Der Lokalsender Greifswald TV blickt in einer zwölfminütigen Sendung auf die Debatte über den umstrittenen Namenspatron der Universität Greifswald, Ernst Moritz Arndt, zurück. Dabei gelingt etwas, das die Ostsee-Zeitung nicht zu schaffen vermochte: eine ausgewogene Darstellung der Auseinandersetzung zwischen Umbenennungsgegnern und -Befürwortern.
Der Rückblick wird – fast schon ein wenig knoppistisch angehaucht — vom webMoritz-Chefredakteur Carsten Schönebeck klug kommentiert, beginnt mit der öffentlichen Lesung von Arndt-Texten vor der Mensa und endet mit der Senatsentscheidung am 17. März. Man sollte sich den Beitrag unbedingt ansehen.
Die Bedeutung von Ausgewogenheit
Wieso Ausgewogenheit bei diesem erstaunlich emotional behandelten Thema notwendig ist, konnte man dieser Tage in der Greifswalder Ostsee-Zeitung lernen. Dort wurde über einen Kommentar von Geographie-Professor Klüter zum Abstimmungsergebnis berichtet. Dieser OZ-Artikel wurde mit der Überschrift Arndt-Debatte: Klüter vergleicht Entscheidung mit Nazi-Beschluss versehen.
Die ersten Reaktionen erfolgten prompt und stehen exemplarisch für den Umgang mit Arndt-Kritikern in Greifswald:
- „Er beschimpft ganze Berufsrichtungen (in gewisser Hinsicht als nicht mehr zurechnungsfähig)“ (Lothar Brandt aus Neuenkirchen)
- „Die Aktivisten von „Uni ohne Arndt“ (UoA) geben sich mit der demokratischen Entscheidung nicht zufrieden und versuchen
weiter, Menschen zu manipulieren.“ (Simone Paluske aus Greifswald) - „Bei diesen Äußerungen kann man Herrn Prof. Klüter nur nahelegen, dringend ein Seminar für Demokratie und Toleranz zu besuchen […] Es ist nicht möglich, einen solchen Menschen als ein moralisches Vorbild unserer Gesellschaft zu akzeptieren“ (Axel Hochschild, CDU)
Vielleicht wäre das Echo weniger volkszornig ausgefallen, hätte man für den Artikel eine sachlichere Überschrift entwickelt oder ihn am Ende gar abgedruckt. Eigentlich ist es fast schon verwunderlich, dass die Ostsee-Zeitung noch keine ihrer berüchtigten Online-Umfragen mit der Abstimmung über eine Entlassung Klüters durchgeführt hat.
Wow, das hätte ich von GTV nicht erwartet. Ein tolles Beispiel ausgewogenen Journalismus‘ ohne Parteinahme und Diffamierung. Wer weiß wohin sich die Greifswalder Medienlandschaft noch entwickelt?
Ja – guter Beitrag ! Schon erstaunlich, dass die oz das nicht hinbekommt – sie hat ja den Beitrag von klüter bis heute nur in Form von zwei Sätzen zitiert. Die Leserbriefe gegen klüter werden hingegen in voller Länge abgedruckt…
Welche Version der Schmähschrift von Prof. Klüter hätte die OZ veröffentlichen sollen?
Da sich der Fleischervorstadt-Blog deutlich auf die Seite der extremen Arndt-Gegner stellt, ist die Frage wohl hier nutzlos.
Ansonsten Minute 4:06 2/2 genau hinhören.
Naja, ich fand den Beitrag auch besser als alle Berichterstattung der OZ, aber wenn gleich im zweiten Satz gesagt wird: „Die Debatte wird von Anfang an emotional geführt“ kommt mir wieder das kalte Kotzen hoch!
Ich frage mich, was bei den Menschen hier dafür gesorgt hat, alles „emotional“ aufzunehmen. Antisemitismus, Rassenwahn, Fremdenfeindlichkeit und der Wunsch, ein Zeichen gegen diese Formen der Verblendung zu setzen sind in keiner Weise emotional!
Emotional sind die Opas, Omas und Hochschilds, die sich ins Hemd machen, wenn jemand an „ihrem“ Ernst- Moritz rüttelt.
Dass Sie, Herr Peters, Prof. Klüters Kommentar als „Schmähschrift“ bezeichnen, spricht wieder mal für ihre provinzielle Ignoranz. Die Initiative Uni ohne Arndt in die Extremistenecke stellen zu wollen, spricht einfach nur für ihre Dummheit!
