In den vergangenen Monaten ist es ruhig geworden um den Verein Kultur- und Initiativenhaus Greifswald, der sich seit über vier Jahren darum bemüht, die frühere Straze vor dem drohenden Abriss zu retten und deswegen versucht, das Gebäude zu kaufen.
So wenig von der Initiative in der letzten Zeit auch zu hören, untätig waren die Hausbeschützer nicht, ganz im Gegenteil: Kurz vor dem Wahlmarathon bilanziert die Gruppe ihre Erfahrungen mit den Greifswalder Parteien und anderen kommunalpolitischen Akteuren — das Ergebnis fällt wenig überraschend düster aus.
Straze im Rückblick
Einen ausführlichen Rückblick über die Verhandlungen um die frühere Straze erschien hier im Februar 2011 unter dem Titel Die Greifswalder Einkaufstour des Immobilienmagnaten Douglas Fernando. Seitdem hat sich nicht viel getan, sieht man von der Vereinbarung zwischen Stadtbauamt und Fernando ab, den Abrissantrag mit Blick auf die Idee der möglichen Nutzung als Landratsamt bis Okober 2011 ruhen zu lassen.
Dass der Verein darüber weder informiert, noch zu einem späteren Treffen eingeladen wurde, überrascht inzwischen niemanden mehr. Die Entscheidung über die Zukunft des Gebäudes ist bis in die Zeit nach der Wahl verschoben, in der sich der neue Großkreis erst formieren muss und kaum Einfluss nehmen wird. Derweil bietet Douglas Fernando das Haus online zum Verkauf an.
„Suchet der Stadt Bestes“ — Kontinuierliche Gesprächsverweigerung von Oberbürgermeister und Stadtverwaltung
Die Inititative hat sehr genau zur Kenntnis genommen, wie ernsthaft sich die jeweiligen Akteure aus Stadtverwaltung und Kommunalpolitik mit ihrem Anliegen auseinandersetzten und stellt den städtischen Verantwortlichen schlechte Zeugnisse aus. Oberbürgermeister Dr. Arthur König (CDU) wird seit Juli 2008 „kontinuierliche Gesprächsverweigerung“ attestiert, auf wiederholte Einladungen zu Informations- und Diskussionsveranstaltungen des Vereins sei „keine Reaktion“ erfolgt. Der damalige Baudezernent der Stadt, Reinhard Arenskrieger, hörte nicht nur nach drei ergebnislosen Gesprächen auf, mit dem Verein zu reden, er verweigerte auch, den Beschluss des Bauausschusses aus dem September 2009 umzusetzen und einen Runden Tisch mit allen Beteiligten zu initiieren.
Mit dem neuen Baudezernent Jörg Hochheim (CDU), der Arenskrieger im Frühjahr 2010 ablöste, hätten zwar zwei „freundliche Gespräche ohne Veränderung in der Sache“ stattgefunden, jedoch vermied es Hochheim, den Verein beim vorläufig letzten entscheidenden Gespräch zwischen Stadtbauamt und Eigentümer im März 2011, miteinzubeziehen. Auch eine Anfrage an Innenminister Lorenz Caffier (CDU) blieb unbeantwortet.
Auch mit dem Sozialderzernenten Ulf Dembski (SPD) gab es ein Gespräch, „weitergehende Bemühungen in der Sache“ oder positive Reaktion auf wiederholte Einladungen zu Informations- und Diskussionsveranstaltungen konnte der Verein aber nicht registrieren. Im Gegensatz zu Dembski reagierte Parteikollege und Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) positiv auf die Kontaktaufnahme des Vereins, vermittelte einen „Kontakt mit Beratungscharakter“ und half bei der erfolglosen Suche nach Gebäude-Alternativen.
Am 1. August wandte sich die Initiative per E-Mail an die Kandidaten und Parteien Uta Maria Kuder (CDU), Dr. Frank Hardtke (Kompetenz für Vorpommern), Dr. Barbara Syrbe (DIE LINKE), Ulf Dembski (SPD), Stefan Fassbinder (DIE GRÜNEN) sowie die Bürgerliste Greifswald, und bat um die Beantwortung mehrerer Fragen zur Zukunft des Objektes Stralsunder Straße 10/11. Auf diese Anfrage reagierten nur Frau Syrbe, Herr Dembski und Herr Fassbinder — Frau Kuder, Herr Hardtke und die Greifswalder Bürgerliste antworteten nicht auf das Schreiben.
Dembski (SPD): „Habe mich immer bemüht, das mir Mögliche zu tun, um Sie beim Erhalt des Gebäudes zu unterstützen“
Der Greifswalder Sozialdezernent Ulf Dembski reagierte auf die Anfrage des Vereins und versprach, auch als Landrat das ihm Mögliche zu tun, um die Initiative bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Angesichts der vergangenen Erfahrungen kann man Erwartungen kaum niedriger halten. Dabei relativiert er sogar noch seinen Handlungsspielraum:
Die untere Denkmalschutzbehörde und Bauordnungsbehörde wird aber auch nach der Kreisgebietsreform die Universitäts- und Hansestadt Greifswald für das Gebäude zuständig bleiben. Der Landkreis hat insofern als Behörde keine direkte Einflussmöglichkeit. Daher kann und will ich Ihnen jetzt keine Lösungen versprechen, Sie werden aber weiterhin auf Offenheit, Kommunikation auf Augenhöhe, die Bereitschaft zur ernsthaften gemeinsamen Auseinandersetzung bei mir treffen.
Das öffentliche Interesse am Erhalt des Hauses ist Dembskis Antwort zufolge „groß“. Schade, dass davon in den vergangenen drei Jahren wenig zu spüren war.
