Boxen und Ringen ist Bürgerengagement

Seit einigen Jahren ist es in Greifswald leider üblich geworden, dem bedeutungsschwangeren 1.Mai eine entpolitisierte Zone entgegenzusetzen.

 Zugegeben, die gewerkschaftlichen Veranstaltungen am Tag der Arbeit sind in der Regel nicht gerade funky, aber durch die Automeile am Helmshäger Berg wird das Heer der Arbeiter (die OZ schrieb von mehreren Tausend) mit billiger Unterhaltung von den normativen Wurzeln dieses Datums weggeführt und stattdessen mit schlechter Musik und verbranntem Fleisch geblendet. Volksmusik statt Arbeitskampf!

Beim Stichwort Kampf muss ich unweigerlich an die jüngste Pressemitteilung der lokalen CDU denken, die in freudiger Erwartung informierte, „auf dem Greifswalder Automeilenfest am 1. Mai in der Zeit von 11 Uhr bis ca. 15 Uhr Grillschwein vom Spieß verkaufen“ zu wollen.

„Mit den Einnahmen aus dem Verkauf des Grillschweins möchte die CDU wie schon in den vergangenen Jahren das Bürgerengagement in Greifswald unterstützen. So geht der gesamte Erlös in diesem Jahr zu gleichen Teilen an die Ringer und an den Boxverein in der Universitäts- und Hansestadt.“

Boxen und Ringen sind also -den Vorstellungen unserer kommunalpolitischen Strippenzieher nach-  bürgerliches Engagement. Ich möchte auf gar keinen Fall diese Sportarten in Abrede stellen, aber hätte man nicht einen bürgerengagierteren Zweck finden können?

Wie wunderbar, dass ich manche Skurrilität verwahrt habe und sie an dieser Stelle noch nachreichen darf. Es handelt sich hierbei um einen Artikel über den letzten Präventionstag. Ich werde nicht müde, mich negativ über dieses Spektakel zu äußern. Beim damaligen Lesen des Artikels fiel mir sofort die unpassende Kombination aus Bild und Überschrift auf. Irgendwie muss ich jetzt wieder daran denken, wo doch die CDU am 1.Mai einen Schweine-Benefiz für die Faustsportler macht.

Für weitere Überlegungen zum kulturellen Niveau der von den Stadtwerken Greifswald geförderten Veranstaltung am Helmshäger Berg (die damit alle Schwimmerinnen und Stromnutzer auf Mikroebene mittragen) möchte ich die Rezeption des folgenden Videos nahelegen. Aber vorsicht, nicht nur die Bilddrehung bereitet Schmerzen.

(Bilder: CDU Greifswald und OZ)

Heute bei SpOn ganz vorne dabei: Adam & Schelsky

Die CDU-Spendenaffäre, die Verwicklungen zwischen der arbeitgeberfreundlichen Gewerkschaft AUB, Wilhelm Schelsky und dem lokalen Bundestagsabgeordneten Ulrich Adam, all das muss nicht noch einmal wiederholt werden.

Wer nicht bescheid weiß, kann sich hier in Kürze informieren. Neue Informationen finden sich allerdings heute auf Spiegel Online. Demnach erhöhte sich die Summe der Zuwendungen abermals, die Adam von Schelsky erhielt. Mittlerweile gehen die zuständigen Ermittlungsbehörden von 200.840,58€ aus.

Adam wollte zu den Vorwürfen „mit Rücksicht auf das laufende Verfahren keine öffentliche Stellungnahme abgeben“. Für die Ermittler aber scheint der Fall klar: „Die konspirative Vorgehensweise aller Beteiligten“ zeige „deutlich das vorsätzliche Handeln der Beschuldigten und ihr Wissen um die Unrechtmäßigkeit ihres Tuns“.

Schwarze Kinderstreiche

CDU-Spendenaffären sind für sich genommen nicht überraschend. Wer dann und wann die Medien verfolgt, bekommt den Eindruck, dass finanzielle Zuwendungen und Steuerhinterziehung zu gängigen Methoden politischer Arbeit gehören. Ebenso wenig überraschte die Nachricht, dass auch die lokale CDU vom Einsatz solcher Methoden profitierte.

