Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet „Sturm & Dreck“

Feine Sahne Fischfilet legen mit „Sturm & Dreck“ ihr fünftes Album vor. Die vorpommersche Trompetenpunkband von einst tourt heute mit den Toten Hosen und ist zum subkulturellen Exportschlager Mecklenburg-Vorpommerns geworden.

Drei Jahre nach „Bleiben oder gehen“ bringen Feine Sahne Fischfilet ihr neues Album „Sturm & Dreck“ heraus. Die Band hat sich augenscheinlich für das Bleiben entschieden und zum großen Release-Konzert nach Loitz eingeladen. Loitz? Richtig, aber wer Feine Sahne Fischfilet kennt, kann darüber nicht überrascht sein.

Feine Sahne Fischfilet Bandfoto
(Foto: Bastian Bochinski)

Die Release-Veranstaltungen in der Provinz sind inzwischen zur Tradition geworden. Man ist selbst dort aufgewachsen; kennt die Sorgen, den kulturellen Leerstand und nicht selten auch eine rechtsextreme Hegemonie.

„Wir leben dort, wo niemals Ebbe ist“

Loitz, der verfallene und später teilsanierte, aber vor allem unendlich trostlose Ort an der Peene ist so was wie die kleinstadtgewordene Erzählung der Band. Nicht, weil hier die ersten Proben und das erste Konzert von Feine Sahne Fischfilet stattgefunden haben, sondern vor allem deswegen, weil sich hier viele Motive verdichten, die sich in den Songs der Band wiederfinden.


2009 wollten Feine Sahne Fischfilet schon mal eine Release-Party in Loitz machen. Die Veröffentlichung ihres Debütalbums „Backstage mit Freunden“ war als Aktionstag mit Filmen und Vorträgen zum Thema Rechtsextremismus geplant. Es kursierten Gerüchte, denen zufolge Neonazis das Konzert in Loitz attackieren wollten. Der Bürgermeister knickte damals vor den Drohungen ein und reagierte auf die rechten, in den Nachtstunden verbreiteten Aufrufe, mit einem Verbot der Veranstaltung.

Neun Jahre später ist die Situation eine etwas andere. Feine Sahne Fischfilet sind mit etwas anderer Reputation zurück. Das Konzert findet statt und wird ein voller Erfolg. Allein die Drohungen der Neonazis sind geblieben. Doch heute weiß die Band Störungen für sich zu nutzen. Wenn Nazis wie in Loitz Stimmung gegen die Band machen, dann wissen Feine Sahne Fischfilet, dass sie alles richtig machen. Beste Gelegenheit für ein Gruppenfoto und weiter im Takt.

https://www.facebook.com/feinesahnefischfilet/photos/a.159183567429745.32981.147962038551898/1950868521594565/?type=3

„Wir sind als Band nie so jammermäßig drauf gewesen ‚Nazis hier, Nazis da, alles ganz schlimm‘. Wenn die Kacke am Dampfen ist, muss man halt selber Action machen.“

Action, das beschreibt zum Beispiel die Etablierung eines eigenen Festivals, das seit 2016 in Jarmen stattfindet — einer ebenfalls an der Peene gelegenen Kleinstadt, in der Sänger Monchi aufgewachsen ist. Der Begriff meint auch die Kampagne „Noch nicht komplett im Arsch – Zusammenhalten gegen den Rechtsruck„, mit der die Band vor der Landtagswahl 2016 durch Mecklenburg-Vorpommern tourte und dabei Vorträge oder Konzerte mit Künstlern wie den Toten Hosen, Marteria oder Zugezogen Maskulin auf den Weg brachte.

„Wir nutzen schamlos die Öffentlichkeit aus, die wir gerade bekommen, und versuchen, geile Aktionen zu reißen“

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„Zuhause heißt, wir schützen uns, alle sind gleich“

In den zwölf neuen Songs auf „Sturm & Dreck“ wagen sich Feine Sahne Fischfilet wieder zurück auf den schmalen Grat zwischen sozialkritischer Protestband und antifaschistischer Bierzeltkapelle, auf dem sie bereits mit „Bleiben oder Gehen“ wandelten.

Feine Sahne Fischfilet Sturm und Dreck

Als inhaltlicher Fahrplan ziehen sich so Solidarität mit den Schwachen und klare Positionen zu Rassismus und rechten Ideologien durch das Album. Das Stück „Angst frisst Seele auf“ ist der befreundeten Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss (Die Linke) gewidmet. Das Mitglied des thüringischen NSU-Untersuchungsausschusses erhielt erschütternde Morddrohungen von Neonazis.

