Angriffe auf ausländische Studierende waren doch nicht fremdenfeindlich motiviert

Die Debatte um Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Greifswald, die im vergangenen Jahr durch mehrere Angriffe auf ausländische Studierende und ihre Unterkünfte im Stadtteil Schönwalde II ausgelöst wurde, kann jetzt — nachdem sie nie richtig begonnen hatte — endlich für beendet erklärt werden!

KEIN RASSIMUS. NIRGENDS

Auf Nachfrage der Ostsee-Zeitung teilte die Polizei mit, dass sie und der Staatsschutz mehrere Tatverdächtige ermittelt  hätten, aber keine fremdenfeindlichen Motive für deren Taten nachgewiesen werden konnten. Dabei lag der Verdacht nahe, dass diese Angriffe durchaus fremdenfeindlich motiviert waren. Wie will man es sonst nennen, wenn einem Libanesen erst eine rassistische Beleidigung („Scheiß Ausländer“) und später eine Flasche hinterhergeworfen wird oder wenn jemand an das Fenster einer indonesischen Studierenden klopft, um sie nach dem Öffnen mit Pfefferspray zu attackieren, wie es im März 2012 geschah.

makarenko wohnheim ozWenn Menschen nichtdeutscher Herkunft auf ihren Balkonen zur Zielscheibe von Eierwürfen werden oder ein Fenster des islamischen Kulturzentrums durch fliegende Steine zerstört wird, wenn nachts Personen in das Wohnheim eindringen und dort einen Feuerlöscher entleeren, dann sind das Vorboten, die vom Hass einiger mutmaßlicher Anwohner zeugen.

Wer Schweinefleisch im Briefkasten eines islamischen Kulturzentrums deponiert, ist sicher kein Betrunkener, der sich auf dem Heimweg einer Party eines überflüssigen Koteletts entledigen muss, das sich irgendwie in die Manteltasche geschlichen hat, sondern hat sich vermutlich bereits eingängiger mit der Religion seiner Nachbarn beschäftigt und im Schweinefleisch ein probates Ausdrucksmittel für seine Ablehnung der vermeintlich Fremden gefunden. Dieses mutmaßliche Kalkül ist das, was diese Taten zu rassistisch motivierten Handlungen macht.

(Ausriss: Ostsee-Zeitung, 22.02.13)

IMAGEPFLEGE IN KLEINER RUNDE

Ein Runder Tisch mit Vertretern unterschiedlicher universitärer Institutionen, der Polizei und der betroffenen Studierenden kam mehrmals zu Gesprächen zusammen, um Lösungen für das Problem zu entwickeln. Der anfängliche Ausschluss von Pressevertretern, professionellen Opferberatungsstellen und den Mitgliedern des islamischen Kulturzentrums nährte den Verdacht, dass es den Verantwortlichen vor allem um die Vermeidung eines Image-Schadens geht — angesichts der Bemühungen, Greifswald als weltoffenen und auf Internationalität erpichten Universitätsstandort zu verkaufen, nur zu verständlich.

studienkolleg greifswald

Diese Mission war erfolgreich, denn heute sind die Vorfälle, die sich zwischen März und Juli 2012 ereigneten, fast vergessen. Kurzfristig mussten drei Straßenlaternen repariert werden und der Wachschutz schaut jetzt regelmäßiger vorbei. Mit der Mitteilung der Behörden, dass den Tatverdächtigen keine fremdenfeindliche Motivation nachgewiesen werden konnte, hat man jetzt auch den amtlichen Segen dafür, dass im Grunde schon alles ganz in Ordnung ist, wie es ist.

(Screenshot uni-greifswald.de)

14 Gedanken zu „Angriffe auf ausländische Studierende waren doch nicht fremdenfeindlich motiviert

  1. Was?! Deutsche Scherheitsbehörden sollen rechtsgerichtete Taten nicht erkennen? Ach komm du und deine Verschwörungstheorien. Sicher alles klare Fälle von Ausländerkriminalität.
    Oder vllt war der Staatschutz zu sehr damit beschäftigt sich mit all diesen linksterroristischen Bombenlegern auseinanderzusetzen. Die armen Männer und Frauen dort haben ja damit auch genug zu tun.

  2. Als ehemaliger EMAU Studierender und Bewohner der Makarenkostraße 47b wehre ich mich entschieden dagegen, jemals irgendwelche rechtsradikalen Tendenzen in und um Greifswald bemerkt zu haben. In der nächsten Erstiwoche empfehle ich daher, das meet and greet mit den ausländischen Studierenden im Haus der Burschenschaft Rugia, oder in der Wiecker Datsche von Maik Spiegelmacher abzuhalten. Welcome!

