FFDG Greifswald will Sammelklage gegen Bundesregierung initiieren

Mit einer an den Bundesgerichtshof gerichteten Petition möchte die neue rechte Greifswalder Gruppe FFDG (Frieden, Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit) eine Sammelklage gegen die Bundesregierung anstrengen. Der formulierte Petitionstext spricht für sich beziehungsweise gegen die Realitätsnähe der FFDG.

Die Gruppe FFDG wurde im September 2015 gegründet und organisiert seit wenigen Wochen Demonstrationen und Versammlungen in Greifswald, bei denen besorgte Bürger, Rassisten und Neonazis zusammenkommen, um ihren Unmut über die deutsche Regierung zu ventilieren. Die Stimmung ist aufgeheizt. Bei der letzten FFDG-Demonstration am Montagabend hetzte Mitorganisator Norbert Kühl über die Lautsprecheranlage gegen alternative Hausprojekte in der Stadt und behauptete, dass Jugendliche im Klex oder im IKUWO lernen würden, wie man Molotowcocktails baue und Steine vor der Polizei verstecke.

Hochverrat, Einschleusung von Ausländern, Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung, Beleidigung

Was sich bislang wie der inzwischen aus Funk und Fernsehen bekannte, ganz normale Pegida-Wahnsinn anfühlte, driftet zusehends in den Bereich der Weltfremdheit ab. Kühl, einst CDU-Unterstützer und später Kandidat der Freien Wähler, schlägt inzwischen immer öfter härtere Töne an. Auf seiner Facebook-Seite goutiert er illegale Aktionen der sogenannten Identitären Bewegung und verbreitet Beiträge mit deutlicher antisemitischer Schieflage, zum Beispiel über die Strategie der Rothschild-Mafia.

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Wutbürger demonstrieren in Greifswald, Polizei versagt skandalös

Seit gestern gehen nun auch in Greifswald besorgte Bürger auf die Straße, um ihrem Unmut über die Flüchtlingspolitik und den Kurs der Regierung Luft zu machen. Eine unangemeldete Demonstration wäre am Montagabend beinahe eskaliert, während sich die Polizei skandalös zurückhielt.

„Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ — das kennt man aus den Internetvideos von Freital, Dresden bis Heidenau, doch als diese Parole als erste Verlautbarung einer diffusen Gruppe aus Asylgegnern und Neonazis über den Greifswalder Marktplatz schallte, hatte das eine furchterregende Aura. Bislang blieb die Universitätsstadt von den pegiden Demonstrationen, wie sie zum Beispiel in Stralsund, Rostock und Schwerin stattfanden, verschont, doch das hat sich nun vielleicht geändert.

Asylgegner Greifswald

Alarm im Sperrbezirk: „Wer Deutschland nicht liebt!“

Gegen 19 Uhr versammelte sich am Montagabend eine etwa 150 Personen starke Gruppe, um unter der Parole „Wir sind das Volk!“ einen unangemeldeten Protest durchzuführen. Wozu der Leitspruch der sanften DDR-Revolution konkret zweckentfremdet wird, war dem digital verbreiteten Mobilisierungsflyer nicht zu entnehmen. Dunkeldeutsche Beklemmungen löste er trotzdem aus — zu Recht, wie sich alsbald auf dem Markt zeigen sollte.

Provinzpegida Greifswald

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Verfassungsschutzbericht 2014: Bitte mehr Zivilcourage, aber weniger Protest!

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht zieht das Landesministerium für Inneres und Sport Bilanz über staatsgefährdende Umtriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Ein konkreter Bezug zur Hansestadt Greifswald lässt sich darin nicht nur über ein Neonazi-Konzert herstellen, sondern auch über eine Hausbesetzung und zwei mehr oder minder hiesige Bands. 

Die Publikation, die über die wesentlichen Entwicklungen im Bereich des Rechts-, Links- und Ausländerextremismus sowie den islamistischen Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern informieren will, fasst die „vielfältigen Gefährdungen“ der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zusammen, die „oft nur durch den Verfassungsschutz und unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erkannt werden“.

