Auf der Jagd nach roten Helfern *update*

Es ist beängstigend, was für eine Treibjagd auf die Ortsgruppe der Roten Hilfe unternommen wird. Nach einer Vortragsveranstaltung im Klex wurden die dortigen Vermieter unter Druck gesetzt, einerseits nicht mehr an die Rote Hilfe zu vermieten und darüber hinaus die Postadresse aufzulösen. Die Ostsee Zeitung zeigte sich einmal mehr als willfährige Erfüllungsgehilfin. Nach der jüngsten Rote-Hilfe-Vortragsveranstaltung im IKUWO scheint das alternative Kulturzentrum vergleichbaren Kräften ausgesetzt.

Die Ostsee Zeitung ist engagiert dabei und erklärt der unwissenden Leserin, dass die Rote Hilfe „einige Seiten im Verfassungsschutzbericht 2007“ fülle. Mich überrascht tatsächlich die Energie, die WVG und OZ in den Feldzug gegen die Ortsgruppe stecken. Da die WVG bisher kaum als originär politisch in Aktion getreten ist und die OZ in der Regel ohnehin kaum Ahnung von der Materie hat („Antifa könnte ein Mädchenname sein“), muss man vermuten, dass der Auslöser eine Etage höher sitzt.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Und obwohl ich persönlich die Rote Hilfe nicht gerade sexy finde, wird sie doch kraft dieser Jagd interessant wie schützenswert.

Inzwischen ist seitens des IKUWOs eine Richtigstellung an die Ostsee Zeitung gegangen, wir werden sehen, ob sie gedruckt wird, in der Vergangenheit ließ das Lokalblatt (nicht nur) in dieser Beziehung häufig zu wünschen übrig:

„Wir bestehen auf restlose Klärung dieser Falschmeldung. Im Artikel werden wir als „illegal handelnder Verein“ bezeichnet. Dies ist eine Unterstellung und autorenlose Behauptung. Es bedarf für dieses Mal keiner besonderen Inanspruchnahme eines Rechtsbeistandes. Wir vertrauen darauf, dass sich alle Missverständnisse durch zukünftige Gespräche ausräumen lassen.

Die im gestrigen Artikel „Rote Hilfe muss IKuWo verlassen“ gemachten Angaben sind falsch. Jan Holten, Sprecher des Internationalen Kultur- und Wohnprojektes e.V., betont, dass nie ein illegaler Mietvertrag mit der „Roten Hilfe“ existierte. Das IKuWo ist vielseitiger Veranstaltungsort und wird von über 20 Gruppen und Vereinen der Stadt regelmäßig genutzt. „Das bedeutet nicht, dass nicht genehmigte Mietverträge geschlossen werden“, so Holten. Der Verein selbst erfuhr erst vor Tagen per Brief davon, dass die WVG als Verwalter von solch einem Mietverhältnis ausgeht. Das IKuWo ist seit acht Jahren anerkanntes Begegnungszentrum in der Fleischervorstadt. Bezüglich der Raumnutzung existiert eine Vereinbarung als Grundlage für einen Mietvertrages, welcher erst im Mai 2008 erneuert wurde. Die Vereinsmitglieder erwarten nun Aufklärung über dieses Missverständnis durch den Verwalter.“

Im Gespräch mit Monotekktoni

Am 30.10. spielte die Berliner Elektro-Noise-Künstlerin Tonia Reeh alias Monotekktoni im IKuWo. Sie wußte mit einem krachig-energetischen Konzert zu überzeugen. Besonders eindrucksvoll war die Tatsache, dass sie ohne Laptop auskam und die vielschichtigen Klangwände analog aus ihren alten Effektgeräten und Synthesizern zauberte. Dirk von Lowtzow hatte unrecht: Digital ist eben doch nicht besser!

Vor dem Auftritt der „scheppernden Rockband ohne Gitarre“ ergab sich die Gelegenheit zu einem interessanten Gespräch über Ladyfeste, die Rolle von Frauen in der Popkultur, Gentrifizierung und prekäre Lebensentwürfe. „Im Gespräch mit Monotekktoni“ weiterlesen

Veranstaltungshinweis: Monotekktoni

Heute ab 21:00 Uhr wird Monotekktoni das IKUWO beglücken. Mitunter erinnert sich die eine oder andere noch an die Berliner Noiseformation „Das zuckende Vakuum“. Das war die Wirkungsstätte Tonia Rehs, bevor sie zu Monotekktoni wurde.

Vor etwa fünf Wochen erschien das mittlerweile vierte Album ihrer Eine-Frau-Elektronik-Armee – der scheppernden Rockband ohne Gitarre, wie sie sich selbst beschreibt. Sie ist die Verkörperung eines popkulturellen hauptstädtlichen Sektors, irgendwo zwischen Prekariat, Gentrifizierung und Ladyfest.

