Mitfahrgelegenheit.de führt Gebühren ein und macht die Rudelfahrten teurer

Kurz vor den Osterfeiertagen änderte das Onlineportal Mitfahrgelegenheit.de seine Spielregeln und sorgte damit bei seinen Nutzern für eine Welle der Entrüstung, da diese nun für die Vermittlung von gemeinsamen Fahrten zur Kasse gebeten werden. „Einfacher“, „verbindlicher“ und „zuverlässiger“ sollen die Angebote nun sein, doch die Reaktionen auf die Umstellungen, die sich in den letzten Tagen im Internet zusammenbrauten, lassen das Gegenteil vermuten.

Kostengünstige Mitfahridylle durch Gebühren bedroht

MitfahrgelegenheitDer Vermittlungsdienst für Fahrgemeinschaften mit dem Auto oder der Bahn dominiert klar den Markt der Mitfahrgelegenheiten, denn die nach eigenen Angaben über knapp 4,5 Millionen Nutzer garantieren ein fast flächendeckendes Paralleluniversum des privatisierten, aber mitunter akribisch organisierten Personenverkehrs. Mit Hilfe einer einfachen Suchmaske werden die nach Startpunkt, Datum und Destination gefilterten Fahrten und Fahrtgesuche sowie die dazugehörigen E-Mailadressen oder Telefonnummern aufgelistet.

Auf diese Art kommen unzählige Menschen zusammen, die gemeinsam pendeln, sich die Mehrpersonenangebote der Bahn teilen und so etwas Ähnliches wie ein bezahltes Trampen2.0 konstituieren. Das Idyll der durch Mitfahrgelegenheit.de vermittelten Rudelfahrten ist durch die Umstellung allerdings ins Wanken geraten.

Die Seite gehört ebenso wie ihr Zwilling Mitfahrzentrale.de dem Unternehmen Carpooling. Im vergangenen Sommer beteiligte sich die Daimler AG mit acht Millionen Euro an der Firma und stieg damit ins Mitfahrgeschäft ein. Jetzt wird die Gebührenfreiheit, mit der man sich in den Anfangstagen von der Konkurrenz abhob, über Bord geworfen — für die Vermittlung von Mitfahrten über Strecken von mehr als 100km werden von nun an 11 Prozent des Fahrpreises fällig.

Fahrten werden teurer und weniger spontan

Doch damit nicht genug: Von nun an müssen sich nicht nur Anbieter von Fahrten registrieren, sondern auch deren Mitfahrer, die ohne eigenes Nutzerprofil nicht mehr an die Kontaktdaten gelangen. Bei der Registrierung werden Handynummer und E-Mailadresse abgefragt. Fahrtanbieter müssen außerdem ihr KFZ-Kennzeichen angeben, sich einer Bonitätsprüfung unterziehen und schließlich dem Gebühreneinzug im Lastschriftverfahren zustimmen. Die Nutzung des Portals wird damit nicht nur teurer, sondern schränkt auch in erheblichem Maß die Spontaneität der Reisenden ein.

Zwischen Greifswald und Berlin pendeln relativ viele Menschen. Die Strecke gehört hierorts zu den meistfrequentierten und erfreut sich normalerweise einer recht zuverlässigen Abdeckung angebotener Mitfahrgelegenheiten. Die durch die kontinuierlich steigenden Bahnpreise ohnehin schon einer stetigen Verteuerung ausgesetzten Beförderungskosten werden nun durch die Gebühreneinführung bei Mitfahrgelegenheit.de weiter angefeuert.

Wer jetzt beispielsweise an einem Freitag von Greifswald nach Berlin fahren möchte und sich mit vier anderen Personen das Mecklenburg-Vorpommern-Ticket und das Brandenburg-Berlin-Ticket teilt, bezahlt nicht nur die ohnehin schon happigen 67 Euro für die beiden Fahrkarten, sondern bei einer Buchung über Mitfahrgelegenheit.de auch noch eine Vermittlungsgebühr von 7,37 Euro. Die Fahrt kostet dann für jede einzelne Mitfahrerin nicht mehr 13,40 Euro sondern 14,87 Euro. Die Rückfahrt am darauffolgenden Sonntag wird etwas günstiger, da das Wochenendticket für fünf Personen 42 Euro kostet — für diese Fahrt sind dann pro Kopf allerdings 9,32 Euro inklusive Gebühren statt 8,40 Euro fällig.

Nach eigenen Angaben stehen auf dem Portal mehr als 750.000 Mitfahrangebote bereit. Durch die Systemänderung wird Mitfahrgelegenheit.de plötzlich bei den meisten Angeboten direkt mitverdienen und eine — im Vergleich zu den durch die Nutzer generierten Werbeeinnahmen — millionenschwere Verdienstquelle erschließen, vorausgesetzt, dass die Gebühreneinführung nicht dazu führt, dass die Nutzer dem Dienst den Rücken kehren.

Sparsames Reisen wird anstrengender

Darauf dürfte das konkurrierende Portal drive2Day spekulieren, das derzeit von der Kommerzialisierung von Mitfahrgelegenheit.de profitiert. Seit der Umstellung sei die Zahl der Neuregistrierungen explosionsartig in die Höhe geschossen. Hier findet man gegenwärtig die zweitmeisten Angebote und kann die Telefonnummern der Fahranbieter wie in den rosigsten Zeiten von Mitfahrgelegenheit.de einsehen.

Mitfahrgelegenheit

Mit fahrgemeinschaft.de existiert ein weiteres Portal, das von einem der Mitfahrgelegenheit.de-Gründer ins Leben gerufen wurde und ebenfalls kostenfrei ist. Wenden sich jetzt viele Reisende anderen Dienstleistern zu, so gerät der Mitfahrmarkt tüchtig durcheinander und die Konkurrenz erreicht die kritische Masse, um tatsächlich wirkungsvolle Verbindungen anbieten zu können.

