auf roten Samt gebettet.
Die in Greifswald bisher einzigartige Veröffentlichung wurde von einem Veranstaltungsreigen begleitet, der einen ganz besonderen Vibe in die Stadt trug, der motivierte und Hoffnung schenkte. klein stadt GROSS, das war eine kulturelle Bestandsaufnahme und der Beginn einer Vernetzung, deren Fortführung sich zum Beispiel während der Insomnale beobachten ließ.
Die hochgesteckten Erwartungen einer innerstädtischen künstlerischen Verzahnung wurden zwar bisher nur teilweise erfüllt, nichtsdestotrotz darf man sich schon auf neue Werke der umtriebigen Gruppe freuen.
„Im Blick zurück entstehen die Dinge, im Blick nach vorn entsteht das Glück“
Kein gutes Projekt ohne richtigen Abschluss. In Sachen Dokumentation hat sich klein stadt GROSS redlich bemüht und sich alle Optionen für einen späteren medialen Rückblick offen gelassen. Es wurden akribisch alle Audio- und Videomitschnitte, alle Pressestimmen und Fernsehberichte und viele Fotos gesammelt. Dieses Archiv bildete die Grundlage für die heute – beziehungsweise im Herbst – erscheinenden Projektdokumentationen. Die popkulturellen Retrospektiven wurden – wie auch schon der Sampler – vom Quartiersbüro Fleischervorstadt gefördert und mit den Erlösen des Samplerverkaufs finanziert.
In einer sehr überschaubaren Auflage von nur fünfzig Exemplaren ist inzwischen das Handbuch eingetroffen, ein 72seitiges, zineartiges Druckwerk. Hier wird zurückgeblickt, Texte verschiedener Medien werden mit attraktivem Bildmaterial zu einer wunderschön und liebevoll gestalteten Kollage zusammengefügt und klein stadt GROSS erklärt sich – mit einem Blick in die Zukunft – selbst.
Noch ist unklar, wo die Hefte ausgelegt werden, aber im Quartiersbüro Fleischervorstadt wird man sicher fündig werden und es lohnt sich, versprochen. Wem dieser Weg zu weit ist, der kann sich an dieser Stelle das pdf-Dokument des Magazins (8,6MB) herunterladen.
Dokumentarfilm über Greifswalder Subkultur
Doch mit dem Handbuch allein ist es nicht getan. In Kooperation mit Greifswald TV entsteht derzeit eine Dokumentation, die das Arbeitsfeld von klein stadt GROSS unmittelbar betrifft. Unter der Regie von Christoph Eder, der bereits im Oktober für den Regionalsender einen kurzen Beitrag über Thema produzierte, wird bis zum Herbst 2010 ein Film fertiggestellt werden, der den Titel Klein Stadt Raum tragen wird.
Der vor kurzem veröffentlichte Trailer ist mehr als vielversprechend und zeugt von den Bemühungen, die hinter dem Dokumentarfilm stecken. Interessante Auszüge mehrerer Interviews mit Leuten, die durch ihre langjährige Involviertheit im Greifswalder Kulturbetrieb Binnenperspektiven anbieten können, eröffnen andere Blickwinkel bei der Bewertung der hiesigen Subkulturlandschaft und sind – unintendiert – beinahe eine Anknüpfung an das Podiumsgespräch Der Traum ist aus?! während der Remember Café Quarks-Veranstaltungswoche des diesjährigen Februars.
Sehr aufregend sind auch die in Klein Stadt Raum verarbeiteten Archivaufnahmen aus der damals umkäpften Wachsmann-Straße. Es bleibt zu hoffen, dass noch mehr solcher Fundstücke in den Dokumentarfilm Einzug halten werden.
Der etwa 30minütige Film wird im Herbst als DVD erscheinen und ähnlich wie bei klein stadt GROSS soll auch bei dieser Veröffentlichung vernetzt und verbunden werden. Denn neben der Dokumentation wird auch Raum sein für Beiträge von Greifswalder Filmschaffenden. Die Organisatoren rufen nochmals nachdrücklich dazu auf, Beiträge für kurz statt lang einzureichen, ganz gleich, ob „Trickfilm, Autoren-Kurzfilm, Videocollage oder Animation“.
Es kommt wieder was in Bewegung, also bitte das Magazin lesen, einen Film einreichen und endlich Teil des Ganzen werden!
