Fake im Wahlkampf: NPD fordert Gleichberechtigung homosexueller Paare *Update*

In der letzten Nacht wurden in der Greifswalder Innenstadt Plakate angebracht, auf denen die beiden NPD-Kader Udo Pastörs und Holger Apfel abgebildet sind, flankiert von der Forderung nach Gleichberechtigung homosexueller Paare.

Falsche Flagge, wiege dich im Wind!

Das mag auf den ersten Blick verwundern, denn allzu häufig kokettieren Neonazis mit Ressentiments gegen homosexuelle Liebe — für gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist im nationalen Weltbild kein Platz, denn sie bedrohe die Gesundheit des Volkskörpers. Erst bei der genaueren Beobachtung des Plakats dämmert es langsam: vor uns hängt das Werk feister Kommunikationsguerillos. Doch ob diese Art der Affirmation den gewünschten Erfolg erzielen wird, darf bezweifelt werden. Zu undeutlich ist die falsche Flagge, der obendrein auch selbst homophobes Potenzial innewohnt, wie daburna kritisiert.

npd plakate affirmation

Touristen raus aus Vorpommern!

Um zu erkennen, dass affirmative Aktionsformen keine Erfindung des 21. Jahrhunderts sind, reicht schon ein Blick auf den 1998 in Greifswald geführten Landtagswahlkampf. Über Nacht tauchten damals unzählige Plakate der NPD auf, die in deutlicher Sprache verkündeten: Deutsche Frauen rauchen nicht! Deutsche Männer trinken nicht! Touristen raus aus Vorpommern!  Damals zogen die Schergen der NPD tags darauf durch die Stadt, ihre vermeintlich eigenen Werbemittel von den Mästen holend.

Das ist in diesem Fall leider gar nicht notwendig, denn der satirische Hintergedanke ist einfach zu undeutlich herausgearbeitet und kann an die unlängst von der PARTEI in Umlauf gebrachte Adaption eines NPD-Plakates (Gas geben!), das statt des Bundesvorsitzenden Udo Voigt plötzlich den alkoholfreudigen Rechtspopulisten Jörg Haider zeigte, nicht anknüpfen.

Die ersten Plakate wurden inzwischen von den Laternen geholt — schade um die Mühe.

(Foto: knicken)

*Update* 30.08.

Es gab noch weitere, und bessere Motive, die bei den (merkbe)frei(t)en Kräften ansehbar sind.

Ärger mit dem Flaggschiff — der NPD droht Ungemach

Wie der Tagesspiegel am 23. August berichtete, steht der NPD-Fraktion des Landtags einmal mehr Ärger ins Haus. Die klamme Partei steht in Verdacht, ihren derzeit in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführten Wahlkampf aus Fraktionsgeldern mitzufinanzieren. Das verstößt gegen die vorgeschriebene Trennung von Partei- und Fraktionsgeldern und konfrontiert die Rechtsextremen mit dem Vorwurf der unerlaubten Parteienfinanzierung.

ORDNUNGSRUF + FLAGGSCHIFF = STRAFZAHLUNG 

Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider hat inzwischen den Bundestagspräsidenten und den Landesrechnungshof darüber informiert. Konkret geht es dabei um den Einsatz der Fraktionspostille Der Ordnungsruf, die im Wahlkampf massenhaft verteilt wurde. Die presserechtliche Verantwortung für das Blatt trägt Fraktionsvorsitzender Udo Pastörs. Vom abgedruckten Hinweis, dass diese NPD-Veröffentlichung nicht zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden dürfe, nahmen die Wahlkämpfer aber bislang keine Notiz oder ignorierten ihn.

npd waterkant pressemitteilung

Neben dem unerlaubten Einsatz dieser Zeitung wird der Fraktion vorgeworfen, dass ein fraktionseigenes Fahrzeug von NPD-Abgeordneten unerlaubt zur Wahlwerbung genutzt wurde. Der Bundesgeschäftsführer der NPD, Klaus Beier, schließe laut Tagesspiegel „kategorisch“ aus, dass Bretschneiders Vorwürfe zuträfen.

Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen liebevoll Flaggschiff Waterkant Mercedes-Transporter, der in den vergangenen Wochen auf unzähligen NPD-Wahlkampfterminen zu bestaunen war — in Greifswald zuletzt am 10. August auf dem Fischmarkt. Die Aufnahmen von Greifswald TV belegen das, kategorischer Ausschluss hin oder her. Und nicht zuletzt dokumentieren auch die eigenen Pressemitteilungen der NPD-Fraktion den Einsatz des Fahrzeugs zu Wahlkampfzwecken. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, muss die NPD mit einer weiteren Strafzahlung rechnen.

„BÜRGERLICH IST AN DIESER NPD NUR DIE FASSADE“ 

Einen kurzen Bericht über den Wahlkampf der NPD in Mecklenburg-Vorpommern strahlte vorgestern der NDR aus. Darin sind einige Facetten der Neonazis abgebildet: vom Kinderfest in Anklam über Provokationen im Schweriner Landtag bis zu freien Kameradschaften und Udo Pastörs‘ Agitationen, den Parteienstaat abschaffen zu wollen.

