AfD-Landtagsmitglied Ralph Weber sorgt für Eklat und wird abgemahnt

Der Greifswalder Landtagsabgeordnete Prof. Dr. Ralph Weber (AfD) hat mit einer Stellungnahme für einen Eklat gesorgt und einen Shitstorm geerntet, an dessen Ende er sogar von seiner eigenen Partei abgemahnt wurde. 

Das dürfte ein langer Abend für Prof. Dr. Ralph Weber gewesen sein. Nachdem sich das AfD-Landtagsmitglied auf Facebook mit einer umfänglichen Erklärung an seine Anhänger gewandt hat, trudelten im Minutentakt Kommentare und Nachfragen ein. Diese stammten jedoch fast ausschließlich von politischen Gegnern, die die nationalistischen Obertöne des Juristen mit einem veritablen Shitstorm beantworteten und dafür Sorge trugen, dass bis in die späte Nacht kritische Kommentare gelöscht und unliebsame Nutzer von Webers Facebookseite entfernt wurden. 

Ralph Weber AfD MV

Weber ist inzwischen zurückgerudert und hat im vielfach erprobten Kommunikationsstil der AfD, bei dem zunächst ein Tabu gebrochen wird, um dies anschließend scheibchenweise zu relativieren, den Text des Anstoßes verändert. Doch das Landtagsmitglied hat sich diesmal verschätzt und wurde nun vom AfD-Landesvorstand abgemahnt. Zu rechts für die AfD MV? Das muss man erstmal schaffen!

Der Landesvorstand der rechtspopulistischen Partei erklärte, dass Weber der Partei schweren Schaden im öffentlichen Ansehen zufüge. Insbesondere sei die Äußerung „Deutschland den Deutschen“ als gebräuchliche Kampfparole der NPD bekannt gewesen. Zudem ließe die Bezugnahme auf „Biodeutsche“ mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern Raum für Spekulationen auf einen rassistischen Hintergrund. Auch die Universität Greifswald veröffentlichte umgehend eine Pressemitteilung, in der sich die Leitung „ganz entschieden von den unsäglichen Äußerungen“ Ralph Webers distanziert.

„Biodeutsche mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern“

Aber was hat Weber konkret geschrieben und welche Textstellen hat er nachträglich verändert? Im Original fordert Weber eine deutliche Absage an „alle Versuche einer multikulturellen Umgestaltung unseres Vaterlandes und eine ebenso deutliche Absage an alle Versuche, unser Volk durch Überfremdung mittels Zuwanderung auszutauschen.“ Deswegen sei die Ablehnung jeglichen Familiennachzugs für Geflüchtete richtig. „Wir brauchen auch keine positive, sondern eine negative Obergrenze bei den Flüchtlingszahlen. […] Denn dann findet dieser „Große Austausch“ nicht statt. Wir müssen und werden dafür sorgen, dass unsere Heimat auch in 30 Jahren noch von deutscher Kultur, deutschen Traditionen, unserer deutschen Sprache und einer deutschen Leitkultur geprägt und geformt wird. Wir „Biodeutsche“ mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern müssen hierfür sorgen.“

https://www.facebook.com/panorama.de/videos/1019525174851819/

Weber veränderte diesen Absatz später und erklärte dazu, dass seine Verwendung des Begriffes von Teilen der Presse in böswilliger und inhaltlich unzutreffender Fehldeutung dahingehend verklärt wurde, dass er sich für eine arische Leitkultur ausspräche. Weiterhin distanziert sich Weber von der Bezeichnung „Umvolkung“, die er in seinem Text nicht verwendet hätte.

Dabei war das auch gar nicht notwendig, denn Weber hantiert ganz bewusst mit Stichworten wie „großer Austausch“ und schließt damit an ein Konzept an, mit dem Identitäre seit mehreren Jahren in Frankreich und Österreich Angst vor Zuwanderung schüren. Bei der „Identitären Bewegung Österreich“ liest sich diese angstverbreitende Suggestion fast wortgleich: „Was ist der große Austausch? Der Große Austausch findet statt. Er bedroht uns alle. Die einheimische Bevölkerung verschwindet und wird durch fremde Einwanderer ersetzt.“

