Auch wenn es ist inzwischen schon etwas ermüdend ist, im Wochentakt auf der Liberalen Hochschulgruppe aus Greifswald herumzuhacken, die jüngste Verlautbarung der LHG ist einfach zu absurd, um sie schweigend im Nachrichtenstrom versiegen zu lassen.
Auf der Flucht vor der eigenen Saftlosigkeit
Zugegeben, Hochschulpolitik mag ein wichtiges Anliegen sein, ein Tempel der Befriedigung politischen Gestaltungswillens ist sie sicher nicht. Und so vermag es kaum zu verwundern, dass einzelne Vertreterinnen oder ganze Hochschulgruppen hier und da der Saftlosigkeit ihres universitären Aktionsraumes entfliehen wollen, um entweder ein Stück Lebenswirklichkeit mitzubekommen oder sich Themen größerer Relevanz zuzuwenden.
(Foto: webMoritz)
Kämpfte die Liberale Hochschulgruppe noch vor knapp drei Wochen beim Demokratiefest im benachbarten Anklam mit Populismen gegen Populismus, so wendet sie sich jetzt einer bundespolitischen Debatte zu und stellt fest: „Täglich greift der Staat durch Gebote und Verbote in unsere Freiheitsrechte ein, kontrolliert und verfolgt uns auf Schritt und Tritt bis in die intimsten Bereiche individueller Selbstbestimmung. Fatale Szenarien wie der Amoklauf von Winnenden werden mit Vorliebe medial dazu missbraucht, die Bürger in Angst und Misstrauen zu versetzen, ihnen das Gefühl zu vermitteln, sie befänden sich in stetiger Gefahr, um so eine weitere Reglementierungen [sic!] zu rechtfertigen.“
Klingt doch eigentlich vernünftig, zumindest bis hierhin. Doch kurz darauf wird erläutert, welches Freiheitsrecht gemeint ist, das vor den Reglementierungen zu schützen sei, denn es „forderten Unionspolitiker nach dem Amoklauf von Winnenden eine weitere Verschärfung der Waffengesetze! Die LHG Greifswald ist entschieden gegen diese Überreglementierung.“
Fällt den jungen Liberalen zum Themenkomplex um gläserne Bürger, schrumpfende Freiheitsrechte, Bankgeheimnis, Kontrolle und Repression nichts Dringlicheres ein, als sich zuerst um privaten Waffenbesitz zu sorgen?
Mangelnde Pietät gegenüber den Opfern
Das Timing stimmt, denn heute soll vor dem Landgericht Stuttgart der Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden fortgesetzt werden. Dieser muss sich dafür verantworten, dass er seinem Sohn Zugriff auf eine erlaubnispflichtige Schusswaffe sowie entsprechende Munition ermöglicht hatte.
Der damals siebzehnjährige Amokläufer tötete in Winnenden und Wendlingen insgesamt 15 Menschen und sich selbst. Tritt die LHG jetzt in die Fußstapfen der Lobby-Organisation NRA (National Rifle Association), die so sehr auf die Wehrhaftig- und Schießwütigkeit der US-amerikanischen Bevölkerung erpicht ist?
Ist die Ausrichtung eines Paintball-Turniers ein origineller Beitrag zur Debatte oder nicht vielmehr der Versuch, sich unter Auslassung einer inhaltlichen Vertiefung zu positionieren? Angesichts des Stuttgarter Prozesses doch eigentlich eine Pietätlosgikeit für die Opfer und deren Angehörigen. Und bedeuten die bunten Paintball-Geschosse nicht eine logische Fortsetzung der Blechdosen, die den Anklamern zum Abwurf vor die Nase gesetzt wurden?
„Verbote verbieten!“
Das anvisierte Turnier wird an einem Sonnabend im November stattfinden, soviel ist sicher. Wie offen das Angebot auch für Nichtangehörige der LHG ist, bleibt abzuwarten – die Einladung richtet sich an Freunde und Mitglieder, aber die entsprechende Doodle-Liste kann auch per E-Mail angefragt werden.
Mitunter böte diese Möglichkeit der gespielt kriegerischen Auseinandersetzung ja auch eine unterhaltsame und vor allem (noch) legale Option für Gegnerinnen der Gruppe, ihren Antipathien Raum zu geben: den politischen Gegner erschießt man schließlich nicht mehr und Farbbeutel sind ebenfalls aus der Mode gekommen.
Bei den politischen Inszenierungen, die wir inzwischen von der LHG gewohnt sind, beruhigt allein die Bodenhaftung, die sich die Autorin der Paintball-Einladung, Juliane Hille, bewahrt hat und die man von ihren Kollegen oft so schmerzlich vermisst. Sie weiß offensichtlich um das politische Gewicht der LHG und mahnt abschließend:
ACHTUNG: Damit das Turnier stattfinden kann, sind mindestens 6 Teilnehmer erforderlich.
Wer mit Paintball nichts anfangen kann, darf sich bei der Betrachtung des folgenden Videos aus dem Greifswalder Paintballbunker vorstellen, wie sich die liberalen Überreglementierungsgegnerinnen dort über die Wiese jagen werden.
Die komplette Meldung der LHG ist hier zu finden.