Das Video ist in guter Qualität auf der Webseite des NDR ansehbar. Außerdem wurde es vom Benutzer Landtagswahl, der ausschließlich NPD-Videos veröffentlicht, bei Youtube hochgeladen — dementsprechend sind die im Video integrierten Links einzuordnen.

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Mehr zum Thema:

Fleischervorstadt: Plakate der etablierten Parteien von NPD-Wahlkämpfern zerstört

Gestern Nacht gegen ein Uhr war eine größere Gruppe teilweise bewaffneter Neonazis in der Fleischervorstadt unterwegs und machte Wahlkampf auf eigene Art.

Zwei Transporter und ein Pick-up, auf dessen Ladefläche vermummte Wahlhelfer Platz fanden, rollten langsam durch die Straßen — eine krude Szenerie, die wie ein Hybrid aus Wikingjugend und amerikanischen Hinterwäldlern erscheint. Hinter dem Tross liefen noch weitere vermummte Neonazis, immer auf der Hut.

Das Zusammenspiel von NPD und freien Kräften funktioniert offenbar noch und entsprechend vielseitig fällt die nächtliche Wahlkampftour aus: Es wurden nicht nur etliche Werbematerialien an den Mast gebracht, sondern gleichzeitig die Plakate etablierter Parteien beschädigt, natürlich nicht ohne dabei die eigene Position mitzuteilen. Das beginnt beim aufgekritzelten Galgen auf einem Plakat der LINKEN und geht weiter mit unverhohlenen antisemitischen Schmiereien am Konterfei des Ministerpräsidenten Sellering. Erst vor etwa zwei Wochen wurde ein Plakat Ulf Dembskis mit einem Fadenkreuz auf seinem Gesicht und dem Aufruf Verräter köpfen! bedacht.

Während der Plakatierung wurde außerdem der Schaukasten des Internationalen Kultur- und Wohnprojekts (IKUWO) mit dem Schriftzug Ikuwo abreissen! ANG! beschmiert.

NPD in der Krise: „Provozieren für den Wahlerfolg“

Gestern Abend wurde im Deutschlandfunk der Beitrag Provozieren für den Wahlerfolg – Schwere Zeiten für die NPD gesendet, dessen Autorinnen Claudia van Laak, Christina Selzer, Almuth Knigge ihre Zuhörerschaft gleich zu Beginn nach Greifswald führen.

Dorthin, wo am 30. Juli 2011 etwa 170 Menschen und ein antifaschistischer Platzregen eine Kundgebung der rechtsextremen Partei untergehen ließen.

„DER ZUSTAND DER NPD IST DESOLAT“ 

Von Greifswald ausgehend, wird ein thematischer Streifzug unternommen: von der bevorstehenden Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern geht es weiter nach Bremen und Bremerhaven bis zum Bundesvorsitz. Im Unterschied zur DVU sei bei der NPD der Grat zwischen Rechtschaffenheit und Rechtsradikalismus unverhohlen übertreten.

Nach Einschätzung der Autorinnen befände sich die NPD in einer Krise und brauche dringend einen Wahlerfolg:

deutschlandradio

Wie die Partei im Nordosten abschneidet, ist auch entscheidend für die Ausrichtung der Partei. Pastörs hat Ambitionen auf den Parteivorsitz, er und die NPD in Mecklenburg-Vorpommern stehen für einen gewaltbereiten Kurs und eine enge Zusammenarbeit mit den Kameradschaften, die in einigen Teilen des Landes bereits die Meinungshoheit errungen haben.

Der Zustand der NPD sei desolat. Es fehle an Geld, attraktivem Personal und Wahlerfolgen. Dennoch wird davor gewarnt, das „Problem zu schnell als erledigt zu betrachten“.

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Von faulen Äpfeln und rechten Hohlbirnen: NPD-Schlappe Reloaded

Das hatte sich der NPD-Männerverein sicher anders vorgestellt: Das knappe Dutzend Wahlkämpfer der Nationalpartei ging gestern auf dem Fischmarkt in gellendem Pfeifkonzert unter. Der angemeldete Infostand wurde relativ zügig von etwa 120 Protestierenden umkreist, ausgepfiffen und mitleidig belächelt.

PROPAGANDA AUS DER KONSERVE

Aus den Lautsprechern des in Berlin gemeldeten Wahlkampffahrzeugs Flaggschiff dröhnten die ewiggleichen aufpeitschenden Reden, unterbrochen nur hin und wieder von selbstgesprochenen Beiträgen, welche allerdings durch den lautstarken Protest zur Unverständlichkeit verdammt waren.

holger apfel greifswaldSogar Sachsens NPD-Fraktionsvorsitzender Holger Apfel war mit von der Partie. Sein Vormittag in Greifswald dürfte allerdings wenig vergnüglich gewesen sein. Nach nicht einmal zwei Stunden wurde eingepackt und sich provokativ langsam gen Stralsunder Straße bewegt – natürlich nicht, ohne noch einmal die Propagandakonserve zu bemühen. Spontan versicherten sich daraufhin cirka 70 NPD-Gegnerinnen, dass die Neonazis auch wirklich abzogen und nicht  – wie schon einmal in der Vergangenheit – einen spontanen Infostand an anderer Stelle aufzubauen versuchten.

