Die in Greifswald aufgewachsene Autorin Judith Schalansky liest am Freitagabend im Kontext einer literaturwissenschaftlichen Tagung aus ihrem prämierten Roman Der Hals der Giraffe (2011). Einen passenderen Beitrag hätte man sich nur schwer vorstellen können.
Das von der Stiftung Buchkunst als „Schönstes deutsches Buch des Jahres 2012“ ausgezeichnete Werk erzählt von der alternden Biologie- und Sportlehrerin Inge Lohmark, die an einer von der Schließung bedrohten Schule in der vorpommerschen Provinz unterrichtet. Lohmark versucht vergeblich, den Verfall ihres Lebensumfelds durch eine evolutionistische Sichtweise zu rationalisieren und scheitert. Mehr als einmal wird deutlich, dass es sich bei dem Schauplatz der Erzählung um Anklam handeln muss.
Der Hals der Giraffe ist ein bitterböser Bildungsroman mit regionalem Kolorit und kurzweiligen Exkursen in die gottlob überstandenen Biologiestunden der eigenen Jugend. Zuvor veröffentlichte die 1980 geborene Judith Schalansky, die Greifswald nach dem Abitur verließ, um Kunstgeschichte und Kommunikationsdesign zu studieren, unter anderem den Matrosenroman Blau steht dir nicht (2008) und den ebenfalls als „Schönstes Buch des Jahres“ ausgezeichneten Atlas der abgelegenen Inseln (2009). Heute lebt Judith Schalansky als freie Schriftstellerin und Buchgestalterin in Berlin. Seit dem Frühjahr 2013 gibt sie die Reihe Naturkunden heraus.
Die Lesung findet im Rahmen der zweitägigen Fachtagung „Bildung: Integration und Kontingenz“ des Interdisziplinären Zentrums für Geschlechterforschung (IZfG) statt, deren zentrales Thema die Darstellung von Bildungsprozessen in Texten der deutschsprachigen Literatur vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart ist. Prof. Dr. Anja Lemke (Universität Köln) knüpft am Sonnabendnachmittag mit ihrem Vortrag „Bildung als formatio vitae — Zum Verhältnis von Leben und Form in Judith Schalanskys Der Hals der Giraffe“ beinahe nahtlos an die Lesung des Vorabends an.
Fakten: 05.06.15 | 18.30 Uhr | Krupp-Kolleg | frei