Da investierte ein Konzern horrende Summen, Millionenbeträge, in den Aufbau einer arbeitgeberfreundllicheren Betriebsräte-Organisation (soll kürzlich auch 350.000€ von ALDI empfangen haben), die mit der IG Metall konkurrieren soll.Wilhelm Schelsky wurden einst diese Gelder überlassen.

ULRICH ADAM UND ARTHUR KÖNIG WURDEN BEGÜNSTIGT

Der Netzwerker sitzt seit Februar 2007 in Untersuchungshaft. Schelsky soll das Geld großzügig zur Vertiefung persönlicher Netzwerke gebraucht haben. Ulrich Adam (CDU), Mitglied des Bundestages (es sitzen dort nur vier Vertreter unseres Bundeslandes von der CDU) wird vorgeworfen, einen Teil dieses Geldes am Fiskus vorbei angenommen zu haben, um dadurch fällige Schenkungssteuern zu sparen.

Gestern erschien ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung, aus dem hervorgeht, dass Adam zwar mittlerweile angenommene Spenden einräumte, er allerdings die fragliche Summe sehr stark nach unten korrigierte, den Betrag halbierte. Zudem ist herausgekommen, dass auch der Wahlkampf des Greifswalder Oberbürgermeisters Arthur König (CDU) direkt von Schelsky mitfinanziert wurde.

VIDEOÜBERWACHER UND GRAFFITIJÄGER

Das alles finde ich persönlich gar nicht so spektakulär, die Geschehnisse bestätigen meinen Eindruck von Berufspolitik. Verwerflich finde ich allein, dass die Herren Videoüberwacher und Graffitijäger ihrerseits in Unternehmungen verwickelt sind, die eines weit größeren Maßes krimineller Energie bedürfen, als es bei nächtlichem Vandalismus der Fall ist.

Moralische Doppelbödigkeit nennt man sowas gemeinhin. Sie nährt erstens die Politikverdrossenheit und führt zweitens dazu, dass im öffentlichen Bewusstsein die sich zum Volkssport mausernde fiskalische Kriminalität verharmlost wird.

In einer Erklärung der CDU-Fraktion zum Thema Vandalismusbekämpfung heißt es:

Das sind keine Kinderstreiche mehr … Vandalismus und Sachbeschädigung sind Straftaten. Um diesen beizukommen, sollte der Einsatz von Videoüberwachung an schlecht einzusehenden Plätzen, insbesondere in den Abendstunden, geprüft werden. Die Kameras haben eine präventive Wirkung und können bei Straftaten, wie im jetzigen Fall an der Fischerschule, zur Aufklärung beitragen.

DIE OSTSEE ZEITUNG SCHWEIGT

Vielleicht sollten die Kameras an anderen Plätzen stehen, wo ebenfalls keine Kinderstreiche ausgeheckt werden?

Delikat an der Affäre ist darüber hinaus, dass sich die Lokalredaktion der Ostsee Zeitung zum Thema ausschweigt. War die Berichterstattung im April schon sehr defensiv, vorsichtig, subjektiv und unmotiviert, erscheint auch heute keine Meldung dieser Nachricht im Lokalteil. Man braucht kein Lokalverschwörungstheoretiker zu sein, um sich die Beziehungen des hiesigen CDU-Kommandos, einflußreicher Wirtschafter und der Lokalchefredaktion als funktionierendes Netzwerk vorzustellen.

Die OZ hat sich durch ihre einseitige Berichterstattung und ihren agressiven Ton bezüglich der Klage gegen das Prozedere des WVG-Anteilverkaufs erst jüngst von ihrer gewohnten Seite gezeigt, wie der webmoritz ausführlich dokumentierte und kommentierte. Allein im überregionalen Teil der Zeitung findet sich auf der Titelseite ein Artikel und ein Kommentar.

Üblicherweise würde die Lokalredaktion einer Nachricht dieses Wertes zusätzlich Raum und Wort im Lokalteil einräumen; stattdessen gibt es dort einen Artikel über zwei betrunkene Radfahrer Pedalritter und einen Autospiegelzerstörer zu bewundern. Bravo!