Am Montag endete der vierte Verhandlungstag im Prozess um den Angriff auf ein Wohnhaus in der Grimmer Straße mit einem vergleichsweise milden Urteil: Wegen Sachbeschädigung und versuchter Nötigung wurde Daniel Ohm (NPD), der seine Partei zuletzt in der Stadtvertretung von Usedom vertrat, zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt.
Der NPD-Politiker soll gemeinsam mit 15–20 teilweise vermummten und mit Schlagstöcken bewaffneten Personen in der Nacht vom 14. zum 15. August 2013 ein Wohnhaus in der Grimmer Straße angegriffen und die Bewohnerinnen bedroht haben. Zwar konnte die ursprüngliche Anklage wegen schweren Landfriedensbruchs nicht aufrecht erhalten werden, da im Prozess nicht zweifelsfrei bestätigt werden konnte, dass die für die Erfüllung dieses Straftatbestandes erforderliche Anzahl von mindestens 15 Tätern gegeben war.Das Gericht sah es aber als erwiesen an, dass Daniel Ohm für die Zerstörung einer Scheibe des Hauses verantwortlich ist und dass er die Bewohner zum Herauskommen aufforderte („Kommt raus!“). Das vergleichsweise milde Urteil — eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 30 Euro — begründete das Gericht damit, dass der 30-jährige Neonazi bislang nicht vorbestraft ist.
Daniel Ohm war der einzige Angeklagte in diesem Prozess. Das ist erstaunlich angesichts der Tatsache, dass die Neonazis, die sich nach dem Angriff auf das Wohnhaus in drei Kleintransportern entfernt hatten, später im Zuge einer weiträumigen Polizeifahndung angehalten und kontrolliert wurden. Unter den Insassen dieser Fahrzeuge befanden sich neben Daniel Ohm drei weitere Politiker der NPD: Tino Müller (stellvertretender Vorsitzender der NPD-Landtagsfraktion), dessen Bruder Marko (NPD-Landesvorstand) sowie Norman Runge (Mitglied des Kreistags des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte). Die Staatsanwaltschaft Stralsund hatte zwar gegen die vier Neonazis wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt und dafür sogar die Immunität Tino Müllers aufgehoben, doch endeten die Ermittlungen gegen das Landtagsmitglied ergebnislos. Als einziger Angreifer aus der Gruppe sei Daniel Ohm — der bereits am 12. Juni vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen des Angriffs auf einen Journalisten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt wurde — zweifelsfrei identifiziert worden. Gegen beide Urteile kann noch Berufung eingelegt werden.
Bei den angegriffenen Hausbewohnern sollen sowohl das Urteil als auch der Prozess einen „faden Beigeschmack“ hinterlassen haben. Kritik gibt es auch von der Piratenpartei, die in einer Pressemitteilung das Arbeitsergebnis von Polizei und Staatsanwaltschaft als „höchst peinlich“ bewertete: „Dass es nicht gelingt, einen so offensichtlichen Fall besser aufzuklären, ist erschreckend. Es erweckt kein Vertrauen in die Arbeit der Ermittlungsbehörden und schreckt zukünftige Täter auch nicht ab.“
- NPD-Politiker wegen versuchter Nötigung verurteilt (Lobbi, 01.07.2014)
- Nazi-Überfall in Grimmer Straße: Peinliche Ermittlungsergebnisse (Piratenpartei VG, 01.07.2014)
- NPD-Kommunalpolitiker Daniel Ohm nach Überfall auf Greifswalder Wohnhaus vor Gericht (Fleischervorstadt-Blog, 12.05.2014)
(Foto: daburna)