*Update 25.06. 13:10*
Das Quartiersbüro informiert:
„Wir haben im Quartiersbüro einige Exemplare des Magazins, die aber für den internen Gebrauch, Abrechnung, Dokumentation etc. nötig sind. Die anderen Exemplare hat die Projektgruppe, aber es sind eben insgesamt leider nur sowenig, dass es meiner Meinung nach keiner Werbung bedarf, um sie unter die Leute zu bringen.
Leider bleibt für alle anderen Interessierten nur der Download oder man müsste über eine (freifinanzierte) Nachauflage nachdenken. Also im Quartiersbüro ist leider nichts zu holen, vielleicht kannst du deinen Eintrag noch ergänzen, bevor uns hier die Leute die Bude einrennen und ganz frustriert sind.“
Der Trailer ist wirklich sehr interessant und schürt eine ordentliche Portion Vorfreude. Ich hoffe, dass man vor allem als nicht-Greifswalder einen anderen, unverhofften Blick in die Kulturszene der Stadt werfen kann. Vielleicht ergeben sich ja auch durch den Film neue Möglichkeiten und Kooperationen?!
guter beitrag. toller trailer. bin total gespannt, was noch kommt.
Toller Trailer aber noch mehr mag ich das Handbuch. Nur 50 gedruckte Stück … man, hoffentlich bekomme ich da noch eins ab (haben will).
nope. gerade mit frau riesinger geschnakkt: sie haben keine. die verteilung der geringen auflage sieht sie eher in den händen der organisatoren.
zum trailer: wieviele frauen sind dort zu sehen bzw werden gar interviewt?
uiuiui…emanzoFAIL!
@j: Habe Christoph Eder schriftlich zu weiteren Interviewpartnern gefragt:
Bisher wurden nur drei Interviews geführt, soweit ich informiert bin. Trotzdem danke für die Kritik, ich hoffe, mann nimmt sie sich zu Herzen.
Es wurden bisher fünf Interviews komplett neu gedreht. Dazu gibt es im Archiv von Greifswald TV noch einige Aufnahmen mit Interviews (auch mit Frauen). Es werden auf jeden Fall Frauen in der Doku zu Wort kommen.
Hier noch ein Aufruf: Wer noch interessantes Foto- oder Filmmaterial zur Verfügung oder sonstige Anregungen für „klein stadt Raum“ hat, kann sich gerne beim „klein stadt GROSS“-Team oder bei mir melden.
http://www.youtube.com/watch?v=N2f2xyhoNok
Also, da gibts noch einiges zu tun…
hahaha. dieser beitrag kann nur ironisch sein. mit solch überdramatisierten aktionen befördert sich die gleichberechtigungsbewegung immer wieder ins abseits. da kann ja wohl allerhöchstens von fahrlässigkeit die rede sein. sexismus und rassmus? naajaa.
gute idee. ich finde die leute, die den trailer und das magazin gemacht haben, hätten eine ausschreibung machen sollen. „suchen greifswalder kulturschaffendinnen mit migrationshintergrund. nach möglichkeit auch transsexuell und körperlich beeinträchtigt.“
der einwand, dass in einen dokumentarfilm über greifswalder kultur frauen genauso wie männer zu wort kommen müssen, ist vollkommen berechtigt. trotzdem sollte man vielleicht nicht vergessen, dass der fokus im film ganz woanders liegt und dass man mit solchen debatten riskiert, vom eigentlichen (wichtigen) thema abzulenken.
ich finde, dafür dass greifswald integration in manchen bereichen nicht funktioniert, sollte man nicht die filmemacher beschuldigen.
äh, bla?
es ging ja nichtmal um gleichviele personen unterschiedlichen geschlechts, sondern nur mal um eine!