Während im Mittelalter unliebsame Personen und Kriminelle noch an den Pranger gestellt werden mussten, initiieren das die Meister der Selbstbloßstellung heute eigenständig. Der Regionalsender Greifswald TV berichtete bereits gestern Nachmittag über die blamable Vormittagsvorstellung der Partei.

DIE MEISTER DER SELBSTBLOSSSTELLUNG

In Schönwalde wurden die Neonazis nachmittags bereits zwei Stunden lang erwartet, ehe sie mit großzügiger Verspätung schließlich doch eintrafen. Durch die insgesamt 80 Polizisten von Wählern wie Gegnern abgeriegelt, konnte aber auch in diesem Teil der Stadt nicht viel gewonnen werden. Etwa 50 Leute — vorwiegend über soziale Netzwerke mobilisiert — störten lautstark die NPD-Show, bis das glücklose Dutzend irgendwann abzog.

Aus Sicht der NPD muss der 10. August eindeutig als vergeudeter Tag bewertet werden, der die aktive Teilnahme an solchen Veranstaltungen für Neonazis kaum attraktiviert haben wird. Angefeindet, ausgelacht und abgepfiffen segelte die NPD gestern wohl zu hart am Wind.
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Weitere Beiträge zu den beiden NPD-Ständen:

  • NPD-Wahlkampf in Greifswald erneut gescheitert (webMoritz, 10.08.2011)
  • Greifswald: NPD – Blamage Teil II (Tim Krugfelch/Indymedia, 10.08.2011)
  • NPD: Erste Vorstellung enttäuscht – laute(r) Buhrufe *Update* (daburna, 10.08.2011)




NPD-Stand in Greifswald: Ein guter Grund, früh aufzustehen

Die NPD schickt sich morgen erneut zu einer Wahlkampfaktion in Greifswald an. Für die Zeit von 9 – 12 Uhr wurde ein Infostand auf dem Fischmarkt angemeldet, Gerüchten zufolge ebenso in Schönwalde.

mahnwache npd-stand (Fotogrundlage: Greifswald wird Grün)

Im November, bei der letzten NPD-Aktivität dieser Art, kam es gar nicht erst zur angemeldeten NPD-Veranstaltung, weil zahlreiche Protestlustige bereits pünktlich vor Ort waren. Die Neonazis fuhren unentwegt durch die Stadt, wirklich Fuß fassen konnten sie dabei allerdings nicht.

MITRÖHREN: 1. GREIFSWALDER PUBLIC BUH-ING

Damit der NPD-Wahlkampf vor Ort genauso blamabel weitergeht, wie er vor zwei Wochen begann, wird dazu aufgerufen, sich pünktlich – und außerdem möglichst mobil – am Fischmarkt einzufinden, um dort ein unmissverständliches Zeichen gegen Neonazis zu setzen. So empfindet beispielsweise die Greifswalder Sektion der Hedonistischen Internationalen die rechtsextreme Propaganda als „ätzend“ und nimmt die eigene Abscheu zum Anlass, das 1. Greifswalder public buh-ing zu initiieren, einen Klangteppich der Verachtung für NPD-Mannschaft und -Ideen zu präsentieren.

Bringt Flüstertüten und Pfeifen mit, ölt eure Stimmbänder und zeigt den Nazis, dass Greifswald gleich Auswärtsspiel bedeutet!

MITLEIDEN: RECHTE BAJUWAREN AM MÜHLENTOR

Wer dann noch Mitleid übrig hat, ist hiermit herzlich zum Infostand der Republikaner eingeladen. Ja, die gibt’s noch! Die hierzulande inzwischen in die Bedeutungslosigkeit abgedriftete Partei befindet sich derzeit auf Sechs-Städte-Tour in Mecklenburg-Vorpommern und bringt aus Ermangelung hiesiger Strukturen ihre Wahlkämpfer einfach mit.

Die rechts-konservative Partei wird bei der Landtagswahl die Exotenrolle schlechthin spielen: kaum jemand kennt, unterstützt oder wählt sie. Entgehen lassen sollte man sich „die Wahlkampfgruppe“ allerdings auf keinen Fall und Freitag unbedingt mal vorbeischauen – echte Bajuwaren!

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Wer die NPD sieht, sich an den kollektiven Eindrücken beteiligen will oder auf der Suche nach Infos ist, sollte sich den Hashtag #nazishgw zur Brust nehmen.

Fakten:

10.08. | 9-12 Uhr | Fischmarkt (NPD-Stand)

10.08. | ab 14 Uhr | Schönwalde (NPD-Stand) *Gerücht*

12.08. |  10-14 Uhr | Am Mühlentor (REP-Stand)