Drohender Volkstod: Dichter und Denker in Gefahr

Auf rechtsextremen Internetseiten liest man regelmäßig Warnungen vor dem drohenden Volkstod, in der die Nachfahren der Dichter und Denker betonen, dass  — ganz modern ausgedrückt — der Markenkern deutscher Kultur in ernster Gefahr sei. Solche Verlautbarungen konnte man bislang als tumbe Propaganda abtun und ignorieren, doch vielleicht ist die Lage dramatischer als bislang angenommen.

NS Greifswald Goethe Straße(Screenshot Facebook-Seite NSG)

Nordkurier-Suchspiel: Ich sehe was, das du nicht siehst

Der Nordkurier berichtete in der vergangenen Woche von einer studentischen Mahnwache vor der SPD-Geschäftsstelle in Greifswald. Bei strömendem Regen setzten dort alle sieben Anwesenden mit ihrem entschlossenen Protest ein lautstarkes Zeichen in Richtung Landesregierung, deren Ministerpräsident durch dieses Muskelspiel nun vor dem gewarnt sein dürfte, was ihm blüht, wenn weiter gespart wird.

Nordkurier Mahnwache von Studierenden in Greifswald(Foto: Michail Fotokehagias)

Natürlich blieb es nicht bei den sieben demonstrierenden Studierenden auf dem Foto — binnen kürzester Zeit erhöhte sich nämlich deren Zahl auf mehr als das Dreifache (webMoritz), das Sechsfache (Ostsee-Zeitung) oder sogar auf fast das Dreißigfache (Nordkurier). Nach nicht weniger als 15 Minuten wurde die vom AStA organisierte Protestaktion wieder beendet. Was blieb, war der strömende Regen.

  • Studentenprotest bei Sellering (Nordkurier, 20.11.2013)
  • Sellering lässt Studenten im Regen stehen (symbolisch) (webMoritz, 20.11.2013 )

Löschner, Backhaus, Pressekodex — über die Wirksamkeit von Anonymisierungen

Stellen wir uns mal diese Zeitungsmeldung vor:

Bruder von Löschner wegen illegaler Downloads verurteilt 

(Greifswald) Am Montag wurde der in Greifswald lebende Theaterbeschäftigte Sascha L. vor einem Gericht unserer Wahl wegen zahlreicher Verstöße gegen das Urheberrecht verurteilt. Dem 44-jährigen Internetkriminellen droht nun die Zahlung einer Geldstrafe in fünfstelliger Höhe.

Sascha Löschner Theater Vorpommern Portrait

Dabei hatte Sascha L., der gemeinsam mit seinem Bruder, dem Intendanten Dirk Löschner, zur Spielzeit 2012/13 an das Theater Vorpommern kam — der aber überhaupt nicht in Greifswald wohnt — noch Glück im Unglück, denn gegen ihn wurde auch unter anderem wegen gewerblicher Piraterie ermittelt. Sascha L. wurde vorgeworfen, in der vergangenen Spielzeit mehr als 800 Fernsehserien illegal heruntergeladen haben, eine aktive Verbreitung des urheberrechtlich geschützten Materials konnte ihm bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht nachgewiesen werden.

“SOWEIT EINE ANONYMISIERUNG GEBOTEN IST, MUSS SIE WIRKSAM SEIN”

Dr. Sascha Löschner ist natürlich Chefdramaturg am Theater Vorpommern und kein Internetkrimineller – und wenn, dann hoffentlich allerhöchstens wegen der Verbreitung illegal digitalisierter arte-Dokus. Trotzdem sollte dieses ersponnene und auf die Greifswalder Verhältnisse heruntergebrochene Szenario anschaulich machen, wie sinnlos Löschners Teilanonymisierung wäre, wenn sein Bruder Dirk im gleichen Kontext mit Klarnamen, Funktion und familiärer Beziehung erwähnt wird.

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