ich finde, dafür dass eine präzise diskussion in manchen bereichen nicht funktioniert, sollte man nicht die themenersteller beschuldigen…
denke nicht, dass die filmemacher hier nur bewusst nach männern gesucht haben. (darf ich männer sagen, oder ist das gendermäßig eigentlich falsch?) hier wurde/wird(?) ein film über subkultur gemacht und leute die davon ahnung haben bzw. beteiligt waren, werden interviewt. jede jugend(/sub)kultur wird von männern (darf ich männer sagen, oder ist das gendermäßig eigentlich falsch?) dominiert, einfach nur der quote wegen frauen (darf ich frauen sagen, oder ist das gendermäßig falsch?) vor die kamera zu holen wäre vollkommen unsinnig. aber da sich natürlich auch viele frauen (darf ich frauen sagen, oder ist das gendermäßig falsch?) in diesen bereichen einen namen gemacht haben, werden die sicherlich auch zu wort kommen, also sollte man nach diesen kurzen trailer einfach mal die universität im dorf lassen. oder wie oder was? war 2001 ein schlechter film, weil es kein weibliches besatzungsmitglied gab? waren die beatles ne scheiss band weil sie eine reine männerband waren? (darf ich männer sagen, oder ist das gendermäßig eigentlich falsch?) meine güte.
Voll cool Greifswald, aber ihr habt das public viewing nicht erwähnt, das is auch kultur.
http://www.flickr.com/photos/27328747@N07/4744869929/
„Es werden auf jeden Fall Frauen in der Doku zu Wort kommen.“
–> ja und? macht das was am Projekt an sich besser/(ge)schlechter?
Kommt mal klar!
Bevor sich jetzt noch mehr Leute hier über das Thema Gleichstellung amüsieren und die strukturelle Diskriminierung von Frauen weiter verniedlicht wird, noch eine kurze Anmerkung. Kommentator Julian glänzte bei vergangenen Debatten in Zusammenhang mit sexistischer Werbung des Modehauses Krafczyk bereits mit provokativen und tumben Beiträgen, sein Videolink ist daher also nur als genau jene Ironie zu verstehen, die Ludwig schon anmerkte.
Das grundsätzliche Problem, nämlich die Unter- bzw. Nichtrepräsentiertheit von Frauen im (Pop)Kulturbetrieb, gerät bei diesen ganzen Frotzeleien und Witzigkeiten komplett aus dem Fokus.
An dieser Stelle sei nochmal ausdrücklich auf den von Sonja Eismann herausgegebenen und im Ventil Verlag erschienenen Sammelband „Hot Topic. Popfeminismus heute„ (2008) verwiesen, in dem die oben angeschriebene Problematik ausführlich – und aus der Sicht einer Frau – thematisiert wird. Ein anderes Beispiel aus der Praxis bietet zum Beispiel das Immergut Festival, was die Glanzleistung vollbrachte, drei aufeinanderfolgende Jahre ohne eine einzige Frau auf der Bühne auszukommen. Im Interview mit Monotekktoni wird die Abneigung von Frauenmusik des damaligen Festival-Masterminds als Begründung herangezogen.
So oder so trifft die Kritik fehlender Frauen im KSG-Film, von dem bisher nur der Trailer bekannt ist, voll ins Schwarze. Nur leider die falschen Adressaten, denn der Dokumentarfilmer ist wohl kaum schuld an dem Dilemma, an seiner Arbeit spiegelt sich nur das Grundproblem. Dabei bekenne ich mich auch schuldig, denn auf Anfrage habe ich verschiedene Gesprächspartner empfohlen, ausschließlich Männer. Es gibt wenig bis fast keine Frauen, die in der Greifswalder (Sub/Pop)Kulturgeschichte eine große Rolle spielten. Aber dennoch gibt es sie (lobenswertes Gegenbeispiel ist die Fete de la Musique, bei der eine Frau federführend organisierte und verhältnismäßig viele Frauen auf der Bühne standen).
Insofern beantworte ich sehr gerne die Frage von Kapitulist, ob das Interview mit einer Frau die Doku besser macht. Ein Interview (oder hoffentlich noch mehr) mit weiblichen Kulturaktivistinnen macht Frauen dieses Segements und ihre Arbeit sichtbar. Es kann zeigen, dass (Sub/Pop)Kultur in HGW nicht ausschließlich von Männern gemacht wird und hat damit eine inspirierende Signalwirkung.
Um also auch unter dieser Prämisse klarzukommen, empfehle ich folgende Gesprächspartnerinnen, zu denen ich auch auf Anfrage gerne den Kontakt vermittle:
Mascha (Gristuf, Fete de la Musique), Anette (Koeppen), Sabine (IKUWO-Gründung), Suse (Pariser der späten 90iger), Yvonne (Klex von Beginn bis heute), Esther (Klex 2007-2010).