Daneben lohnt sich ein Blick in die 497 Mitglieder starke Facebook-Gruppe Mitfahrgelegenheit Berlin <-> HGW und in das universitätsnahe Forum ryckwaerts.de — hier braucht es allerdings schon eine gute Portion Glück, um die richtige Verbindung zur richtigen Zeit zu erwischen. Für Strecken von weniger als 100km — also zum Beispiel von Greifswald nach Stralsund oder Rostock — ändert sich an der gewohnten Verfahrensweise vorerst wenig. Wer aber fahrgemeinschaftlich größere Distanzen überwinden möchte, muss sich nun mit mehreren Portalen herumschlagen und mehr Aufwand für die Suche einplanen.

Alternativen zu Mitfahrgelegenheit.de:

20 Gedanken zu „Mitfahrgelegenheit.de führt Gebühren ein und macht die Rudelfahrten teurer

  1. So, soeben mein Nutzerprofil bei mitfahrgelegenheit gelöscht, sone Kommerzscheiße muss man nicht mehr mitmachen.
    Hoffe es tun mir viele nach, damit die mit dem Mist nicht auch wirklich noch Erfolg haben…

    Die Entwicklung war aber eigentlich auch schon abzusehen, nachdem sukzessive dieser Buchungskram usw eingeführt wurde.

    Mal sehen welche der neuen Mitfahrseiten sich durchsetzt.

    Warum ist im Beitrag eigentlich mfg.de Werbung („Noch jemand da?“) drin, muss doch nicht sein, oder?

    @Jockel
    Gut, dass hier wieder was passiert. Da lohnt sich doch der Blick (Klick) immer mal wieder. Dat LAstenrad konnte ich ja schon nicht mehr sehn;-)

    1. Im Kontext des abzusehenden Mitgliederschwunds fand ich das Bild ungeheuer amüsant. Die Penetranz des Lastenrads tut mir leid, ich war kurz mal im Urlaub, von nun an passiert hier wieder mehr 😉

  2. Wie bei allen Onlinediensten passt hier der Leitspruch: wenn man nicht dafür bezahlt, ist man nicht der Kunde, sondern das Produkt.
    Ich schätze, dass die Betriebskosten von mitfahrgelegenheit.de mindestens um die zehntausend Tacken im Monat fressen, irgendwo muss das ja herkommen. In Zeiten von Adblockern wird das mit Werbung schwierig reinzuholen, und wenn man moralisch einigermaßen intakt ist, verkauft man auch nicht seine Kundendaten. Mich wundert ja eher, dass das nicht schon früher passiert ist.

    1. Dazu kommen noch etwa 50 Angestellte. Dennoch ist mit Gebühren soviel Geld drin, dass man es etwas ruhiger hätte angehen können, zum Beispiel mit Mfg-Flats via Jahresaccount. Der große Vorteil des spontanen Suchens und Findens ist jedenfalls erstmal dahin und wir werden sehen, ob sich die Leute schneller an das neue Mfg.de gewöhnen oder die kritischer Masse in dieser Zeit bei einem anderen Anbieter Halt macht.

  3. Pingback: arbium
  4. Ich finde als Vielfahrer die Preise von Mitfahrgelegenheit auch teuer, 11% vom Mitfahrpreis abgezogen zu bekommen sich schon ein dickes Ei.

  5. Mitfahrgelegenheit.de kann mich am Arsch lecken. Klar will jeder verdienen, aber sie arbeiten mit diversen Grossen Firmen zusammen, haben Ihr eigenes Busunternehmen und verkaufen für die Deutsche Bahn.

    Und nun sollen wir Kunden, die Mitfahrgelegenheit gross gemacht haben, nun auch noch bezahlen.

    Sie denken sie betreiben ein Monopol. Dieses besteht jedoch nur aus den Kundenzahlen, welche nun drastisch sinken werden.

    Ich werde in Zukunft immer diverse Seiten nutzen um niemanden glauben zu lassen er hätte ein Monopol.

    Ich gönne jedem Sein Geld. Aber wenn MFG.de sagt, dass sie wegen den Kosten pleite gehen, dann haben sie bestimmt nichts dagegen uns die Zahlen offen zu legen???!!!

  6. Dem kann ich nur zustimmen – das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt bei MFG.de einfach nicht mehr. 11% Gebühr dafür, dass die Leistung hauptsächlich die Nutzer erbringen, bei der Entwicklung neuer Funktionen nicht gefragt werden? Ohne mich!

    Einige alternative Portale habe ich hier zusammengestellt:

    Ausführlicher Vergleich von Mitfahrportalen – http://www.kop17.de/?p=415

    Das Ergebnis vorweg – es ist für jeden Geschmack etwas dabei. 🙂

  7. Die gute Nachricht: solche Maßnahmen wirbeln einen festgefahrenen Markt wieder völlig durcheinander. Nun kommen unzählige neue Anbieter und einige erreichen auch die kritische Masse. Ähnlich wie kop17 habe ich mir auch mal die Mühe, diese Portale miteinander zu vergleichen.

    Auch mein Ergebnis vorweg: Kein Grund, den Kopf in den Sand stecken! Es gibt gute Alternativen (wenn nicht sogar bessere!)

      1. Ja, finde ich sehr angemessen. Wobei ich das schon so penetrant finde, dass ich es löschen würde. Eventuell ist dieser Artikel bei einer MFG-Wortkombi ganz oben bei Google und nun versuchen die „cleveren“ SEOs hier abzustauben. Oder aber nur noch so funktioniert das Linkbuildung zwischen den Blogs…wobei es gab mal etwas, das hieß Trackback.

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