Vor drei Jahren wurde die Krone der Greifswalder Wallanlagen saniert, jetzt sind die Hänge, Wege und Grünflächen an der Reihe. Doch die am vergangenen Montag begonnene Umgestaltung sorgt für Ärger und hat die ersten Kritiker auf den Plan gerufen — heute findet die erste Demonstration gegen das Vorhaben, die vom Naturschutzbund (NABU) organisiert wird, statt.
Naturschutz versus Denkmalpflege
Die Naturschützer kritisieren die Rodung junger Bäume und die umfangreiche Entnahme von Büschen und Hecken. Sie fordern eine Unterbrechung der Fällungen bis zum 30. September. Der NABU bezieht sich in seiner Argumentation auf das Bundesnaturschutzgesetz, das zwischen März und Oktober ein Fällverbot für Büsche und Hecken regelt, und betont den ökologischen Wert des Bewuchses als Lebensraum für Tiere und als Teil der grünen Lunge in der Stadt.
(Foto: Fleischervorstadt-Blog)
Die Stadtverwaltung plant, die historische Sichtachse wiederherzustellen und den denkmalgeschützten Wall in seiner Struktur als Befestigungsanlage wieder sichtbar zu machen. Hierfür sei es notwendig, Wildwuchs, nicht denkmalgerechte Anpflanzungen sowie kranke Pflanzen zu entfernen. Dazu gehören neben Holunder, Schneebeere und Staudenknöterich auch ein Urweltmammutbaum und ein Japanischer Schnurbaum, die dort fälschlicherweise angepflanzt wurden, obwohl sie nicht Bestandteil des von Julius Münter angelegten dendrologischen Lehrpfads waren.
Insgesamt sollen 51 Bäume Gehölze gefällt werden, 15 davon mit einem Durchmesser von mehr als 30 Zentimetern. Die Rodungen werden jedoch nicht nur denkmalpflegerisch begründet, sondern auch mit dem Argument verteidigt, dass die meisten der betroffenen Bäume die Festigkeit des Hangs gefährden würden oder zu dicht gepflanzt seien und deswegen keine Entwicklungsperspektive hätten. Die Umgestaltung des ersten Wallabschnitts zwischen Fleischerstraße und Mühlentor wird voraussichtlich 595.000 Euro kosten, von denen 424.000 Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung stammen.
Baudezernent Hochheim weist Kritik zurück
Baudezernent Jörg Hochheim (CDU) weist die Kritik des NABU als ungerechtfertigt zurück: „Die Entscheidung, ob und welche Bäume gefällt werden, wurde nicht willkürlich getroffen. Vielmehr geschah dies in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie der unteren Naturschutzbehörde.“ Auch seien einige der Bäume, die in der vergangenen Woche vom NABU als bedroht markiert wurden, überhaupt nicht von den geplanten Fällungen betroffen. Die Entnahme des Bewuchses würde von einem Artenschutzbeauftragten begleitet werden, der in den ausgewählten Bäumen keine besonders geschützten Tierarten gefunden hätte — „lediglich drei Gehölze einer nicht gepflegten Hainbuchenhecke würden derzeit noch überwacht.“
Der NABU fordert, bei der Verwendung von Steuergeldern nicht den Nutzen für Mensch und Natur aus dem Blick zu verlieren — Denkmalpflege sei eine wichtige öffentliche Aufgabe, deren Mittel aus Sicht der Naturschützer aber besser in den Erhalt von Baudenkmälern investiert würden. Er schlägt vor, im Zuge der Wegsicherung bruchgefährdete alte Bäume nicht zu fällen, sondern sie stattdessen zu beschneiden und auszuästen. Hecken und jüngere Bäume sollen erhalten und der Wallgraben natürlicher gestaltet werden. Auch die Grünen fordern einen Baustopp, da sich ihrem Empfinden nach viele Greifswalder nicht ausreichend informiert fühlen würden: „Wir erhalten Anrufe entsetzter BürgerInnen, die den Umfang der Fällmaßnahmen nicht verstehen können.“ Sie regen an, dass die Stadtverwaltung eine öffentliche Vorortbegehung anbieten könnte.
Die Demonstration des NABU beginnt um 17 Uhr an der Mensa.
- Baubeginn für Umgestaltung der Wallanlagen – Stadt weist NABU-Kritik an geplanten Baumfällungen zurück (PM Stadtverwaltung, 09.08.2013)
- GRÜNE fordern bessere Bürgerinformation für Maßnahmen am Wall (Grüne Vorpommern, 14.08.2013)
- Petition PFLEGEN STATT RODEN – Stoppt die Baumfällungen am Greifswalder Stadtwall (openpetition, 19.08.2013)
- Ausführungsplan Vegetationsarbeiten (pdf, 1,44 MB)
Fakten: 21.08. | 17 Uhr | Mensa
Ein Gedanke zu „Wallsanierung weckt Unmut — Naturschützer wollen gegen Baumfällungen demonstrieren“