In diesem Jahr konnte man schon ein beträchtliches Maß an Arbeitskampferfahrung sammeln — wer nicht zur Berufsgruppe der Lokführer, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Flughafenkontrolleure, Piloten oder Postzusteller gehört, wenigstens passiv. In Greifswald sucht die Post inzwischen Streikbrecher.
Dieser Tage ist der Post-Streik in aller Munde. Ver.di hat den unbefristeten Arbeitskampf unlängst ausgeweitet und vorgestern weitere Beschäftigte dazu aufgerufen, ihre Arbeit ruhen zu lassen. Die Brief- und Paketzustellung erlahmt — inzwischen sollen sich bundesweit etwa 32.500 Beschäftigte der Deutschen Post AG im unbefristeten Streik befinden. Die Angestellten wehren sich mit ihrem Arbeitskampf gegen die Gründung 49 regionaler Paketgesellschaften (DHL Delivery GmbHs), bei denen bereits 6000 Paketboten arbeiten, die nicht mehr nach dem Haustarif der Post, sondern nach den Tarifen der Logistikbranche entlohnt werden.
(Foto: Opposition24 via Flickr, CC BY 2.0)
Die Gewerkschaft möchte mit dem Streik unter anderem erreichen, dass auch für diese ausgelagerten Angestellten der Haustarifvertrag gilt. Die Post lehnt diese Forderung ab, weil sie Arbeitsplätze gefährde und keine Wachstumsperspektive böte: „Nur durch eine dauerhaft wettbewerbsfähige Lohnstruktur können wir uns auch zukünftig erfolgreich am Markt behaupten.“ Die Androhung unbefristeter Streiks sei unverhältnismäßig und destruktiv; zudem würden Mitarbeiter zum Streik aufgerufen, die nicht von den Regionalgesellschaften betroffen seien.
Die Folgen des Streiks sind beträchtlich und für alle mehr oder weniger schmerzlich spürbar. Dieser Schmerz zeichnet einen wirksamen Arbeitskampf aus und er wird erfahrbarer, je weiter sich der Streik aus der Fabrik entfernt und in relevante Sektoren des öffentlichen Lebens eindringt. Die Post greift gegen die gewerkschaftlichen Zustellungsermüdungen nun auch vor Ort zu Antikörpern und sucht in der Jobbörse des AStA händeringend nach Streikbrechern in Greifswald, um die postalische Grundversorgung der Bevölkerung abzusichern und den Arbeitskampf möglichst lange auszuhalten.
Für das Zustellen von Brief- und Paketsendungen sind Volljährige ohne Gewissensbisse, dafür aber mit Fahrerlaubnis und einwandfreiem Führungszeugnis gefragt, die kundenorientiert auftreten wollen und der hohen Belastung, die dieser Beruf mit sich bringt, gewachsen sind. Für die Arbeit, die nur unregelmäßig an einzelnen Tagen geleistet werden kann, bezahlt die Post einen Stundenlohn von 11,18 Euro. Ein längerfristiges Angestelltenverhältnis dürfte hingegen kaum zu erwarten sein — zumindest nicht zum Haustarif.
Das Inserat wurde inzwischen entfernt.
Mit der Post erlebt man Theater ohne Eintritt zu zahlen. Die Streiktage machen es möglich. Auf der Suche nach meinen Paketen, die im Ziel-Paketzentrum Krefeld beigesetzt wurden, lernte ich die Hotline der DHL kennen. Statt Balsam für die Seele gibt’s dort Öl fürs Feuer.
Ich erlebte eine vom Streik frustrierte Mitarbeiterin, mit Kommentaren die unter die Haut gingen, „stellen Sie sich nicht so an mit ihren lumpigen Paketen…, kaufen Sie sich ihren Krempel doch im Einzelhandel…, glauben Sie der Chef oder der Vorstandsvorsitzende Herr Dr. Appel sind für sone wie Sie zu sprechen…“ nichts für schwache Nerven diese Berliner Schnauze. Aber kein Wunder bei dem Dauerfrust der Kunden. Mir tat die Frau nur leid.
Die Dame die ich danach unter 0228-18929000 im Vorzimmer von Herrn Dr. Appel sprach brachte Licht in den Schatten.
Doch ein Fahrer der DHL der mir Montag erzählte wie er die Sonntagsarbeit erlebte und wie er freundlich gesagt dazu gepusht wurde … warf ein schräges Licht auf das Unternehmen. Vorbei sind die beschaulichen Zeiten mit Walter Scheel und „Hoch auf dem gelben Wagen“.
Für die Verzögerung und die uncoolen Sprüche gibt’s von mir das Testurteil „mangelhaft“ für die DHL. Pappen sich das mal auf den gelben Wagen.
Sie können in meinem Fall jedoch verlorenes Terrain wieder gut machen. „Lieber Herr Dr. Appel schnappen Sie sich einen von den wilden Kerlen, motivieren Sie ihn so lange, bis er meine Pakete bringt“. Dann hab ich endlich die Ersatzteile für mein Fahrrad.
Könnte der örtliche Asta ja auch mal machen:
Quelle: Die Welt
Nachtrag: Die Ausschreibung war heute nicht mehr online.
Die Ausschreibung wurde bereits am Tag der Veröffentlichung gelöscht. Eine Begründung wie die von dir zitierte wäre natürlich ein stärkeres Signal gewesen als eine stille Löschung. Aber lieber so als gar nicht…
Können die nicht Andrea Nahles, die Streikbrecherin Nr.1, tausendfach klonen, dann hätte die Post doch genug Personal…
Das klingt alles so, als wären die anderen Paketdienste netter und sozialer. Seelig wird vom Glauben auch keiner.
Wer auf JustinTime setzt und Ebay und andere Onlineshops nutzt, sollte sich nicht über die Arbeitsbedingunegn aufregen.
Die versender sollen gratis versenden und drücken so gnadenlos den Tarif, das drückt automazisch die Löhne. Selbst große Firmen und Verlage versenden heute in die Filialen oder an andere Händler nicht mehr per eigenem Netz oder Spedition, sondern via Post.
Die Lohndrückerei ist eine logische Folge. Und was wird am Ende rauskommen: Die nach Posttarif unbezahlbaren Kräfte sind raus und es wird nach Logistiktarif gezahlt. Für manchen Pommern wäre das fürstlich und evtl. sogar zukunftsfähig….
Und das dämliche Inserat-Löschen. Hat sich jemand mal nen Kopf gemacht, was sonst für ein Lohn hinter den Inseraten steht? Habt ihr mal rumgeffragt, wer überhaupt ne Lohnabrechnung bekommt und damit nachweisen könnte, daß er/sie im Loh n gedrückt wird?
Es gibt ganz andere Probleme als die Frage Post- oder Logistiktarif….