„Deutschland den Deutschen!“

Die zweite Änderung betrifft die Streichung der Formulierung „Deutschland den Deutschen“. Dieser Ausdruck sei laut Weber nach dem Ende des ersten Weltkrieges infolge der Besetzung deutschen Staatsgebietes zur Durchsetzung von Reparationszahlungen entstanden und habe entgegen anderslautenden Mitteilungen keinen nationalsozialistischen Hintergrund. „Da dieser Ausdruck aber auch von der NPD als Teil eines Wahlkampfslogans verwendet wurde, wird die Verwendung dieser Formulierung durch mich von gewissen Presseorganen dazu missbraucht, mir eine geistige Nähe zur NPD anzudichten.“

Ralf Weber

(Screenshot: Facebook)

Weber versucht sich hier mit einer simplen Erklärung aus der Affäre zu ziehen und legt wie viele andere AfD-Politiker vor ihm den kommunikativen Rückwärtsgang ein. Aber so einfach ist das nicht. „Deutschland den Deutschen!“, das ist eine Parole, die sich in den Neunziger Jahren mit dem dazugehörigen Nachsatz „Ausländer raus!“, begleitet von den Bildern eines zündelnden Mobs, sei es in Hoyerswerda oder Lichtenhagen, tief in das kollektive Gedächnis eingebrannt hat; zumindest in den neuen Bundesländern. Doch wer auf dieser Klaviatur spielt und im selben Text von negativen Obergrenzen fabuliert und jeglichen Familiennachzug von Geflüchteten ablehnt, wer die Herkunft der Eltern und Großeltern zum Kriterium für gesellschaftliche Zugehörigkeit macht, dem muss überhaupt keine Nähe mehr zur NPD angedichtet werden, der stellt sie freimütig selbst her:

„Und wir wissen, dass aus dem Wind, den wir entfacht haben ein Orkan werden, dass aus der von und hervorgerufenen Welle eine mächtige Flut werden wird, die all diese linksgrünen Ideologen, die nichts anderes im Sinne haben als Deutschland als Nation und die Deutschen als Volk endgültig auszulöschen, hinwegfegen und unseren Zielen zum Sieg verhelfen wird. Dafür arbeiten wir, dafür kämpfen wir und dafür führen wir unseren Wahlkampf. Deutschland den Deutschen und alles für unser geliebtes Deutschland!“ Das stammt nicht von Höcke, auch wenn es so klingt. Diese Worte kommen von Ralph Weber.

„Wir sind kein Tätervolk“

Der Jurist positioniert sich klar und deutlich in der geistigen Nähe des ganz rechten AfD-Flügels um Bernd Höcke und greift in seinem Statement die kontrovers diskutierte Rede des Thüringers auf. Das reicht vom geschichtsrevisionistischen „Schuldkult“ bis zur Forderung nach einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad, es ist alles dabei:

Heiko Miraß über Ralph Weber „Schließlich muss der uns der von den Siegermächten aufgezwungene und von den „linksgrünen Weltverbesserern“ und „Deutschland-Abschaffern“ fortgesetzte „Schuldkult“ aufhören. Wir sind ein freies selbstbewusstes Volk unter gleichberechtigten anderen Völkern und eben kein „Tätervolk“ ohne Rechte und ohne Berechtigung zu eigenem Nationalstolz. Es kann nicht sein, dass unsere Vergangenheitsbetrachtung, die mindestens 1200 Jahre beträgt, auf ganze 12 Jahre zusammengeschmolzen und daraus eine ewige und vererbliche Schuld aller Deutschen abgeleitet wird. Damit muss nicht nur endgültig Schluss sein, hier bedarf es in der tat einer Kehrtwende um 180 Grad.“ [Fehler im Original]

Tatsächlich kommt Ralph Weber eine Legislatur zu spät. Mit seinen Verlautbarungen und den nachfolgenden Relativierungen hätte sich der völkisch-nationale AfD-Politiker noch vor zwei Jahren in bester Gesellschaft mit den NPD-Politikern Udo Pastörs und Michael Andrejewski befunden. Die sitzen inzwischen aber nicht mehr im Landtag. Es bleibt zu hoffen, dass Weber ihrem Vorbild folgt.

(Bild: Heiko Miraß (SPD) via Facebook)

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