Nicht weniger als eineinhalb Jahre sind vergangenen, seitdem der in Greifswald lebende Neonazi Marcus G. einen demonstrierenden Studenten am Rande einer NPD-Kundgebung auf dem Marktplatz angegriffen und verletzt hatte. Nun wird das Urteil aus erster Instanz gegen den mutmaßlichen Kopf der Nationalen Sozialisten Greifswald (NSG) rechtskräftig.
Verschleppt wie eine winterliche Erkältung: Zuerst krank, dann Berufung, dann doch nicht
Eigentlich sollte die nächste Verhandlung gegen Marcus G. morgen in Stralsund stattfinden, denn der Angeklagte, der zum ersten Gerichtstermin aufgrund einer plötzlichen Krankheit nicht erscheinen konnte, ist gegen das Urteil des Greifswalder Amtsgerichts in Berufung gegangen. Das lautete damals: 80 Tagessätze zu je 20 Euro Geldstrafe sowie Kosten für das Verfahren — auch der Nebenklage –, jedoch keine Vorstrafe. Darüber hinaus kann der Geschädigte, der zum Tatzeitpunkt sowohl im Studierendenparlament (StuPa) als auch im kommunalen Ausschuss für Jugend und Soziales saß und von dem Angriff eine schwere Knieverletzung davontrug, seinen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend machen.
Doch der Neonazi nahm nun seine Berufung kurz vor der Verhandlung zurück. Damit wird das Urteil aus der ersten Instanz rechtskräftig. Bei dessen Findung wertete damals die Richterin das späte Geständnis des aus Berlin stammenden Anti-Antifa-Fotografen, der unmittelbar nach der Tat nichts von dem Angriff wissen wollte, als strafmildernd. Dagegen wurde der — wie auf einem auf dem Fleischervorstadt-Blog veröffentlichten Video nachvollziehbar wird — hinterrücks ausgeführte Angriff, als strafverschärfend beurteilt. Der rechtsextreme Hintergrund der Tat spielte in dem Prozess keine Rolle und wurde auch von Seiten der Nebenklage nicht erwähnt.
Marcus G. lebt seit mehreren Jahren in Greifswald und studiert in der Hansestadt Politikwissenschaften. Als Anti-Antifa-Fotograf begleitete der organisierte Neonazi in den vergangenen Jahren zahlreiche NPD-Veranstaltungen sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch jenseits der Landesgrenze. Wenige Monate vor dem Übergriff auf dem Marktplatz bewarb sich der Neonazi auf ein Schöffenamt, doch wurde er auf Empfehlung der Stadtverwaltung wegen “erheblicher Zweifel” an seiner notwendigen “Unvoreingenommenheit und Neutralität gegenüber allen Bevölkerungsschichten” nicht als Kandidat zum ehrenamtlichen Richter am Amtsgericht Greifswald oder am Landgericht Stralsund zugelassen.