Ermittlungen gegen Polizeibeamten in Greifswald – Erneut Datenabrufe ohne dienstlichen Grund

Pressemitteilung Lobbi MV

In Greifswald wird gegen einen Polizeivollzugsbeamten wegen möglichen Verstößen gegen das Landesdatenschutzgesetz ermittelt. In mehreren Fällen soll der Polizist versucht haben, ohne dienstlichen Grund an personenbezogene Daten zu gelangen. Die Betroffenen befürchten, dass damit politische Gegner:innen ausgespäht werden sollten und die Informationen womöglich an Personen aus dem rechten Spektrum weitergegeben wurden.

In der Vergangenheit waren bereits Polizisten mehrfach an derartigen Datenabrufen beteiligt. Im Zuge der Ermittlungen gegen das rechte Netzwerk „Nordkreuz“ wurden beispielsweise Adressen und ein Wohnungsgrundriss gefunden, die mutmaßlich aus dienstlichen Quellen eines inzwischen suspendierten Polizisten stammen.1

Ermittlungen gegen Polizeibeamten in Greifswald

(Screenshot eines älteren Posts des tatverdächtigen Polizisten in der betroffenen Facebook-Gruppe, Logos: Wikpedia Hintergrundfoto: Nils Borgwardt, Mix: Fleischervorstadt-Blog)

Die aktuellen Ermittlungen lösten im Frühjahr 2019 die Betroffenen selbst aus. In einer Facebookgruppe, die aktuelle Greifswalder Ereignisse diskutiert, wurde durch rechte Gruppenmitglieder zum Teil nicht öffentlich verfügbare Informationen über Mitdiskutierende, wie Wohnadressen und Klarnamen, offen gelegt. Eine betroffene Person wurde telefonisch kontaktiert. Mindestens vier Betroffene erstatteten Anzeigen, um zu klären, wie die Betreffenden an ihre Daten gelangten. In den Fokus geriet dadurch der Polizeibeamte, der zeitweise Mitglied der Facebookgruppe war und in dem sozialen Netzwerk offen mit der AFD und rechten Positionen sympathisiert.

In einem Fall bejahte die Staatsanwaltschaft Stralsund bereits, dass der Beamte versucht habe, an Daten zu gelangen. Da der Versuch wegen einer eingerichteten Auskunftssperre aber erfolgslos war, liege keine Straftat vor und das Verfahren wurde eingestellt. In weiteren Fällen sind die Verfahren noch nicht abgeschlossen. In Vernehmungen bei der Polizei wurden den Betroffenen allerdings erfolgreiche Datenabrufe zu ihren Personen beispielsweise über Fahrzeughalterabfrage bestätigt. In der Sache wurde auch das Büro des Landesdatenschutzbeauftragten eingeschaltet.

„Wir fordern, dass alle Betroffenen darüber informiert werden, dass sie ausgespäht wurden und ob sich Gefährdungen daraus ergeben“

Ein Betroffener äußerte gegenüber der LOBBI sein Unverständnis über die Dauer der Ermittlungen: „Nach einem Jahr erwarten wir jetzt endlich Konsequenzen für den Beamten und Vorkehrungen bei der Polizei, dass so etwas nicht wieder vorkommt.“

Kay Bolick, Mitarbeiter des Beratungsvereins: „Es kann nicht sein, dass illegale Datenabrufe von rechten Polizist:inn:en nur durch Zufall entdeckt werden. Auch in Mecklenburg/Vorpommern müssen wie in Hessen regelmäßige Kontrollen eingeführt werden2. Wir fordern zudem, dass im aktuellen Fall gegebenenfalls alle weiteren Betroffenen darüber informiert werden, dass sie ausgespäht wurden und ob sich Gefährdungen daraus ergeben.“

Kino auf Segeln: „Der Kuaför aus der Keupstraße“

Am Freitag zeigt die Beratungstelle LOBBI den Dokumentarfilm „Der Kuaför aus der Keupstraße“, der den NSU-Mord in Köln-Mülheim behandelt. Zum anschließenden Filmgespräch wurde der Journalist Maik Baumgärtner eingeladen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kino auf Segeln“ zeigt die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern (LOBBI) in der Museumswerft den Dokumentarfilm „Der Kuaför aus der Keupstraße“. Mit der Vorführung des Films von Andreas Maus soll erneut auf die Folgen von institutionellem Rassismus und der Dringlichkeit aktiver Aufklärung der NSU-Verbrechen aufmerksam gemacht werden. Für das anschließende Filmgespräch wurde der Fachautor Maik Baumgärtner eingeladen. Der Spiegel-Journalist recherchiert kontinuierlich zum NSU-Komplex, publiziert zum Thema Rechtsextremismus und hat als Drehbuchautor an dem Film mitgewirkt.

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Ausstellung: „Weisse Wölfe – eine grafische Reportage über rechten Terror“

In der grafischen Reportage WEISSE WÖLFE zeigen Autor David Schraven und Zeichner Jan Feindt die Ideologie und Gefahr regionaler Neonazi-Gruppen am Beispiel der Ruhrpottstadt Dortmund. Die Ausstellung wird heute Abend mit einer gut besetzten Podiumsdiskussion eröffnet.