Wie Minister Caffier in einer dazugehörigen Pressemitteilung erklärte, würde die Behörde dadurch zu einem „unverzichtbaren Instrument des demokratischen Rechtsstaates für den Schutz der Bevölkerung“. Doch an Güte und Verlässlichkeit des Berichts bestehen auch in diesem Jahr Zweifel.

verfassungsschutzbericht mv 2014 (Titelbild der Publikation: „Die wehrhafte Demokratie“, Manfred Diekmann, 2009)

„Der Staat allein kann die vielschichtigen Probleme bei der Rechtsextremismusbekämpfung nicht lösen.“ (Lorenz Caffier)

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Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet agitieren Rock am Ring

Feine Sahne Fischfilet haben den Schritt vom Loitzer Humpapunk zu Lieberbergs Rock am Ring geschafft. Beim 30-jährigen Jubiläum des Rockfestivals lieferte die Band gestern vor tausenden Zuschauern geil ab.

feine sahne fischfilet rock am ring(Foto: Feine Sahne Fischfilet via Facebook)

“Das, was wir machen, ist keine Kunst! Das, was wir machen, ist nicht für die Galerie, nicht für die Glasvitrine. Das, was wir machen, soll eine Art Werkzeug sein, um unserer Wut gegenüber Rassisten, Sexisten, Homophobie und Staat eine Stimme zu geben! Wir wollen für unsere Träume, unsere Utopien weiter kämpfen.“ Mit dieser vielzitierten Aussage beschrieben Feine Sahne Fischfilet einmal ihre musikalische Mission. „Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet agitieren Rock am Ring“ weiterlesen

Sieg vor Gericht: Alternative Vereine aus MV stoppen Verfassungsschutzbericht

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat heute entschieden, dass das Landesinnenministerium den Verfassungsschutzbericht 2011 vorerst nicht mehr verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich machen darf.

AUCH INTERNATIONALES KULTUR- UND WOHNPROJEKT IM FOKUS DER VERFASSUNGSSCHÜTZER

Es hat sehr viel länger als üblich gedauert, bis die Schweriner Behörde im Oktober des vergangenen Jahres den Verfassungsschutzbericht 2011 veröffentlichte, doch gelohnt hat sich das Warten nicht. Dabei hätte das rechte Terrornetzwerk Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), das unter anderem für die Ermordung von Mehmet Turgut in Rostock sowie zwei Banküberfälle in Stralsund verantwortlich war, Anlass genug für eine innerbehördliche Aufarbeitung gegeben.

Innenminister Lorenz Caffier (CDU) räumt im Vorwort des Berichts ein, dass die Frage, wie es dem NSU möglich war, diese Taten zu begehen, ohne in den Fokus der Ermittlungsbehörden zu geraten, “die Arbeitsweise und Zusammenarbeit der betroffenen Behörden ganz grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt” habe. Dennoch, so Caffier, dürfe diese Frage „nicht den Blick auf die alltäglichen Herausforderungen durch den politischen Extremismus im Lande verstellen.“

Entsprechend dürftig fielen die im Verfassungsschutzbericht zu Papier gebrachten Erkenntnisse über den NSU aus. Stattdessen gerieten linksalternative Projekte ins Visier der Ermittler. Neben der Politband Feine Sahne Fischfilet — der im Bericht mehr Text als dem NSU zugestanden wurde — tauchten in der Publikation des Innenministeriums auch die beiden Rostocker Projekte Cafe Median und das Peter-Weiss-Haus sowie das Greifswalder IKUWO auf. Die drei linksalternativen Hausprojekte wehrten sich daraufhin mit juristischen Mitteln gegen die Stigmatisierung als Feinde der Verfassung — mit Erfolg, wie sich zeigte!

verfassungsschutzbericht (Screenshot, 09.01.13)

Heute entschied das Verwaltungsgericht Schwerin gegen das Innenministerium und untersagte der Behörde einstweilig die Verbreitung des Verfassungsschutzberichts in digitaler und schriftlicher Form, soweit darin das IKUWO beziehungsweise die anderen beiden Projekte erwähnt werden.

ERWÄHNUNG IST MIT NEGATIVER STIGMATISIERUNG VERBUNDEN

Das Internationale Kultur- und Wohnprojekt aus Greifswald (IKUWO) tauchte in diesem Bericht zweimal auf. Anlass hierfür war einerseits eine Vortragsveranstaltung mit Aktivisten aus Belarus, die über die anarchistische Bewegung in ihrem Land sprachen und die Anwesenden über die aktuelle politische Situation und die massiven staatlichen Repressionen im Lukaschenko-Regime aufklärten, mit denen  politische Aktivisten konfrontiert werden.