Sehr geehrter Herr Peters,
mich hat die vor knapp 10 Jahren stattgefundene Arndt-Debatte schon dahingehend resignierend gemacht, dass ich mich aus der ganzen Thematik heraushalten wollte, schlicht und einfach aus dem Grund, weil ich nicht sah, dass sich irgendwas verändern würde.
Tatsächlich haben es aber die Axel Hochschilds, Bodo Müllers und Manfred Peters geschafft, mich in dieser Frage zu repolitisieren. Für mich ist nämlich die vermeintliche Debattenkultur, vor allem aber die öffentliche Meinung und ihr Produktionsprozess durch die OZ, das Diffamieren der Arndt-Gegner, das soweit geht, dass die Aktiven verbal aus der Stadt gejagt wurden, viel aufregender als die Person Arndt selbst.
Insofern versteht sich der Fleischervorstadt-Blog nicht als entschiedener Arndt-Gegner, sondern als kritisches Portal gegenüber einer Stimmungsmache, die mitunter an Hetze und Pranger erinnert. Dabei steht weniger die Pro-Arndt-Initiative im Mittelpunkt meines Interesses, als vielmehr die Rolle unser geliebten Lokalzeitung.
Der TV-Beitrag ist wirklich sehr gelungen. Lob an GTV!
Der Drops ist aber wohl noch nicht gelutscht, wenn ich mir die Kommentare hier und anderswo ansehe. Die ganze Diskussion hat der Region aber durchaus gut getan. Dabei ist es auch vollkommen egal, wie die Abstimmung ausfiel. Man kann in Greifswald wichtige Themen diskutieren und viele Menschen nehmen daran teil. Die negativen Seiten daran sind ganz klar tendenzielle Berichterstattung der vom Auftrag her unabhängigen OZ, sowie die schlechte Diskussionskultur.
Da kann ich Oliver nur zustimmen!
Bin gerade noch auf einen Leserbrief gestoßen, der hier ebenfalls toll reinpasst:
Der Drops ist noch lange nicht gelutscht. Solange die Uni nach einem Rassisten und Antisemiten benannt ist, wird es (hoffentlich) immer Studenten und Professoren geben, die dagegen mobil machen.
Es ist ja gerade absurd, dass diejenigen, die für das „Ende“ der Debatte sind, diejenigen sind, die Arndt befürwortern. Wer ein Ende der Debatte will, sollte für die Ablegung des Namens sein.
Da man aber rivisionistisch ist und an seinem ganz persönlichen Arndt-Bild festhalten will werden einfach die Arndt-Kritiker einem nach dem anderen verhöhnt, verspottet und aus der Stadt weggejagt (oder es zumindest versucht).
Ich stimme Jockel zu: Das interessante an der Arndt-Debatte ist nur zum Teil Arndt. Denn da ist die Faktenlagen recht klar und eindeutig. Das wirklich interessante ist, wie die Leute miteinander umgehen, wenn ihnen jemand einfach mal offen aufs Brot schmiert, an wer dieser Ernst Moritz Arndt war…
Das wird ja auch im Beitrag von Carsten klar gesagt, dass die Leute bis heute sich darüber aufregen, dass wir es „wagten“ Ernst Moritz Arndt öffentlich vorzulesen. Ein Skandal!
Arndt Schriften gehören versteckt, nur der Name – den möchte man doch bitte erhalten…
naja – ich bin gespannt wie es weiter geht! Eins ist nur sicher: Die Debatte _wird_ weiter gehen. Wenn sie sich wohl auch nicht mehr um die „Ablegung“ des Namens drehen wird.
Ja, da zeigt sich leider, dass Oliver Unrecht hat – teilweise zumindest. Man kann eben leider keine Debatte führen, da ein jeder, der es wagt Themen anzurühren, über die ein regionales Schweigegelöbnis verhängt wurde, zum offiziellen Feind der Pommern erklärt wird. Wie peinlich ist es, wenn OZ- Leser (welchen Schulabschluss sie haben bleibt mal dahingestellt) meinen, sich über einen Prof. stellen zu können, nur weil dessen Meinung mal nicht passig ist. Es wird Zeit, dass sich die Greifswalder Bevölkerung und auch die Kommunalpolitik daran gewöhnt, dass es Studierende gibt, die nicht nur herkommen und ihre Ausbildung runterreißen, sondern sich auch trauen, den Mund aufzumachen und ihr Recht auf Mitbestimmung wahrnehmen. Wenn ich die Aussage des Rentners bei der Abstimmung höre, er sei Steuerzahler und könnte dadurch mitbestimmen, wird mir schlecht! Ich zahle auch Steuern, also darf auch ich das Maul aufmachen!
