Bloggerkollege daburna hätte sich vermutlich nicht träumen lassen, dass die Freude über sein abgeschlossenes Studium so schnell getrübt werden könnte. Am vergangenen Donnerstag meldete sich der frisch diplomierte Geograf beim örtlichen „Jobcenter“ an, um finanzielle Unterstützung zu beantragen, weil das Einkommen aus Minijob und Kleingewerbe nicht zum Überleben reicht.
„SO, ALS ERSTES DIESE MASSNAHME, DANN WAHRSCHEINLICH EINEN 1-EURO-JOB, DANN WIEDER EINE MASSNAHME UND SO WEITER…“
Bei seinem ersten Kundengespräch machte er dieselben Erfahrungen wie schon unzählige andere Hochschulabsolventen in Greifswald vor ihm, die gezwungen waren, Hartz IV zu beantragen: Auf Anweisung der Geschäftsführung soll es Akademikern in Greifswald „so unangenehm wie möglich gemacht werden, damit sie keine Leistungen mehr beziehen wollen.“ Das geschieht zum Beispiel durch eine Beschäftigungstherapie aus den sogenannten „1-Euro-Jobs“ und zweifelhaften Maßnahmen, zu deren Teilnahme die Leistungsbezieher gezwungen werden — das Druckmittel hierfür ist die empfindliche Kürzung der finanziellen Bezüge.
Das Leitmotiv Fördern und Fordern wird in Greifswald zwar energisch umgesetzt, doch gefördert werden hier selten die Arbeitssuchenden, sondern vor allem das entstandene Bildungsgutscheinsyndikat mit seinen zweifelhaften Maßnahmen und „Qualifizierungen“. Hartz IV fordert von den Betroffenen vor allem eines: Würde und Nerven.
Schenkt man den Schilderungen von „Kunden“ hiesiger „Jobcenter“ Glauben, so ist Betroffenen nur zu wünschen, vor ihrem ersten Termin weder besonders jung noch im Besitz eines Studienabschlusses zu sein, denn dann kann es wirklich unangenehm werden, wie zum Beispiel im Fall einer hochschwangeren Frau, die zwar plante, sich nach ihrer Niederkunft selbstständig zu machen, jedoch vorher noch vom „Jobcenter“ zur Motivation in einen „1-Euro-Job“ gezwungen wurde, der nichts mit ihrem Berufsfeld zu tun hatte.
Natürlich bekommen nicht nur junge Akademiker die repressive Seite der euphemistisch bezeichneten Arbeitsagenturen zu spüren — mit dem System Fördern und Fordern werden alle Leistungsempfänger konfrontiert. Als Blogger hat daburna aber die Möglichkeit — und ganz offensichtlich auch den dafür notwendigen Mut — , diesen alltäglichen Wahnsinn, der in Greifswald seit Jahren besondere Blüten treibt, sichtbar zu machen. Es bleibt ihm zu wünschen, dass er das nicht allzu lange durchhalten muss.
Bis heute, dem dritten Tag seiner Erwerbslosigkeit, erschienen auf seinem Blog bereits zwei Texte zum Leben mit Hartz IV:
- Leben im System Hartz IV: Tag 1 – Es beginnt (daburna, 18.05.2013)
- Leben im System Hartz IV: Tag 3 – Bewerbungen (daburna, 19.05.2013)
(Foto: Gerd Altmann / pixelio.de)
Danke!
bitte merken – niemals die eingliederungsvereinbarung unterschreiben – aber eine vom amt unterschriebene sich aushändige lassen – sonst kann man nicht klagen ….
Eine wichtige Info, die mir vorher nicht klar war. Aber vielleicht lernen ja ein paar Leser_innen daraus.
Und wer juristische Unterstützung sucht, findet vielleicht hier Hilfe: http://kanzas.de/
Im Büro nebenan 😉
da der blog ja auch überregional gelesen wird:
http://hauruks.blogsport.eu/ in hro.