  3. Das ist mal wieder typisch Fleischervorstadtblog! Natürlich waren das alles nur dumme Jungen-Streiche von irgendwelchen Teenies. Wenn du, Jockel, auch nur einmal durch Schönwalde gegangen wärst, würdest du wissen, dass dort nie, wirklich überhaupt nie, ein Nazi anzutreffen ist. Klar, da gibt es natürlich Menschen, die Thor-Steinar-Klamotten tragen, aber die haben die alle von ihrer Oma geschenkt bekommen, die nicht wusste, dass das ne Nazimarke ist. Und die Geschichte mit dem Schweinefleisch: Die Täter wussten gar nicht, dass da ne Moschee drin ist. Achja, dann noch dieser andere merkwürdige Schriftzug an der Kiste, bei dem ein antisemitisches Motiv vermutet wurde: Leute, man kann es ja auch übertreiben! Die kleinen Schönwalde-Kids wussten doch gar nicht, dass der Spruch gegen Juden gerichtet ist! Die Sache mit dem Hausflur: Mensch, im Suff kann da schon mal so ne Dummheit passieren. Woher sollten die Leute denn wissen, dass da Ausländer drin wohnen? Und außerdem: Nur weil dem so ist, heißt das noch lange nicht, dass das Motiv fremdenfeindlich sein muss.

    Aber mal Sarkasmus beiseite:

    WOLLEN DIE UNS VERARSCHEN???

    Das fremdenfeindliche Motiv schlägt einem ja schon entgegen. Und nur weil die Täter möglicherweise nicht zu einer Kameradschaft oder zur NPD gehören, heißt das nicht, dass die Motivation nicht fremdenfeindlich gewesen sein soll.

    Andererseits: Was will man auch anderes in einem Landstrich erwarten, in dem Kommunalvertreter der CDU Kaffeekränzchen mit Vertretern der NPD abhalten…

  4. Die ewige Leier auf dem Fleischervorstadt-Blog: Irgendein Typ erklärt uns aus der warmen Stube verschanzt hinter seinem Computerbildschirm das Böse in der Welt: Nazis, CDU und nochmal die Nazis. Fehlen nur noch Scientology und die Illuminaten. Zwischendurch gibts Hinweise zu Parties für die er selbst leider zu alt ist, zu denen aber jedenfalls keine Nazis und keine dunklen Mächte von der CDU gehen. Und die immergleichen Claqueure posten dann ihre entrüsteten Kommentare drunter. So kann man langsam daran arbeiten, diese Welt zu einem schöneren Platz zu machen.

    1. Erstens verschanzt sich dieser Typ nicht hinter seinem Bildschirm, zweitens ist er glücklicherweise noch nicht für jede Party zu alt, drittens gibt’s hier auch regelmäßig neue Kommentarautoren und viertens kommt demnächst noch was zu Scientology 😉

    2. Auf derartige Missstände unter seinem eigenen Klarnamen im Medium Internet hinzuweisen verlangt eine gehörige Portion Zivilcourage!!! Die Wiederholungsrate hat leider nur begrenzten Einfluss auf die Problemlage, schafft aber definitiv eine Öffentlichkeit im Kreise der politisch und gesellschaftlich Interessierten.

  5. Das Problem in Greifswald ist, dass Nazis, Konservative und Polizei hier arbeitsteilig Hand in Hand gehen: Die einen machen ihre Angriffe und Anschläge, die anderen verharmlosen und bagatellisieren und die dritten schauen weg und nehmen erst gar nicht ernstgemeinte Ermittlungen auf.

    Nicht allein die Faschisten, die hier ihre Homezones reklamieren und markieren, sind das Problem, sondern diejenigen, die die faschistische Bewegung durch Verharmlosen und Tolerieren fördern und bestärken. Die OZ, CDU, FDP und andere Spießbürger pöbeln eben lieber gegen links und gegen antifaschistisches Handeln. – Das hat eine gewisse Tradition. Nicht ohne Grund konnten die Nazis vor 1933 in konservativ-völkisch geprägten Regionen wie Pommern ihre höchsten Wahlergebnisse erzielen. (Und in reinen Uni-Städten mit einer mehrheitlich antisemitisch-deutschnational-völkischen Studierendenschaft erst recht, vgl. Greifswald, Tübingen, Heidelberg, Göttingen, Marburg, …)

    All dies „Engagement“ der CDU beim Vertuschen und Weggucken ist den Faschisten übrigens im Endeffekt relativ wumpe. Es sollte auch der CDU Greifswald die Augen öffnen, dass auf den NSU-Ziellisten neben linken Jugendzentren, Büros der PDL, SPD und der DKP, Moscheen und Synagogen eben auch CDU-Büros und Wohnungen von CDU-Funktionären standen. So u.a. in Göttingen die Wohnungen und Büros von drei CDU-Abgeordneten, die nebenbei bemerkt nicht einmal antifaschistisch in Aktion getreten waren, sondern immer wieder gegen antifaschistisches Auftreten herumgepoltert haben.
    Zitat zweier Göttinger CDU-Politiker im NDR:
    „Eine der Personen auf der Göttinger Liste ist die damalige Landtagsabgeordnete Ilse Hansen (CDU). Sie selbst kann sich nicht erklären, warum ausgerechnet sie darauf auftaucht. Eigenen Angaben zufolge fühlte sich die Politikerin auch nicht bedroht. Ähnlich verhält es sich mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Hartwig Fischer, der ebenfalls auf der Göttinger Liste des Terrortrios auftauchte. Auch er zeigt sich verwundert darüber, dass sein Name auf der Liste stand. Ein Risiko habe er aber zu keiner Zeit gesehen, sagt Fischer im Rückblick. Auch wenn er sich immer gegen Rechtsextremismus engagiert habe, könne er sich eher vorstellen, dass sein Name auf einer Liste von Linksextremen auftauche, so Fischer.“
    http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/harz/nsu209.html

  6. Pingback: AStA Greifswald

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