Für Different steps to stumble bediente sich die Berliner Künstlerin -die sich im Umfeld von Sinnbus, Barbara Morgenstern und Mode Selektor bewegt- ein weiteres Mal ihrer klobigen, alten Synthesizer, um sich im Sog lärmiger Beats und krachender Ton-Labyrinthe emporzuschwingen. Und das ist ein Spiel mit und zwischen Gegensätzen. Hier Elektro-Noise und Radau, dahinter beinahe empfindsame Harmoniebewegungen. Dort das Versinken in Minimal-Geflechten oder die komplette Improvisation ganzer Passagen. So entsteht eine für Electronica außergewöhnliche Vielfalt, die nicht nur tanzgewaltig daherkommt, sondern außerdem mit psycho-ironisch-politischen Texten vernetzt ist.

Im folgenden Interview erzählt sie von ihren eigenen Erfahrungen mit Verdrängungsprozessen als Folge von Veränderungen auf dem Immobilienmarkt.

Schluss mit der Elektro(a)marschmusik! Über dem Geschehen thront dabei hypnotisch ihre Stimme und erinnert ein wenig an PJ Harvey. Neben der britischen Sängerin gibt Monotekktoni als Quellen der Inspiration Björk, Stravinsky, T.Raumschmiere, Sonic Youth und Grossstadtlärm zu Protokoll. Das Video von Dynamite könnte Ackermann in Wallung bringen.

Man darf auf ihr Konzert gespannt sein, nicht zuletzt aufgrund der grotesken Verkleidungen, in denen sie üblicherweise die Bühnen betritt. Nach dem Konzert werden zwei Djanes des Knäcke Kollektiefs für ungehemmtes, exaltiertes Aftershow-Vergnügen sorgen.

Veranstaltungshinweis: Mintzkov (BE)

Morgen Abend bekommt Greifswald hohen Besuch aus Belgien: Mintzkov rollen an und werden ab 21:00 Uhr im IKUWO spielen. Früher hieß das Quintett Mintzkov Luna und machte mit dem Album „M For Means And L For Love“ auf sich aufmerksam.

Nun heißen sie Mintzkov und das zweite Album heißt 360°. Der Kreis schließt sich sozusagen und das großartige Album rückt die Band in die Nähe anderer belgischer Klangkünstler wie dEUS oder Ghinzu. In diesem Sinn sind sie Paradeabsolventen der belgischen Schule und überzeugen mit einem eigenständigen Sound, der von der ersten Minute an gefangen nimmt, verweben zwingende Rhythmen und melancholische Melodien mit gekonnt stoischen Gitarren, verstehen es, Rockmusik geradeaus zu spielen und gleichzeitig um die Ecke zu denken.

Nach dem Konzert werden die beiden Djanes Fanfare & D.Jane für Furore sorgen und Indie im Kollektief servieren. Hier ist noch ein witziges Video von Mintzkovs „Ruby Red“, in dem mit munter mit Geschlechterrollen kokettiert wird.

Veranstaltungshinweis: Kiezfest

Morgen findet im IKuWo ein Stadtteilfest statt. Ab 14:00 Uhr sind die Pforten geöffnet und es wird ein familienkomaptibles Programm geboten: Trödelmarkt, Infothek, Gaukler, Künstler, Feuershow, die Ausstellung „Kiez mal anders“ und für die Kinderhände Töpferscheibe, Holztischlerei, Kunstwerkstätten. „Veranstaltungshinweis: Kiezfest“ weiterlesen

Der neue Vorbote ist da!

Seit einigen Tagen liegt die neue Ausgabe des Vorbotens vor, der in 2500er Auflage in Greifswald erscheint. Diese ganz hervorragende Stadt(teil)zeitung entsteht mit der Unterstützung des Quartiersbüros Fleischervorstadt und des IKUWOs.

Die nunmehr zehnte Ausgabe beschäftigt sich ausführlich mit der StraZe, dem Thema (Sub)Kultur und Arbeitsraum.

Anbei eine Leseprobe des ersten Artikels:

„Die Häuser denen, die sie brauchen“, die Parole der HausbesetzerInnenbewegung der 80er Jahre. In großen Buchstaben an das Haus gesprüht ist sie für jeden sichtbar, der Greifswald über die Stralsunder Straße verlässt. Wer braucht dieses Haus? Die Frage stellt sich beim Anblick des leer stehenden Hauses in der Stralsunder Str. 10/11.Die Fenster sind kaputt, die Ziegel fallen vom Dach, der Schornstein ist schief seit dem letzten großen Sturm. Die besprühte Fassade bröckelt und erzählt Geschichte. Um genau zu sein: Greifswalder Geschichte seit 1846.

Im Januar 2008 wird das Haus an einen viel versprechenden Investor verkauft. Die Stadt atmet auf. Alles sieht so aus, als hätte Greifswald bald einen „Schandfleck“ weniger. Ende Mai verkündet die Ostseezeitung die Nachricht, dass das Haus abgerissen werden soll. Zu alt, zu schlechter Zustand, eine Sanierung wäre unbezahlbar. Denkmalschutz? Ja, aber. Die Wirtschaftlichkeit ist nicht unwesentlich. Manchmal kann man ein altes Haus einfach nicht mehr retten. Eine Sanierung würde sich nicht rentieren.

Brauchen wir dieses Haus? Keine Ahnung. Wollen wir dieses Haus? Vielleicht. Soll dieses Haus erhalten bleiben? Ja. Ja. Ja.“