Rechter Anschlag auf vermeintlich linken Kleinbus?

Für einen Greifswalder Kleinbusbesitzer dürfte es ein häßliches Erwachen gewesen sein, als er heute früh in der Wolgaster Straße sein Auto zerstört vorfand. Die Heck- und eine Seitenscheibe wurden dabei bis zur Unbrauchbarkeit beschädigt, außerdem wurden alle Reifen zerstört.

An das Fahrzeug wurde ein Anarchy-A gesprüht und der Gruß „Antifa rox you“ aufgetragen. Damit liegt schon mal ein Verdacht nahe, wer hinter dieser Sachbeschädigung stecken könnte, und die Ermittlungsarbeiten gegen die Greifswalder Antifa könnten beginnen.

(Foto: GS)

Doch ist der Fall wirklich so einfach abzuhaken? Einige Aspekte machen stutzig. Da wäre schon mal der Fahrzeugtyp: Ein VW-Bus, auf dessen Armaturenbrett sichtbar Anti-Atom-Material liegt, wird ganz sicher nicht Ziel einer antifaschistisch motivierten Sachbeschädigung, erst recht nicht in diesen Tagen. Angriffe auf PKWs gehören auch nicht zu den Aktionsformen, mit denen antifaschistische Greifswalder Gruppen in den vergangenen 15 Jahren in Erscheinung getreten sind, im Gegenteil.

Diskreditierung des politischen Gegners oder orientierungsloser Aktionismus?

Der Verdacht liegt nahe, dass Greifswalder Neonazis diese Sachbeschädigung gezielt verübt haben, um ihre antifaschistischen Gegenspielerinnen zu diskreditieren und einer (weiteren) Kriminalisierung Vorschub zu leisten. Vor wenigen Nächten zogen die jungen Rechten wieder mit der Sprühdose durch die Stadt und besprühten die zahlreich plakatierten Anti-Atom-Poster bis zur Unkenntlichkeit. In der Burg Arndtstraße wurde unter anderem ein Hakenkreuz an die Wand gebracht.

Hakenkreuz

Versuchen sich Greifswalder Neonazis jetzt in affirmativen Strategien, um ihre politischen Gegnerinnen aus dem antifaschistischen Spektrum anzuschwärzen, oder wollen sie einen Keil zwischen die  antifaschistische Linke und den Anti-Atom-Widerstand treiben?

Am Ende bleibt zu vermuten, dass die Greifswalder Neonaziszene schlicht und ergreifend den aktuellen Kurs ihrer Gesinnungsgenossen verschlafen hat. Vor einer Woche versuchten ähnliche Gruppierungen in Rostock, den Protest gegen die Atompolitik heimatduselig für sich zu vereinnahmen, und skandierten „Alerta, alerta, Anti-Lubmina„. Das bislang befürchtete Aufspringen der Greifswalder Neonazis auf den Zug der Anti-Atom-Bewegung blieb bislang glücklicherweise aus.

22 Gedanken zu „Rechter Anschlag auf vermeintlich linken Kleinbus?

  1. Ich bin FÜR einen Spraydosen-Kreativkurs für AntifaschistInnen! Sehen teilweise grauenhaft aus die Schriftzüge. Bischen Stil ist angebracht! 😀

  2. man weisset nicht genau.

    man neigt ja dazu anzunehmen solche sprühdosen-kläuse seien verwirrte, den wilden wogen ihrer ungezügelten adoleszenz ausgeliefterte sechzenjährige, die ihren stümperhaften krakel-vandalismus irgendwie verwegen finden, nach ertapptwerden aber reumütig und füße scharrend zuhause unter muttis geschimpf erröten.

    sowieso neigt man ja dazu anzunehmen, dass alles stumpfe, dumpfe und tiefdumme mit dem alter abnimmt, oder man zumindest die größe gewinnt das nicht mehr so zu exaltieren.

    dem allumfassend unnützen geltungsdrang unterliegen allerdings auch solche leute mit derart quatschigen politischen ansichten und investieren dann auch noch verschiedenste energien, „geistige“ um sowas wie parteiarbeit zu simulieren, und körperliche um dinge und leute kaputt- und totzuhauen.

    das ist schade und ein ganz klarer fall von energieeffizienzabstinenz.
    sollten die sich doch mal was schönes ausdenken, eine mosaikstein-verzierung der „todeskurve“ unter den schienen an der scharnhorststraße beispielsweise. lustige kleine fischlein oder ein abstraktes stadstilltleben, irgendsowas.