In der Stadt Dortmund existiert eine der vitalsten Neonazi-Szenen Deutschlands, die auch für regionale Gruppen wie den Nationalen Sozialisten Greifswald Vorbildcharakter hat und deren Agieren von den Neonazis vor Ort auf mehreren Ebenen nachgeahmt wird. Rechte Gewalttäter haben im Ruhrpott Familien aus ihren Häusern vertrieben und im Laufe der Jahre mehrere Menschen umgebracht. Heute versammeln sich Rechte mit Fackeln vor Flüchtlingsheimen und schicken Journalisten Todesanzeigen.

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(Bild: CORRECT!V)

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NPD-Politiker Daniel Ohm wegen Angriff auf Greifswalder Wohnhaus verurteilt

Am Montag endete der vierte Verhandlungstag im Prozess um den Angriff auf ein Wohnhaus in der Grimmer Straße mit einem vergleichsweise milden Urteil: Wegen Sachbeschädigung und versuchter Nötigung wurde Daniel Ohm (NPD), der seine Partei zuletzt in der Stadtvertretung von Usedom vertrat, zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt. „NPD-Politiker Daniel Ohm wegen Angriff auf Greifswalder Wohnhaus verurteilt“ weiterlesen

Verhandlung nach rassistischem Übergriff auf Flüchtlinge

Am vergangenen Montag wurde vor dem Greifswalder Amtsgericht eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung gegen fünf afghanische Flüchtlinge verhandelt, die vor gut einem Jahr vor einem Supermarkt angegriffen wurden. Bei dem Vorfall, der am späten Abend des 16. April 2013 stattgefunden hat, wurden zwei der jungen Männer verletzt. Zudem wurde der Reifen eines ihrer Fahrräder mit einem Messer zerstochen.

ABSCHIEBUNG — DER PROZESS VERLIERT SEINE ZEUGEN „Verhandlung nach rassistischem Übergriff auf Flüchtlinge“ weiterlesen

Neonazis drohen der Greifswalder Landtagsabgeordneten Dr. Mignon Schwenke (DIE LINKE)

In der vergangenen Nacht beschmierten Neonazis das Wohnumfeld der Greifswalder Landtagsabgeordneten Dr. Mignon Schwenke (DIE LINKE) und hinterließen eine Drohung.

„Mauermörder-Linkspartei! Schwenke, wir kriegen dich!“

Die Täter brachten im Hauseingang der Politikerin die unmissverständliche Botschaft „Mauermörder-Linkspartei! Schwenke, wir kriegen dich!“ an. Diese Einschüchterung wurde mit ANG signiert, was vermutlich für Autonome Nationalisten Greifswald steht. Die Betroffene erstattete heute bei der Polizei eine Anzeige wegen Verleumdung und Bedrohung.

Mignon Schwenke Greifswald Drohung Neonazis

(Foto: mignon-schwenke.de)

Die Tat, so harmlose sie von außen wirken mag, bedeutet die Überschreitung einer Grenze. Bislang wurden die demokratischen Parteien und ihre Vertreterinnen wenn, dann in ihrem institutionellen Umfeld bedroht oder belästigt. Die Ausweitung dieser Angriffe auf die privaten Rückzugsräume der Betroffenen hat eine andere Qualität und darf auf keinen Fall bagatellisiert werden.

Die Drohung gegen Dr. Mignon Schwenke lässt sich politisch eindeutig verorten. Bereits vor der Landtagswahl 2011 mussten sie und zwei SPD-Politiker die leidvolle Erfahrungen machen, dass Neonazis ihre Wahlplakate mit antisemitischen oder bedrohenden Parolen beschmierten. Genau wie heute wurde dabei im Fall Schwenke das Wort „Mauermörder“ verwendet. Damals, als zufälligerweise in derselben Nacht und in derselben Straße ein NPD-Plakatiertrupp mit mehreren Fahrzeugen unterwegs war, wurde allerdings nur ihr Wahlplakat, und noch nicht ihr Wohnhaus, attackiert.

„Besonders gefährdet scheinen die Einrichtungen offiziell gegen Rechts hetzender Akteure“ (MuP Info)     

Diese Vorfälle sind betrüblicherweise nichts Neues — im ganzen Bundesland verübten Neonazis seit etwa einem Jahr regelmäßig politisch motivierte Angriffe auf die Büros demokratischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Initiativen. Lobbi MV, der Beratungsverein für Opfer rechter Gewalt, zählte für 2011 in Mecklenburg-Vorpommern allein 52 solcher gezielten Sachbeschädigungen und Brandstiftungen, darunter auch der Brandanschlag auf das IKUWO im April 2011.. „Neonazis drohen der Greifswalder Landtagsabgeordneten Dr. Mignon Schwenke (DIE LINKE)“ weiterlesen