Mir ging es um den Unterschied zwischen der ersten Debatte um Arndt 2001 und der heute. Seitdem hat sich schon einiges getan. Auch wenn manche Menschen sich immer noch wie damals benehmen und jeden der es wagt, Arndt zu hinterfragen, aus der Stadt jagen wollen.
Greifswald gibt sich wirklich alle Mühe weiterhin als reaktionäres und mittelalterliches Provinznest zu gelten. Hier wird noch der Überbringer der schlechten Nachricht gehängt und danach wieder zum Tagesgeschäft übergegangen, als gäbe es keine schlechte Nachricht.
Mittlerweile denke ich, der Name der Uni sollte als Mahnung und Warnung für Fremde bestehen bleiben. Nur müsste dies offensiver kommuniziert werden. Wie wäre es mit:
„Du hast kein Rückgrat und keine Meinung? – Dann komm zum Studium nach Greifswald! – Hier kriegst du nen Stock in Arsch und kannst den ganzen Tag wiederkäuen. –> Greifswald – die Stadt der progressiven Regression“
Unter diesem Gesichtspunkt kann man dann auch froh sein, dass die Geisteswissenschaften hier bald abgeschafft werden, denn für geistigen Fortschritt ist in dieser heimeligen Stadt einfach kein Platz.
So genug rumgeätzt
Trifft es leider auf den Punkt wayne. Das traurige dabei ist, dass mit diesem Verhalten auch allen Menschen ins Geischt geschlagen wird, die hier seit Jahren dafür sorgen, dass sich etwas bewegt (der war auch für Dich, Jockel)
Gestern bin ich am Karl- Marx- Platz vorbeigegangen. Dort liegt noch immer ein riesiger Schutt- Berg. Warum wurde das AJZ gleich nochmal abgerissen. Ahja richtig, für alternative Lebensentwürfe ist in Greifswald kein Platz. Aber auch die Peters und Müllers dieser Stadt sterben mal aus und mit ihnen hoffentlich die DDR- sozialisierte Schweigepflicht, Hörigkeit und der Beißreflex gegen alles, was links von der CDU ist.
@orroz:
mit ddr-sozialisiert meinst du peters, ok. aber mir kommt dann die ddr doch zu schlecht weg, wenn sie immer wieder dafür herhalten muss. schweigepflicht und hörigkeit? da gabs damals auch was anderes.
Natürlich gab es damals auch was anderes, das will ich nicht bestreiten. Auch meine Familie war zu großen Teilen im christlichen Widerstand aktiv, nicht jeder hat brav das Maul gehalten. Es kann aber nicht angehen, dass mehr als 20 Jahre nach der Wende Menschen, die sich als politisch links verorten auf eine Stufe mit Stasi- Bonzen und Todesstreifenarchitekten gestellt werden. Verdammt interessant aber, dass Menschen, die im „antifaschistischen Staat“ aufgewachsen sind so darauf brennen, eine Nazi- Ikone wie Arndt zu verteidigen.
Zur Aufklärung empfehle ich die Ausstellung „Antisemitismus in der DDR“ von der Amadeu Antonio Stiftung. Dort gibt es übrigens nun auch eine Tafel, auf der die Universität Greifswald und ihr zweifelhafter Namenspatron thematisiert wird. Hoffentlich gelingt es in näherer Zukunft nochmal, die Ausstellung hier zu zeigen!
Im Kommentar von Klüter stand zunächst folgender Satz:
„Auch hier brillierten die Protagonisten Arndts
mit Feigheit: Weder die Universität noch die Ernst-Moritz- Arndt-Gesellschaft wagten
es, Arndts Texte ins Internet zu stellen.“
Herr Klüter wusste zu diesem Zeitpunkt, dass seine Aussage falsch ist. Herr Klüter wusste, dass sich sehr viele Arndt Werke im Original über das Internet an der UB Greifswald einsehen lassen.
Dann wurde der Kommentar nachträglich verändert.
…. und im Ton noch wesentlich schärfer.
Aber rechtfertigt das diese Überschrift?
die kritik an der oz-berichterstattung wird imo in dem gtv-beitrag nicht genannt. nicht nur ein minus für den beitrag…eher ein mmmmmmonster kill!