  3. Die Nazis stehen natürlich vor einem Problem, denn wie die linke AntiAtomkraftbewegung ist auch jede andere soziale Bewegung ein offensichtlicher Gegenbeweis zu den Hegemonie-Ansprüchen der Nationalsozialisten, die behaupten die einzigen zu sein, die im Bundesland MV effektiven sozialen Protest initiieren können.

    In Wirklichkeit ist die Hetzjagd auf tatsächliche oder vermeintliche Sexualstraftäter die einzige originäre soziale Protest“bewegung“, die vom sog. nationalen Widerstand hervorgebracht wurde.

    Für die AntiAtomkraftbewegung ist es daher wichtig Nazis weiterhin am im-Kontext-der-Bewegung-in-Erscheinung-treten zu hindern. Man kann nicht alle Menschen checken, die an einer langen Menschenkette teilnehmen. Muss man auch nicht, denn so lange die Nazis nicht als Nazis auf die Demo gehen, demonstrieren sie nicht nur gegen Atomkraft, sondern auch gegen sich selbst, weil die Bewegung, der sie sich anschließen, sich gegen Nazis postioniert hat.

  4. hier mal wieder ein Beispiel elitären Gehabes: Der Versuch, einen schlecht geschriebenen Text durch Fremdwörter und gehobene Sprache aufzuwerten. Gruselig….

  5. Also ich liebe ja Fay Wray und King Kongs Kommentare. Die kritisierte Fremdwortdichte hält sich bei genauerem Blick wirklich in Grenzen (Adoleszenz, Effizienzabstinenz, exaltieren). Der Kommentar ist für meine Augen ein ganz hervorragender Text, weil King Kong alte, längst vergessene Wörter aus der Klamottenkiste kramt, dekontextualisert *hust*, also jedenfalls in einem anderen Rahmen als dem üblichen verwendet und daraus neue Sinnzusammenhänge öffnet. Alles umgeben von einer unschuldigen Friedfertigkeit, so dass man doch eigentlich gar nicht böse sein kann. Ich bin jetzt auch für Mosaiksteinverzierung an der „Todeskurve“

    @d_l: Word! Schön auf den Punkt gebracht.

  6. … um es nochmal zu unterstreichen oder so etwas wie einen Beleg zu liefern, empfehle ich den aktuellen Artikel „Castor schrotten!“ auf MUPinfo. Am Ende des Textes wird einmal mehr versucht, das Bild zu erzeugen der Protest sei abgesehen von wenigen Linksextremisten politisch neutral. Das Gegenteil ist natürlich der Fall. Bei allen, auch jeweils berechtigten Differenzen und Welten die zwischen den demokratischen linken und linksliberalen Parteien, über tatsächlich nicht in einem Lager organisierte Bürger bis zu Autonomen auf der anderen Seite ist diese Protestbewegung alles andere als eine simple „Umweltschutz ist Heimatschutz“-Kampagne der eingeborenen Bevölkerung.

    Und das macht es für die Nazis schwer, denn am Thinghaus in Grevesmühlen fährt der Greifswalder bzw. Lubminer Castor nicht vorbei. 😉

  7. In einem Kurztext mit gerade einmal 5 kurzen Absätzen finde ich gleich 2mal „Verdacht liegt nahe“ und dann auch noch „bleibt zu vermuten“, um damit im letzten Absatz so etwas wie einen Schlussakkord einzuläuten. Gibts denn irgendwas, was mehr als nur bloße Vermutung ist?

  8. sör nich rum sörn…wenn der verfasser was wüsste hätte er nich vermutet 😛
    vielleicht war es ja auch ein mit anti-atom-infomaterial getarnter nazi- oder bullenbulli…wer weiß das schon. alles sehr mysterjöhs 😉

  9. @sören: und weiter unten siehst du als Kategorie auch noch „Gerüchteküche“. Insofern ist das einzige, was für dich mehr als bloße Vermutung ist, das Foto des zerstörten Wagens.

    Ich habe zu diesem Vorfall auch eine ganz eigene These, die ich aber ganz gewiss nicht öffentlich verlauten lasse.

  10. @moin: Das kommt morgen als ganzer Beitrag. Ich hatte bislang einfach keine Zeit dafür gefunden, aber mich in der Zwischenzeit beim Anti-Atom-Bündnis über andere Zwischenfälle dieser Art erkundigt. Mehr dann morgen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert