Ausgemeutert: Alternative Quertreiber verlassen endgültig die Grünen

Am Donnerstag gaben Gregor Kochhan, Ulrich Rose und Michael Steiger von der Alternativen Liste ihren Austritt aus der Partei Bündnis 90 / Die Grünen bekannt und beendeten das Ausschlussverfahren gegen sie.

Mit ihrer Entscheidung nahmen die drei Kommunalpolitiker das Ergebnis des seit zwei Jahren gährenden Verfahrens vor dem Bundesschiedsgericht, das über ihren Parteiausschluss durch den Kreisvorstand bestimmen sollte, vorweg. Zuvor wurde bereits ein Landesschiedsgericht mit dem Fall beschäftigt. Hauptgrund für die parteiinternen Zwistigkeiten war ihre Kandidatur für eine konkurrierende Wählerinnengemeinschaft, der Alternativen Liste, bei der Kommunalwahl 2014.

Austritt Gruene Alternative Liste

Mit merzlichen Grüßen: Austrittserklärung von Gregor Kochhan, Ulrich Rose und Michael Steiger

Die drei Quertreiber der Alternativen Liste, die gegenwärtig mit jeweils einem Sitz in der Greifswalder Bürgerschaft (Dr. Ulrich Rose) und im Kreistag (Gregor Kochhan) vertreten sind, haben ihre Entscheidung schon vor geraumer Zeit getroffen, aber um „keine ungewollten Turbulenzen auszulösen“, mit ihrem Austritt bis nach den Landtagswahlen gewartet.

„Wir möchten weiterhin streiten“

In einer Pressemitteilung teilen die drei Ex-Grünen nochmal in Richtung Kreisverband aus, der als „kostenlose Hilfstruppe zum Aufhängen von Kopfplakaten“ in Erscheinung träte und seinen Auftrag, zur politischen Willensbildung beizutragen, nicht wahrnähme. Ihre Entscheidung werde ihnen zudem durch die parteipolitische Entwicklung auf Bundesebene erleichtert. Es sei einfacher, mit aktiven Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen, ohne sich für Fehlgriffe prominenter grüner Politiker von Kretschmann bis Palmer rechtfertigen zu müssen. Andere Beteiligungsforen wie zum Beispiel die Bündnisse „Greifswald für alle“ oder „Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt!“ böten bessere Möglichkeiten politischen Engagements auf kommunaler Ebene als der „schweigende, funktionärsbestimmte Kreisverband Vorpommern-Greifswald“.

Kochhan, Rose und Steiger vollzogen ihren Ausstieg mit merzlichen Grüßen auf einem Bierdeckel und erklären, dass ihr Rückzug aus der Partei keineswegs das Ende ihres politischen Engagements bedeuteten wird: „Die letzten Monate haben uns gezeigt, dass es in Greifswald und Umgebung viele Menschen gibt, die aktiv unsere Region verändern wollen. Wir möchten mit diesen Menschen diskutieren und streiten. Wir werden in Zukunft diese Gruppen mit unserer Kraft und unserem Wissen unterstützen. Wir werden weiterhin ein unbequemer, lebensfroher Teil unserer Gesellschaft sein. Dafür brauchen wir kein Parteibuch.“ Da sich keine Partei über zeit- und nervenaufreibende Ausschlussverfahren, Schiedsgerichte und nachhaltige Zwistigkeiten freut, ist der Austritt für alle Beteiligten die beste Lösung, auch wenn diese Entscheidung lange auf sich hat warten lassen.

11 Gedanken zu „Ausgemeutert: Alternative Quertreiber verlassen endgültig die Grünen

  1. Ich wusste gar nicht, dass die noch bei den Grünen waren. Hätten sich und anderen viel Arbeit und Ärger sparen können, wenn sie das vor zwei Jahren gemacht hätten. Naja und die Nummer mit den Bierdeckeln finde ich ein bisschen albern.

    Eigentlich wäre jetzt die Zeit, in eine demokratische Partei einzutreten und den AfD-Honks, die von einem Bürgerkrieg phantasieren, nicht das Feld zu überlassen. Ohne Parteien funktioniert die Demokratie nicht.

    1. Klar: Da man von den Grünen lokal so wenig hört, mochte es kaum auffallen, wer eigentlich (noch) dabei war oder dabei sein „durfte“, oder wer eben auch nicht. Jene drei Männer mit Prinzipien konnten natürlich auch ihre Parteimitgliedschaft nicht wegpacken wie ein Hemd in die Wäsche. Auch klar, oder?

      Wer wiederum live und in Farbe oder auch über diese und jene Medien verfolgt, wer in Greifswald und im Kreis demokratische Anliegen bewegt, dem dürften die drei Namen auf den Bierdeckeln kaum entgangen sein. Die Empfehlung an die drei Ex-Grünen, nun doch bitte einer demokratischen Partei beizutreten und der AfD nicht das Feld zu überlassen, ist also ein After-the-fact-Stoßseufzer. Die AL gibt es schon längst. Und sowohl Michael Steiger als auch Uli Rose als auch Gregor Kochhan sagen, schreiben und TUN in Sachen Demokratie ständig alles, was der Tag noch hergibt. Bist du dabei, Stefan?

      1. Der letzte Absatz meines Kommentars richtete sich gar nicht an die Protagonisten des Artikels, da habe ich mich unklar ausgedrückt. War nur ein allgemeiner Gedanke, dass demokratische Parteien, die besonders in Vorpommern personell sehr dünn aufgestellt sind, jetzt Unterstützung brauchen. Die AL ist ja keine Partei, sondern eine lokale Wählergemeinschaft. Natürlich trotzdem verdienstvoll, aber manchmal geht mir dieses Wutbürgertum auf die Nerven, das man auf http://www.al-vg.eu/ besichtigen kann. Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist.

        Insofern: Ich bin nicht dabei.

    2. „Eigentlich wäre jetzt die Zeit, in eine demokratische Partei einzutreten“

      Demokratische Partei? Welche demokratische Partei?
      Die Familienpartei vielleicht oder die Tierschützer…und die kleinen, kleinen Gruppen…

  2. „…. aber manchmal geht mir dieses Wutbürgertum auf die Nerven…“
    Soso, aber es haben nun mal jede Menge Bürger eine berechtigte Wut.
    Dazu muß Mensch auch die AFD oder wie sie alle heißen, nicht mögen.

    Das ist sehr wohl ein Grund:“Ihre Entscheidung werde ihnen zudem durch die parteipolitische Entwicklung auf Bundesebene erleichtert. Es sei einfacher, mit aktiven Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen, ohne sich für Fehlgriffe prominenter grüner Politiker von Kretschmann bis Palmer rechtfertigen zu müssen.“
    und zeigt Charakter, finde ich jedenfalls.

    1. 1. Ich will auch gar nicht kritisieren, *dass* die drei aus ihrer Partei ausgetreten sind, nur *wann* und *wie* fand ich nicht so dolle, aber auch das ist natürlich ihre autonome Entscheidung.

      2. Mit demokratischen Parteien meinte ich schon die großen Parteien. Es geht ja um organisierte Willensbildung in einer komplexen Gesellschaft und dafür braucht man nach meiner Überzeugung größere Einheiten als solche monothematischen Miniparteien wie Familie, Tierschutz oder Piraten, wo die Entscheidungen davon abhängen, wer von den zehn Mitgliedern zufällig gerade auf dem Parteitag anwesend ist und sich die Partei eher als Freundeskreis versteht oder aus Familienangehörigen zusammengesetzt ist.

      3. Natürlich darf man wütend sein. Aber Wut kann auch destruktiv werden, wenn man keine Lösungen entwirft. Habe gerade nochmal auf die Website der AL geguckt:
      – Wenn man Anwohnerparkausweise auf Menschen mit Hauptwohnsitz beschränken will, wird man in die Nähe von xenophoben Rechten gerückt
      – Ein Mitarbeiter der Lokalzeitung wird als „Hochleistungsjournalist“ herabgewürdigt, der seine Texte vermutlich „Artikel“ nennen würde etc. pp.

      Das ist nicht mein Menschenbild, deswegen kann ich da nicht mitmachen und das finde ich schade, weil ich mit vielen Zielen der AL inhaltlich übereinstimme. Aber wie will man Kommunalpolitik machen, wenn man andauernd Leute vor den Kopf stößt?

      1. Das mit dem Anwohnerparken war von mir und, so meine ich, erkennbar ironisch oder scherzhaft gemeint. Ob es gelungen war, ja, da habe ich jetzt auch meine Zweifel. Keineswegs aber wollte ich die Befürworter des Anwohnerparkens für Erstwohnsitznehmer in die rechte Ecke stellen. Und das habe ich auch nicht.

  3. Grüne hin oder her. Rein aus rechtlicher Sicht finde ich ein paar Fragen interessant:

    Ich frage mich, kann man eigentlich aus einer Partei austreten, wenn man überhaupt nicht mehr Mitglied ist. Das scheint -der OZ folgend- zumindest für Herrn Steiger und Herrn Kochhan der Fall zu sein.

    Gilt man eigentlich rechtlich als ausgeschlossen, wenn auf Landesebene bereits ein Ausschluss erfolgt ist, gegen den scheinbar seitens der drei Bierdeckelschreiber Widerspruch eingelegt ist und nun quai auf weitere Rechtsmittel verzichtet?

    1. Wir sind ausgeschlossen worden durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung, den wir angefochten haben und der dadurch nicht wirksam war. Die Klage hat aufschiebende Wirkung, denke ich. Jetzt haben wir unseren Austritt erklärt, das Verfahren ist damit gegenstandslos und für erledigt zu erklären. Allerdings sind die Fragen, die Du aufwirfst, juristisch interessant, aber nicht wirklich politisch relevant. Und ob die OZ nun als juristische Fachzeitschrift gilt, wage ich zu bezweifeln.

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