Wahlen sind ein Phänomen, das gerne in Abbildungen erzählt wird, nicht zuletzt deswegen, weil es wie kaum ein anderes nach Visualisierung schreit. Diesen Ruf hat der Greifswalder Politikwissenschaftler Robert Gabel nicht überhört und nach der Oberbürgermeisterwahl ein halbes Dutzend Karten angefertigt. Darin werden die jeweilgen Ergebnisse der Kandidaten und die Wahlbeteiligung in den einzelnen Wahlbezirken dargestellt.
Wo leben die Nichtwähler? Wo hat Björn Wieland das stärkste Ergebnis eingefahren? In welchen Wahlbezirken muss Jörg Hochheim besonders auf der Hut sein, wenn er aus der Stichwahl gegen Stefan Fassbinder als Sieger hervorgehen will? Und was hat sich am Stimmungsbild gegenüber der OB-Wahl 2001 verändert, als sich der nun scheidende Oberbürgermeister Arthur König erst in der Stichwahl gegen den damaligen Landtagspräsidenten Hinrich Kuessner (SPD) durchsetzen konnte? „Die Greifswalder Oberbürgermeisterwahl in Karten“ weiterlesen →
Das vorläufige Wahlergebnis der Greifswalder Oberbürgermeisterwahlen steht fest: Keiner der drei Kandidaten konnte im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen — in zwei Wochen kommt es deswegen zur Stichwahl zwischen Jörg Hochheim (CDU) und Stefan Fassbinder (Grüne).
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Kandidat Björn Wieland (Die PARTEI) im Gespräch über Satire als Politikstil, bezahlte Facebook-Posts, den Kleinkrieg mit Anklam, seine Liebe zum Tierpark und das Greifswalder Grill-Monopol.
Wahlkampf: „Überall Sturm klingeln und die Werbetrommel für mich rühren, das ist nicht so meins“
FVB: Herr Wieland, wie haben Sie den Wahlkampf bislang erlebt? Sind sie auch schon ermüdet oder geht es bei Ihnen jetzt erst richtig los?
BW: Man kann auf jeden Fall auf dem letzten Meter jetzt noch ein bisschen Gas geben, vielleicht sogar noch am Sonntag. Ansonsten ist es schon ganz schön anstrengend. Es ist schön, dass die Leute sich so für die Podiumsdiskussionen interessieren und man miteinander in die Diskussion kommt, aber weil immer wieder die gleichen Fragen kommen – zum Beispiel zum Theater –, sagt man oft das Gleiche. Die Leute aber wollen das wissen und das ist dann ja auch völlig verständlich.
(Björn Wieland im Wahlkampf, 2015)
Trotzdem: Es geht noch was! Ich habe mich auch nicht völlig totgemacht und jeden Tag irgendwo geklingelt, wie zum Beispiel Herr Fassbinder. Wenn ich auf dessen Seite schaue, steht da jeden Tag, was er sich gerade angeguckt hat. Ich quatsche nicht jeden an, ob ich mir die Universitätsmedizin, diesen oder jenen Verein ansehen kann. Wenn mich einer fragt, ob ich das machen möchte, dann bin ich gern dabei und habe nie nein gesagt, wenn ich irgendwo eingeladen wurde. Aber überall Sturm klingeln und für mich die Werbetrommel rühren, das ist nicht so meins.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Kandidaten haben Sie Herrn Zuckerberg kein Geld überwiesen und darauf verzichtet, die Reichweite ihrer Facebook-Beiträge gegen Bezahlung zu erhöhen. Heute haben Sie dort gut 25% mehr Fans als Ihre Gegner, und das alles ohne Katzenbilder. Kann man sich echte Sympathisanten am Ende doch nicht kaufen?
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Im Interview sprach Stefan Fassbinder (Grüne), dessen Kandidatur von SPD, Linke und Piratenpartei unterstützt wird, unter anderem über über seine Visionen für Greifswald, sanfte Mobilität, die Mietpreisbremse und die schwere Last des Technischen Rathauses.
Wahlkampf: „Ich versuche nicht, witziger zu sein als Herr Wieland“
FVB: Herr Fassbinder, muss man sich für eine Homestory mit der Ostsee-Zeitung sehr stark verbiegen oder gewöhnt man sich im Laufe eines Wahlkampfes daran und gehört das irgendwann genauso dazu wie Aktionen am Frauentag oder gemeinsame Podiumsdiskussionen mit dem Kandidaten einer Satirepartei?
SF: Also verbiegen muss man sich für eine Homestory der Ostsee-Zeitung nicht, das gehört wahrscheinlich dazu. Ich glaube, viele Wählerinnen wollen nicht nur das Programm — das für mich natürlich im Vordergrund steht — kennenlernen, sondern auch den Menschen dahinter, und natürlich gehören da einige private Sachen dazu. Für mich ist es aber wichtig, dass die Programmpunkte, dass die Art, wie man Politik machen will, im Vordergrund stehen — und ich denke, dass tun sie auch; man sieht das zum Beispiel daran, dass die Podiumsdiskussionen sehr gut besucht sind — das ist für mich das Entscheidende.
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Grund genug für ein persönliches Gespräch mit Kandidat Jörg Hochheim (CDU) über seine Visionen für die Hansestadt, über Apps im Amt, das Technische Rathaus, den Umgang mit Flüchtlingen und schließlich über die sogenannte Mietpreisbremse.
FVB: Herr Hochheim, was ist anstrengender: die dritte Podiumsdiskussion gemeinsam mit Björn Wieland innerhalb einer Woche zu überstehen oder eine Homestory mit der Ostsee-Zeitung zu machen?
JH: Ich bin mir ziemlich sicher, dass Björn Wieland nicht ernsthaft glaubt, OB dieser Stadt werden zu können, aber wenn man das vorausschickt, dann hat mir das, was er im Wahlkampf gemacht hat, sehr gut gefallen. Die Homestory der OZ — also wenn man gefragt wird, wie man sein Leben bislang geführt hat — fand ich jetzt nicht so anstrengend.
(Jörg Hochheim im Interview, 2015)
Wer profitiert stärker von der Kandidatur Björn Wielands, Stefan Fassbinder oder Jörg Hochheim?
Am 26. April wird in Greifswald ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Schon seit Wochen laufen sich die drei Kandidaten Stefan Fassbinder (Grüne), Jörg Hochheim (CDU) und Björn Wieland (Die Partei) für diese Wahl warm und je dichter das Votum rückt, desto emsiger und präsenter werden sie.
Mittlerweile glotzen die drei Bewerber allerorten von den Laternenpfählen und selbst auf den großen Online-Plattformen des Bewegtbilds wird man an die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl erinnert, zumindest dann, wenn man die Wahlwerbespots von Stefan Fassbinder und Jörg Hochheim anklickt, in denen die beiden Kandidaten über sich und ihre zu verwirklichenden Ziele als Oberbürgermeister sprechen. Beide Filme wurden von Greifswald TV produziert und auf angenehme Weise aus dem gleichen Guss gefertigt, so dass sich niemand auf gegensätzliche Ästhetiken einstellen muss, sondern die Grenzen zwischen beiden Kandidaten auf vielsagende Art verschwimmen, oder doch nicht?
(Foto: Björn Wieland via Facebook)
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