In „Suruç“ erinnert sich Sänger Monchi an einen Selbstmordanschlag im türkisch-syrischen Grenzgebiet, von dem er auf der Reise mit einem Hilfskonvoi Zeuge wurde.

Auch im Video der stadiontauglichen Hymne „Zuhause“ erkennt man diese Haltung. Nicht nur an der Auswahl der Protagonisten, die in ihren Lebensräumen über ihre Vorstellung eines Zuhauses reflektieren, sondern auch an der untertitelten Form ihrer Darstellung. Diese Sequenzen treten in unmittelbare Aufmerksamkeitskonkurrenz mit dem Songtext. Sie erzählen auf zum Teil bedrückende Weise von Flucht oder Verdrängung, zeichnen aber auch einen utopistischen Gegenentwurf. Auch auf diese Art kommt man dem Begriff Heimat näher.

„Ich kann immer noch nicht singen und spiel‘ jetzt bei Rock am Ring“

„Sturm & Dreck“ wurde von Tobias Kuhn produziert (u.a. Die Toten Hosen, Tomte, Clueso). Obwohl der bereits 2002 mit seiner Indieband Miles im Greifswalder Klex aufgetreten ist — langjährige Greifswalder werden sich an diesen Abend zurückerinnern –, ist die Verbindung zu Feine Sahne Fischfilet noch relativ jung. Kuhn ist es gelungen, das Album so zu produzieren, dass es kaum produziert klingt.

Und trotzdem: Vom musikalischen Dilettantismus des allerersten Albums ist nichts mehr übrig geblieben. Heute hört man, dass sich die Band zuletzt eher auf größeren Bühnen herumtreibt. Vor allem die Gitarren verlangen nach Stadion. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Chören. Die lassen zwar einen spürbaren Einfluss der jüngsten Verkumpelung mit den Toten Hosen vermuten, kündigten sich aber bereits auf „Bleiben oder Gehen“ als neues prägendes Stilmittel an.

Man muss die Musik von Feine Sahne Fischfilet nicht lieben, aber wer der Unermüdlichkeit der sechs Knappdreißiger und ihrem filmreifen Aufstieg nichts abgewinnen kann, ignoriert den subkulturellen Exportschlager Mecklenburg-Vorpommerns und verpasst eine der schönsten Coming-of-Age-Geschichten der Region.

Apropos filmreif: Im Frühling kommt eine filmische Biographie über Monchi in die Kinos, für die der Schauspieler Charly Hübner Regie führte. Am 1. Februar starten Feine Sahne Fischfilet mit ihrer „Alles auf Rausch“-Tour. Auf dem Programm stehen 20 Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, um „Sturm & Dreck“ in die Welt zu tragen. 

„Alles auf Rausch“-Tour

01.02.2018 Linz (AT) – Posthof
02.02.2018 Wien (AT) – Arena
03.02.2018 Graz (AT) – PPC
09.02.2018 Leipzig – Haus Auensee
10.02.2018 Hamburg – Inselparkhalle
15.02.2018 Fürth – Stadthalle
16.02.2018 München – Tonhalle (ausverkauft)
17.02.2018 Wiesbaden – Schlachthof (ausverkauft)
22.02.2018 Osnabrück – Hydepark
23.02.2018 Heidelberg – Halle02
24.02.2018 Zürich (CH) – Dynamo
01.03.2018 Magdeburg – AMO
02.03.2018 Saarbrücken – Garage
03.03.2018 Dortmund – Phönixhalle
08.03.2018 Stuttgart – Im Wizemann
09.03.2018 Köln – Palladium
10.03.2018 Erfurt – Stadtgarten (ausverkauft)
16.03.2018 Berlin – Columbiahalle (Zusatzshow)
17.03.2018 Berlin – Columbiahalle (ausverkauft)
23.03.2018 Rostock – Stadthalle

Die Reihe “Pop am Wochenende” versammelt Greifswalder Musikgeschichte und hält über das klangliche Gegenwartstreiben in der wilden Provinz auf dem Laufenden

2 Gedanken zu „Pop am Wochenende: Feine Sahne Fischfilet „Sturm & Dreck“

  1. Armes Deutschland- feine Sahne Fischfilet ist ja nun das aller letzte.
    Kein Gesang sondern nur Monster Gebrüll-Musiker , die ihre Instrumente nicht beherrschen.
    Das völlig verblödete Volk findet das aber geil.

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