(Foto: Jusos Südvorpommern)
Syrbe (Die Linke): „Die denkmalschützerische Sicherung des Gebäudes wird auch nach der Kreisgebietsreform bei Greifswald liegen“
Die Landratskandidatin der LINKEN war die erste, die auf die Anfrage antwortete. Sie wand ein, dass sie „über interne Diskussionen in der Hansestadt“ schlecht informiert sei und bedanke sich für die mitgeschickte Übersicht.
Syrbe verweist in ihrer E-Mail auf mehrere historisch wertvolle Gebäude in den Landkreisen Ostvorpommern und Uecker-Randow, die durch Bürgerinitiative erhalten werden konnten und schätzt dieses Engagement hoch.
Voraussetzung für den Erhalt war immer die Einwerbung von Fördermitteln und Spenden. Um dies tun zu können, musste dafür gesorgt werden, dass die Immobilie in öffentlicher Hand lag. Das bedeutet, dass jeweils die Gemeinden diese Gebäude erworben haben, um Sie dann der Interessengemeinschaft bzw. Bürgerinitiative zur Nutzung zu übergeben. […] Das war die Voraussetzung für die Einwerbung von Fördermitteln. Hier haben sich die Landkreise und deren Verwaltungen aktiv eingebracht. Auch für Ihr Vorhaben könnte ich mir eine solche Vorgehensweise vorstellen.
[…] Erst mit den Festlegungen zum Haushaltsplan 2012 wird es eindeutige Aussagen über die Herstellung von neuen Verwaltungsgebäuden bzw. die Anmietung von Verwaltungsräumen geben. Ich rechne mit dieser Entscheidung nicht vor Mitte 2012. Bis dahin will sich aber, so die Presseberichterstattung, der Eigentümer nicht gedulden. Das ist angesichts eines offensichtlich aus Denkmalschutzgründen wertvollen Gebäudes sehr zu bedauern.
Syrbe verspricht, mit dem Greifswalder Oberbürgermeister Dr. Arthur König noch einmal Kontakt aufnehmen, um „Optionsmöglichkeiten“ zu beraten.
(Foto: Kreisverband Die Linke)
Fassbinder: „In der Greifswalder Bürgerschaft konnte ich oft verfolgen, wie bürgerschaftliches Engagement ausgebremst wurde“
Stefan Fassbinder (DIE GRÜNEN) hält den derzeitigen Zustand des Gebäudes für ausgesprochen bedauerlich:
Leider haben auch Fehlentscheidungen durch Akteure der Greifswalder Kommunalpolitik dazu beigetragen, dass sich das Gebäude derzeit in einem unbefriedigenden Zustand darstellt. Die Belange des Denkmalschutzes wurden dabei nicht hinreichend berücksichtigt. Gerade bei denkmalgeschützten Gebäuden muss jedoch gelten: Solange es möglich ist, die Bausubstanz zu erhalten, geht Sanierung vor Abriss.
[…] Ist der Kreis für die Genehmigung öffentlicher Bauvorhaben zuständig, werde ich ebenfalls dafür Sorge tragen, dass die Belange des Denkmalschutzes nicht unterlaufen werden. Alle beschriebenen Verfahren müssen außerdem fair und transparent ablaufen.
(Foto: Die Grünen)
Fassbinder kandidiert ebenfalls für den Posten als Landrat und zählt eine bessere Kommunikation zwischen Bürgerinnen, Verwaltung und Politik zu seien wichtigsten Zielen. Dazu gehöre „insbesondere die Förderung ehrenamtlichen Engagements für die Zivilgesellschaft“. Es sei ein falsches Signal freie Initiativen mit Scheingesprächen abfinden zu wollen, die Entwicklung im Zusammenhang mit dem Gebäude Stralsunder Straße 10 sei „eine Enttäuschung“.
Verein: „Angebliche Aufgeschlossenheit von Dr. Fernando, das Gebäude zu sanieren, ist Augenwischerei!“
Der Verein weist darauf hin, dass das Petruswerk das Objekt Stralsunder Straße 10 im Internet zum Verkauf anbietet und hält die „angebliche Aufgeschlossenheit“ Fernandos, das Gebäude für die Nutzung als neuer Kreissitz zu sanieren, für Augenwischerei. Dem Baudezernenten Hochheim lägen seit der Verlautbarung seiner Idee, das Gebäude als Landratssitz zu nutzen, keine genauere Planungen vor. Die Entscheidung über den Abriss wurde auf Oktober vertagt — zu wenig Zeit für den sich konstituiernden Kreistag, in der Unklarheit über die Finanzen herrsche und eine Entscheidung über einen möglichen Kreissitz in der Stralsunder Straße oder anderswo nur schwer gefällt werden könne.
Der Verein ruft die Entscheidungsträger erneut auf, sich ernsthaft um eine konstruktive Lösung zum Erhalt des Gebäudes zu bemühen. Die bisherige Bilanz der Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung sei ein „Armutszeugnis für die Kommunalpolitik“ gewesen, bei den Amtsinhabern könne allein Ministerpräsident Erwin Sellering wirklich Aufgeschlossenheit attestiert werden und viel erreicht hat der bislang auch nicht.
Anlässlich der kommenden Wahl weist der Verein darauf hin, dass es keine gute Idee sei, wiederholt ignorantes Verhalten von Parteien zu belohnen und kurz nach dem Wahltermin erneut gewohnheitsgemäß über die gewählten Repräsentanten zu schimpfen. Alle Wählerinnen mögen sich anhand der bisher vorhandenen Erfahrungen ein Urteil bilden.
daran sieht man mal wieder das man häuser auf dem legalen weg oder zumindest ohne druck auf der straße nicht bekommt!