Im Verfassungsschutzbericht wird weiterhin über die Gruppe Antifaschistische Aktion Greifswald (AAG) geschrieben, die „maßgeblich an der Bildung des Bündnisses ‚Greifswald nazifrei‘ beteiligt“ gewesen sein soll und die Räumlichkeiten des IKUWO nutzen würde. Die Verfassungsfeindlichkeit dieser Gruppe wurde bislang zwar nicht nachgewiesen, die Stigmatisierung als ’staatsfeindlich‘ funktioniert dennoch — und wird auch unweigerlich auf Projekte und Zusammenschlüsse übertragen, die zusammen mit ihr erwähnt werden.

Das Schweriner Verwaltungsgericht bewertete die Erwähnung des IKUWO im Verfassungsschutzbericht 2011 als Grundrechtseingriff, der geeignet ist, “sich abträglich auf das Bild des Antragstellers in der Öffentlichkeit auszuwirken”. Zudem wurde festgestellt, dass mit der in Aufmerksamkeit erweckender Weise hervorgehobenen Nennung des Kulturprojekts „eine negative Stigmatisierungswirkung verbunden ist.“

ikuwo greifswald graffiti(Montage: Enrico Pense)

Wie schwer in diesem Zusammenhang ein Eintrag im Verfassungsschutzbericht wiegt, bekam vor einigen Jahren die Greifswalder Ortsgruppe der Roten Hilfe zu spüren. Gegen die linke Rechtshilfeorganisation wurde damals eine regelrechte Kampagne losgetreten, in deren Rahmen Veranstaltungsorte wie zum Beispiel das Klex spürbar unter Druck gesetzt wurden, um die Nutzung und Vermietung von Räumen oder Postfächern durch die Rote Hilfe zu unterbinden. All das geschah mit Verweis auf die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, den die wenigsten Stimmungsmacher von damals überhaupt gelesen haben dürften.

VERFASSUNGSSCHUTZ SOLL PRIORITÄTEN ÜBERDENKEN!

Nach dem Behördenversagen in Zusammenhang mit den NSU-Morden und der geschredderten Aufarbeitung staatlicher Unterstützung rechtsterroristischer Strukturen sollten die jährlichen Berichte der Verfassungsschutzbehörden eigentlich nur noch eine untergeordnete Rolle spielen und mit Skepsis betrachtet werden. Das Schweriner Verwaltungsgericht hat heute dazu eine klare Position eingenommen.

Der Berliner Rechtsanwalt Peer Stolle, der alle drei Hausprojekte anwaltlich vertrat, erklärte heute zum Urteil:  „Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch der Verfassungsschutz in seiner Arbeit an Recht und Gesetz gebunden ist. Der Möglichkeit, die wertvolle und unverzichtbare zivilgesellschaftliche Arbeit von Jugendprojekten in M-V zu diskreditieren, wurde jetzt ein Riegel vorgeschoben.“ Auch die rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Barbara Borchardt, begrüßt das Urteil: „Aus meiner Sicht ist dies ein Erfolg für zivilgesellschaftliches Engagement in MV.“ Innenministerium und Verfassungsschutzbehörde seien aufgefordert, „künftig von derart rechtswidrigem Verhalten Abstand zu nehmen und gegebenenfalls ihre Prioritätensetzung zu überdenken.

  • Pressemitteilung Verwaltungsgericht Schwerin (24.01.13)
  • Verwaltungsgericht weist Innenministerium in seine Schranken (Pressemitteilung Linke MV, 24.01.13)
  • Verfassungsschutzbericht 2011 ist rechtswidrig (Publikative, 24.01.13)

Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet „Scheitern und Verstehen“

Die Reihe “Pop am Wochenende” versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden.

feine sahne fischfilet(Foto: Ole Olé)

Vom ländlichen Raum auf den Titel der taz — was im letzten Monat mit der Band Feine Sahne Fischfilet geschehen ist, hatte wohl niemand auf dem Schirm gehabt. In knapp zwei Wochen wird das neue Album Scheitern und Verstehen beim Hamburger Elektro-Indie-Label Audiolith erscheinen, doch schon jetzt steht fest, dass Feine Sahne Fischfilet mit dieser Veröffentlichung einen unheimlich großen Schritt nach vorne gegangen sind.

Amtlich geprüft: Die gefährlichste Band Vorpommerns „Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet „Scheitern und Verstehen““ weiterlesen